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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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Beschreibung
ten/ imgleichen vom Korn und andern Land-Früchten
handeln soll; so daß ich alles was zu einiger Ergetzlich-
keit vor euch dienen kan/ und mir beyfallen will/ hinzu
zu setzen nicht nachlassen werde.

Um von diesem Vornehmen so viel besseren Anfang
zu machen/ lasset uns mit wenigem sehen/ was die Moh-
ren bey Kranckheiten/ Absterben/ und Beerdigung für
Ceremonien brauchen. Fället demnach jemand un-
ter ihnen in eine Kranckheit/ wird er von seinen An-
verwandten sorgfältig in acht genommen und aufge-
wartet/ so viel sein Zustand und Vermögen es zulassen
wollen; denn (wie oben albereit erinnert) scheuen die
Mohren den Todt ungemein sehr/ und haben so groß
Ungleich nicht/ wohl wissende/ daß man nur einmahl
sterben darff/ um ewig vergessen zu seyn/ dahero sie alle
ersinnliche/ und nach ihrer Meynung zu Verlänge-
rung des Lebens bequemeste Hülffs-Mittel gebrauchen;
glaube auch festiglich/ im Fall bey ihnen sowol als bey
den Griechen die Parcae bekandt gewesen wären/ hätte
man sie vor die vornehmste Göttinnen angenommen/
und den meisten Theil derer Opffer-Gaben denensel-
ben zugewidmet.

Erstens nehmen sie in ihrer Kranckheit wie überall
gebräuchlich/ etwas Artzney/ wiewol sie schlechtes Ver-
trauen haben hiedurch ihr Leben zu verlängern oder
ihre Gesundheit zu erhalten; wenn sie nicht weit kräffti-
gere Mittel/ wie sie solche davor halten/ sich von ihren
abgöttischen Ceremonien versprächen; wozu sie also-
bald ihre Zuflucht nehmen/ und weil insgemein der
Feticheer oder Prediger zugleich auch ihr Medicus
ist; so fället diesem es nicht schwer die Angehörigen des
Krancken zu überreden/ man könne dem Krancken nicht

besser

Beſchreibung
ten/ imgleichen vom Korn und andern Land-Fruͤchten
handeln ſoll; ſo daß ich alles was zu einiger Ergetzlich-
keit vor euch dienen kan/ und mir beyfallen will/ hinzu
zu ſetzen nicht nachlaſſen werde.

Um von dieſem Vornehmen ſo viel beſſeren Anfang
zu machen/ laſſet uns mit wenigem ſehen/ was die Moh-
ren bey Kranckheiten/ Abſterben/ und Beerdigung fuͤr
Ceremonien brauchen. Faͤllet demnach jemand un-
ter ihnen in eine Kranckheit/ wird er von ſeinen An-
verwandten ſorgfaͤltig in acht genommen und aufge-
wartet/ ſo viel ſein Zuſtand und Vermoͤgen es zulaſſen
wollen; denn (wie oben albereit erinnert) ſcheuen die
Mohren den Todt ungemein ſehr/ und haben ſo groß
Ungleich nicht/ wohl wiſſende/ daß man nur einmahl
ſterben darff/ um ewig vergeſſen zu ſeyn/ dahero ſie alle
erſinnliche/ und nach ihrer Meynung zu Verlaͤnge-
rung des Lebens bequemeſte Huͤlffs-Mittel gebrauchen;
glaube auch feſtiglich/ im Fall bey ihnen ſowol als bey
den Griechen die Parcæ bekandt geweſen waͤren/ haͤtte
man ſie vor die vornehmſte Goͤttinnen angenommen/
und den meiſten Theil derer Opffer-Gaben denenſel-
ben zugewidmet.

Erſtens nehmen ſie in ihrer Kranckheit wie uͤberall
gebraͤuchlich/ etwas Artzney/ wiewol ſie ſchlechtes Ver-
trauen haben hiedurch ihr Leben zu verlaͤngern oder
ihre Geſundheit zu erhalten; wenn ſie nicht weit kraͤffti-
gere Mittel/ wie ſie ſolche davor halten/ ſich von ihren
abgoͤttiſchen Ceremonien verſpraͤchen; wozu ſie alſo-
bald ihre Zuflucht nehmen/ und weil insgemein der
Feticheer oder Prediger zugleich auch ihr Medicus
iſt; ſo faͤllet dieſem es nicht ſchwer die Angehoͤrigen des
Krancken zu uͤberreden/ man koͤnne dem Krancken nicht

beſſer
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[260/0304] Beſchreibung ten/ imgleichen vom Korn und andern Land-Fruͤchten handeln ſoll; ſo daß ich alles was zu einiger Ergetzlich- keit vor euch dienen kan/ und mir beyfallen will/ hinzu zu ſetzen nicht nachlaſſen werde. Um von dieſem Vornehmen ſo viel beſſeren Anfang zu machen/ laſſet uns mit wenigem ſehen/ was die Moh- ren bey Kranckheiten/ Abſterben/ und Beerdigung fuͤr Ceremonien brauchen. Faͤllet demnach jemand un- ter ihnen in eine Kranckheit/ wird er von ſeinen An- verwandten ſorgfaͤltig in acht genommen und aufge- wartet/ ſo viel ſein Zuſtand und Vermoͤgen es zulaſſen wollen; denn (wie oben albereit erinnert) ſcheuen die Mohren den Todt ungemein ſehr/ und haben ſo groß Ungleich nicht/ wohl wiſſende/ daß man nur einmahl ſterben darff/ um ewig vergeſſen zu ſeyn/ dahero ſie alle erſinnliche/ und nach ihrer Meynung zu Verlaͤnge- rung des Lebens bequemeſte Huͤlffs-Mittel gebrauchen; glaube auch feſtiglich/ im Fall bey ihnen ſowol als bey den Griechen die Parcæ bekandt geweſen waͤren/ haͤtte man ſie vor die vornehmſte Goͤttinnen angenommen/ und den meiſten Theil derer Opffer-Gaben denenſel- ben zugewidmet. Erſtens nehmen ſie in ihrer Kranckheit wie uͤberall gebraͤuchlich/ etwas Artzney/ wiewol ſie ſchlechtes Ver- trauen haben hiedurch ihr Leben zu verlaͤngern oder ihre Geſundheit zu erhalten; wenn ſie nicht weit kraͤffti- gere Mittel/ wie ſie ſolche davor halten/ ſich von ihren abgoͤttiſchen Ceremonien verſpraͤchen; wozu ſie alſo- bald ihre Zuflucht nehmen/ und weil insgemein der Feticheer oder Prediger zugleich auch ihr Medicus iſt; ſo faͤllet dieſem es nicht ſchwer die Angehoͤrigen des Krancken zu uͤberreden/ man koͤnne dem Krancken nicht beſſer

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/304>, abgerufen am 24.11.2024.