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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
Vermuthen gerathen könne. Aber lasset uns wieder
auf unser voriges kommen.

Dafern sie nun gewiß sind/ daß der Krancke nicht
mit Gifft hingerichtet/ fragen sie weiter/ ob dessen Frau/
Kinder/ nächste Anverwandten/ oder auch seine Scla-
ven welche die Aufsicht über ihn gehabt/ treulich genug
gedienet/ und in seinen Nahmen reichlich genung ge-
opffert/ und wenn auch dieses nicht zureichend ist die
rechte Ursach des Todes zu entdecken/ fangen sie von
neuem an ihre Ceremonien/ als die rechte/ und in sol-
chen Fällen einige Zuflucht/ zu begehen.

Und fraget der Geistliche nicht nur den Abgeleibten
warum er gestorben sey/ sondern auch den Götzen/ da
es denn niemahls an Antwort fehlet. Fragt ihr aber
wie solches zugehe/ und wer denn antwortet? so zweiffle
ich nicht/ es würde Simon Uries, welcher den Teuffel
überall mit gewissen Menschen grosse Freundschafft
zu führen abgemahlet/ ohne Bedencken sagen oder gar
beeydigen/ daß auch hie der Teuffel unter eines Götzen
Gestalt antworte; inzwischen aber bitte ich/ überleget
meine Meynung und hierüber erfolgende Antwort; daß
weder Teuffel/ weder Götze/ noch der Todte einige
Schuld daran haben/ sondern weil sie alle drey gleich
stumm sind/ mithin auch keine Antwort geben können/
ists niemand anders als der lumpen Geistliche welcher
antwortet/ und nach vollbrachten Ceremonien die ein-
fältigen Anverwandten beredet/ es hätte der Götze und
der Todte auf solche Art sich verlauten lassen/ so wie er
meynet seinem Vortheil dienlichst und der Wahrheit
am ähnlichsten zu seyn; daß demnach diese guten Leute
alles vor gewiß und ohnfehlbahr nicht anders als ein

Evan-

des Landes Gvinea.
Vermuthen gerathen koͤnne. Aber laſſet uns wieder
auf unſer voriges kommen.

Dafern ſie nun gewiß ſind/ daß der Krancke nicht
mit Gifft hingerichtet/ fragen ſie weiter/ ob deſſen Frau/
Kinder/ naͤchſte Anverwandten/ oder auch ſeine Scla-
ven welche die Aufſicht uͤber ihn gehabt/ treulich genug
gedienet/ und in ſeinen Nahmen reichlich genung ge-
opffert/ und wenn auch dieſes nicht zureichend iſt die
rechte Urſach des Todes zu entdecken/ fangen ſie von
neuem an ihre Ceremonien/ als die rechte/ und in ſol-
chen Faͤllen einige Zuflucht/ zu begehen.

Und fraget der Geiſtliche nicht nur den Abgeleibten
warum er geſtorben ſey/ ſondern auch den Goͤtzen/ da
es denn niemahls an Antwort fehlet. Fragt ihr aber
wie ſolches zugehe/ und wer denn antwortet? ſo zweiffle
ich nicht/ es wuͤrde Simon Uries, welcher den Teuffel
uͤberall mit gewiſſen Menſchen groſſe Freundſchafft
zu fuͤhren abgemahlet/ ohne Bedencken ſagen oder gar
beeydigen/ daß auch hie der Teuffel unter eines Goͤtzen
Geſtalt antworte; inzwiſchen aber bitte ich/ uͤberleget
meine Meynung und hieruͤber erfolgende Antwort; daß
weder Teuffel/ weder Goͤtze/ noch der Todte einige
Schuld daran haben/ ſondern weil ſie alle drey gleich
ſtumm ſind/ mithin auch keine Antwort geben koͤnnen/
iſts niemand anders als der lumpen Geiſtliche welcher
antwortet/ und nach vollbrachten Ceremonien die ein-
faͤltigen Anverwandten beredet/ es haͤtte der Goͤtze und
der Todte auf ſolche Art ſich verlauten laſſen/ ſo wie er
meynet ſeinem Vortheil dienlichſt und der Wahrheit
am aͤhnlichſten zu ſeyn; daß demnach dieſe guten Leute
alles vor gewiß und ohnfehlbahr nicht anders als ein

Evan-
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[267/0311] des Landes Gvinea. Vermuthen gerathen koͤnne. Aber laſſet uns wieder auf unſer voriges kommen. Dafern ſie nun gewiß ſind/ daß der Krancke nicht mit Gifft hingerichtet/ fragen ſie weiter/ ob deſſen Frau/ Kinder/ naͤchſte Anverwandten/ oder auch ſeine Scla- ven welche die Aufſicht uͤber ihn gehabt/ treulich genug gedienet/ und in ſeinen Nahmen reichlich genung ge- opffert/ und wenn auch dieſes nicht zureichend iſt die rechte Urſach des Todes zu entdecken/ fangen ſie von neuem an ihre Ceremonien/ als die rechte/ und in ſol- chen Faͤllen einige Zuflucht/ zu begehen. Und fraget der Geiſtliche nicht nur den Abgeleibten warum er geſtorben ſey/ ſondern auch den Goͤtzen/ da es denn niemahls an Antwort fehlet. Fragt ihr aber wie ſolches zugehe/ und wer denn antwortet? ſo zweiffle ich nicht/ es wuͤrde Simon Uries, welcher den Teuffel uͤberall mit gewiſſen Menſchen groſſe Freundſchafft zu fuͤhren abgemahlet/ ohne Bedencken ſagen oder gar beeydigen/ daß auch hie der Teuffel unter eines Goͤtzen Geſtalt antworte; inzwiſchen aber bitte ich/ uͤberleget meine Meynung und hieruͤber erfolgende Antwort; daß weder Teuffel/ weder Goͤtze/ noch der Todte einige Schuld daran haben/ ſondern weil ſie alle drey gleich ſtumm ſind/ mithin auch keine Antwort geben koͤnnen/ iſts niemand anders als der lumpen Geiſtliche welcher antwortet/ und nach vollbrachten Ceremonien die ein- faͤltigen Anverwandten beredet/ es haͤtte der Goͤtze und der Todte auf ſolche Art ſich verlauten laſſen/ ſo wie er meynet ſeinem Vortheil dienlichſt und der Wahrheit am aͤhnlichſten zu ſeyn; daß demnach dieſe guten Leute alles vor gewiß und ohnfehlbahr nicht anders als ein Evan-

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/311>, abgerufen am 24.11.2024.