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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
Bösewicht zu seinem Schuldner hingewiesen/ daß er
da seine Bezahlung suche/ inzwischen behält jener das
Gut in Verwahrung; dieser aber gehet eilends zu den
andern Schuldner hin/ und begehret die Zahlung von
seinem entführten Gut: mercket was hiebey vor gros-
ser Betrug vorgehen könne. Denn der erstere hat
allbereit 6. mahl mehr als seine Schuld beträget/ und
wenn der zweyte auch so unverschämt gottlose ist als je-
ner/ machet er eine Rechnung an den Schuldner von
zwey mahl soviel als seine genommene Güter wehrt
sind/ mit der Versicherung/ daß er sie niemahls unter
den Preiß verkauffet hätte. Sie machen es/ wie
mich bedüncket/ wie die alten Römer/ welche/ wenn
ihnen etwas entfremdet/ oder auch Beschimpffung
angethan wurde/ eine gewisse Summa Geldes an-
deuten und beschweren musten/ daß/ im Fall es in ih-
rem Belieben gestanden/ sie dergleichen vor weniger
nicht gelitten hätten. So gehet es hier auch/ daß der
Schuldner/ durch dessen Versehen der Creditor ei-
nes Fremden Gut sich anmasset/ so viel geben muß/ als
begehret wird/ und offtmahls 10. mahl mehr als er
schuldig ist/ weil es gemeiniglich Kleinigkeiten von
Schulden seynd/ ohne einige Wider-Rede gegen der-
gleichen Unbilligkeit sich vernehmen zu lassen/ weil dem
andern mehr als diesen zugetrauet/ auch mehrentheils
entweder vom Volck/ König/ oder andrem grossen
Herren geschützet wird. So halten sie es in den mei-
sten Ortern/ und machen dadurch viele arme Leute/ be-
nennen es auch mit dem Nahmen einer Gerechtigkeit/
da es doch die allergröste Ungerechtigkeit von der gan-
tzen Welt ist. Sonsten haben sie noch eine andere Art/
wiewol eben so unbillige von ihrem Nechsten das Geld

zu
O 4

des Landes Gvinea.
Boͤſewicht zu ſeinem Schuldner hingewieſen/ daß er
da ſeine Bezahlung ſuche/ inzwiſchen behaͤlt jener das
Gut in Verwahrung; dieſer aber gehet eilends zu den
andern Schuldner hin/ und begehret die Zahlung von
ſeinem entfuͤhrten Gut: mercket was hiebey vor groſ-
ſer Betrug vorgehen koͤnne. Denn der erſtere hat
allbereit 6. mahl mehr als ſeine Schuld betraͤget/ und
wenn der zweyte auch ſo unverſchaͤmt gottloſe iſt als je-
ner/ machet er eine Rechnung an den Schuldner von
zwey mahl ſoviel als ſeine genommene Guͤter wehrt
ſind/ mit der Verſicherung/ daß er ſie niemahls unter
den Preiß verkauffet haͤtte. Sie machen es/ wie
mich beduͤncket/ wie die alten Roͤmer/ welche/ wenn
ihnen etwas entfremdet/ oder auch Beſchimpffung
angethan wurde/ eine gewiſſe Summa Geldes an-
deuten und beſchweren muſten/ daß/ im Fall es in ih-
rem Belieben geſtanden/ ſie dergleichen vor weniger
nicht gelitten haͤtten. So gehet es hier auch/ daß der
Schuldner/ durch deſſen Verſehen der Creditor ei-
nes Fremden Gut ſich anmaſſet/ ſo viel geben muß/ als
begehret wird/ und offtmahls 10. mahl mehr als er
ſchuldig iſt/ weil es gemeiniglich Kleinigkeiten von
Schulden ſeynd/ ohne einige Wider-Rede gegen der-
gleichen Unbilligkeit ſich vernehmen zu laſſen/ weil dem
andern mehr als dieſen zugetrauet/ auch mehrentheils
entweder vom Volck/ Koͤnig/ oder andrem groſſen
Herren geſchuͤtzet wird. So halten ſie es in den mei-
ſten Ortern/ und machen dadurch viele arme Leute/ be-
nennen es auch mit dem Nahmen einer Gerechtigkeit/
da es doch die allergroͤſte Ungerechtigkeit von der gan-
tzen Welt iſt. Sonſten haben ſie noch eine andere Art/
wiewol eben ſo unbillige von ihrem Nechſten das Geld

zu
O 4
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[215/0259] des Landes Gvinea. Boͤſewicht zu ſeinem Schuldner hingewieſen/ daß er da ſeine Bezahlung ſuche/ inzwiſchen behaͤlt jener das Gut in Verwahrung; dieſer aber gehet eilends zu den andern Schuldner hin/ und begehret die Zahlung von ſeinem entfuͤhrten Gut: mercket was hiebey vor groſ- ſer Betrug vorgehen koͤnne. Denn der erſtere hat allbereit 6. mahl mehr als ſeine Schuld betraͤget/ und wenn der zweyte auch ſo unverſchaͤmt gottloſe iſt als je- ner/ machet er eine Rechnung an den Schuldner von zwey mahl ſoviel als ſeine genommene Guͤter wehrt ſind/ mit der Verſicherung/ daß er ſie niemahls unter den Preiß verkauffet haͤtte. Sie machen es/ wie mich beduͤncket/ wie die alten Roͤmer/ welche/ wenn ihnen etwas entfremdet/ oder auch Beſchimpffung angethan wurde/ eine gewiſſe Summa Geldes an- deuten und beſchweren muſten/ daß/ im Fall es in ih- rem Belieben geſtanden/ ſie dergleichen vor weniger nicht gelitten haͤtten. So gehet es hier auch/ daß der Schuldner/ durch deſſen Verſehen der Creditor ei- nes Fremden Gut ſich anmaſſet/ ſo viel geben muß/ als begehret wird/ und offtmahls 10. mahl mehr als er ſchuldig iſt/ weil es gemeiniglich Kleinigkeiten von Schulden ſeynd/ ohne einige Wider-Rede gegen der- gleichen Unbilligkeit ſich vernehmen zu laſſen/ weil dem andern mehr als dieſen zugetrauet/ auch mehrentheils entweder vom Volck/ Koͤnig/ oder andrem groſſen Herren geſchuͤtzet wird. So halten ſie es in den mei- ſten Ortern/ und machen dadurch viele arme Leute/ be- nennen es auch mit dem Nahmen einer Gerechtigkeit/ da es doch die allergroͤſte Ungerechtigkeit von der gan- tzen Welt iſt. Sonſten haben ſie noch eine andere Art/ wiewol eben ſo unbillige von ihrem Nechſten das Geld zu O 4

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/259>, abgerufen am 23.11.2024.