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Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708.

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des Landes Gvinea.
der Thäter in die Sclaverey verbannet werde/ inson-
derheit wenn er dergleichen Schelmstücke öffters pra-
ctici
ret hat. Dannenhero sind einige Mohren so schlau/
daß sie sich armer stellen als sie in der That seynd/ da-
mit/ wenn sie oder ihre Gefreundete das Unglück hät-
ten/ durch dergleichen Verbrechen dem Richter in die
Hände zu fallen/ sie nicht so hart gestraffet werden.

Diejenige welche Menschen aufheben oder bey seite
bringen/ werden mit schwerer Straffe/ jaselbst mit
dem Tode beleget/ nicht weniger auch diejenige/ welche
Vieh/ Schaaffe/ Schweine und andre Thiere steh-
len; und dieses aus der auch bey uns bekandten Ursach/
weil dieses stumme Vieh sich weder selbst wehren/ noch
jemand zu Hülffe ruffen kan. Ja es solten die Moh-
ren viel eher demjenigen das Leben nehmen/ welcher
einige Schaaffe gestohlen/ als welcher einen Men-
schen umgebracht hat/ insonderheit an denen Örtern/
wo die Europäer nichts zu sagen haben; denn diese las-
sen es gemeiniglich bey einer Geld-Straffe bewenden.
Entweder weil sie nicht so blutdürstig seynd/ oder weil
es ihnen vortheilhaffter ist/ darüber ich euch selbst ur-
theilen lasse; eben so gesinnet seynd auch die unter uns
wohnende Mohren/ welche viel lieber sehen/ daß dem
Thäter eine gewisse Geld-Busse zuerkandt/ als Lebens
verlustig erkläret werde/ wofern nicht ein heimliches In-
teresse
darunter verborgen. Und hierauf habe ich
Zeit meines Richterlichen-Amts allezeit gesehen/ davon
ich folgends ein nachdenckliches Exempel erzehlen will.

Wenn jeman im Lande Axim eine Geld-Summa
aufferleget wird/ muß er dieselbe in des Kauffmanns
Hände liefern/ welcher sie dem beleidigten Theile zu-
stellet/ gleichwol aber für seine Mühe etwas für sich be-

hält/

des Landes Gvinea.
der Thaͤter in die Sclaverey verbannet werde/ inſon-
derheit wenn er dergleichen Schelmſtuͤcke oͤffters pra-
ctici
ret hat. Dannenhero ſind einige Mohren ſo ſchlau/
daß ſie ſich armer ſtellen als ſie in der That ſeynd/ da-
mit/ wenn ſie oder ihre Gefreundete das Ungluͤck haͤt-
ten/ durch dergleichen Verbrechen dem Richter in die
Haͤnde zu fallen/ ſie nicht ſo hart geſtraffet werden.

Diejenige welche Menſchen aufheben oder bey ſeite
bringen/ werden mit ſchwerer Straffe/ jaſelbſt mit
dem Tode beleget/ nicht weniger auch diejenige/ welche
Vieh/ Schaaffe/ Schweine und andre Thiere ſteh-
len; und dieſes aus der auch bey uns bekandten Urſach/
weil dieſes ſtumme Vieh ſich weder ſelbſt wehren/ noch
jemand zu Huͤlffe ruffen kan. Ja es ſolten die Moh-
ren viel eher demjenigen das Leben nehmen/ welcher
einige Schaaffe geſtohlen/ als welcher einen Men-
ſchen umgebracht hat/ inſonderheit an denen Oͤrtern/
wo die Europaͤer nichts zu ſagen haben; denn dieſe laſ-
ſen es gemeiniglich bey einer Geld-Straffe bewenden.
Entweder weil ſie nicht ſo blutduͤrſtig ſeynd/ oder weil
es ihnen vortheilhaffter iſt/ daruͤber ich euch ſelbſt ur-
theilen laſſe; eben ſo geſinnet ſeynd auch die unter uns
wohnende Mohren/ welche viel lieber ſehen/ daß dem
Thaͤter eine gewiſſe Geld-Buſſe zuerkandt/ als Lebens
verluſtig erklaͤret werde/ wofern nicht ein heimliches In-
tereſſe
darunter verborgen. Und hierauf habe ich
Zeit meines Richterlichen-Amts allezeit geſehen/ davon
ich folgends ein nachdenckliches Exempel erzehlen will.

Wenn jeman im Lande Axim eine Geld-Summa
aufferleget wird/ muß er dieſelbe in des Kauffmanns
Haͤnde liefern/ welcher ſie dem beleidigten Theile zu-
ſtellet/ gleichwol aber fuͤr ſeine Muͤhe etwas fuͤr ſich be-

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[207/0251] des Landes Gvinea. der Thaͤter in die Sclaverey verbannet werde/ inſon- derheit wenn er dergleichen Schelmſtuͤcke oͤffters pra- cticiret hat. Dannenhero ſind einige Mohren ſo ſchlau/ daß ſie ſich armer ſtellen als ſie in der That ſeynd/ da- mit/ wenn ſie oder ihre Gefreundete das Ungluͤck haͤt- ten/ durch dergleichen Verbrechen dem Richter in die Haͤnde zu fallen/ ſie nicht ſo hart geſtraffet werden. Diejenige welche Menſchen aufheben oder bey ſeite bringen/ werden mit ſchwerer Straffe/ jaſelbſt mit dem Tode beleget/ nicht weniger auch diejenige/ welche Vieh/ Schaaffe/ Schweine und andre Thiere ſteh- len; und dieſes aus der auch bey uns bekandten Urſach/ weil dieſes ſtumme Vieh ſich weder ſelbſt wehren/ noch jemand zu Huͤlffe ruffen kan. Ja es ſolten die Moh- ren viel eher demjenigen das Leben nehmen/ welcher einige Schaaffe geſtohlen/ als welcher einen Men- ſchen umgebracht hat/ inſonderheit an denen Oͤrtern/ wo die Europaͤer nichts zu ſagen haben; denn dieſe laſ- ſen es gemeiniglich bey einer Geld-Straffe bewenden. Entweder weil ſie nicht ſo blutduͤrſtig ſeynd/ oder weil es ihnen vortheilhaffter iſt/ daruͤber ich euch ſelbſt ur- theilen laſſe; eben ſo geſinnet ſeynd auch die unter uns wohnende Mohren/ welche viel lieber ſehen/ daß dem Thaͤter eine gewiſſe Geld-Buſſe zuerkandt/ als Lebens verluſtig erklaͤret werde/ wofern nicht ein heimliches In- tereſſe darunter verborgen. Und hierauf habe ich Zeit meines Richterlichen-Amts allezeit geſehen/ davon ich folgends ein nachdenckliches Exempel erzehlen will. Wenn jeman im Lande Axim eine Geld-Summa aufferleget wird/ muß er dieſelbe in des Kauffmanns Haͤnde liefern/ welcher ſie dem beleidigten Theile zu- ſtellet/ gleichwol aber fuͤr ſeine Muͤhe etwas fuͤr ſich be- haͤlt/

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Zitationshilfe: Bosman, Willem: Reyse nach Gvinea. Hamburg, 1708, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bossmann_gvinea_1708/251>, abgerufen am 22.11.2024.