Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895.pbo_084.001 Es war | mal ein Kais | er der Kais | er war kur | rig pbo_084.002 Weil im Feld | Frühlingsthau | perlt am jungen Grase pbo_084.009 Soll ich nicht | Freudenquell | lassen taun vom Glase? pbo_084.010 Gold'ner Schein pbo_084.015 Deckt den Hain -- pbo_084.016 Wen des | Genius Blick | als er gebor | ren ward pbo_084.025 *) pbo_084.027
Vergl. Sammlung Göschen Nr. 1. S. 1. pbo_084.001 Es wár | mal ein Káis | er der Káis | er war kúr | rig pbo_084.002 Wéil im Féld | Frǘhlingstháu | pérlt am júngen Gráse pbo_084.009 Sóll ich nícht | Fréudenquéll | lássen taún vom Gláse? pbo_084.010 Góld'ner Schéin pbo_084.015 Déckt den Háin — pbo_084.016 Wén des | Génius Blíck | áls er gebór | ren wárd pbo_084.025 *) pbo_084.027
Vergl. Sammlung Göschen Nr. 1. S. 1. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0088" n="84"/> <lb n="pbo_084.001"/> <lg> <l>Es wár | mal ein Káis | er der Káis | er war kúr | rig</l> </lg> <p><lb n="pbo_084.002"/> Der Creticus (Amphimacer) <hi rendition="#g">Wínterzeít</hi> stellt für uns <lb n="pbo_084.003"/> einen unvollständigen (katalektischen) Doppeltrochäus dar; der <lb n="pbo_084.004"/> Choriambus, eine Vereinigung von Trochäus und Jambus, <lb n="pbo_084.005"/> z. B. <hi rendition="#g">Frǘhlingsgesáng</hi> bedeutet einen unvollständigen <lb n="pbo_084.006"/> Doppeldaktylus. Cretici, in einer Zeile fortgeschrieben, wie <lb n="pbo_084.007"/> dies Rückert versucht, aber auch nicht durchgeführt hat:</p> <lb n="pbo_084.008"/> <lg> <l>Wéil im Féld | Frǘhlingstháu | pérlt am júngen Gráse </l> <lb n="pbo_084.009"/> <l>Sóll ich nícht | Fréudenquéll | lássen taún vom Gláse?</l> </lg> <p><lb n="pbo_084.010"/> werden Auge und Ohr stetig stutzen lassen, zumal das Ganze <lb n="pbo_084.011"/> deutscher Eurhythmie zuliebe doch am Schlusse auf Trochäen <lb n="pbo_084.012"/> hinausläuft. Angemessener verfuhr z. B. Matthisson, der Cretici <lb n="pbo_084.013"/> als gereimte Verszeilen verwendet:</p> <lb n="pbo_084.014"/> <lg> <l>Góld'ner Schéin</l> <lb n="pbo_084.015"/> <l>Déckt den Háin —</l> </lg> <p><lb n="pbo_084.016"/> Was die Choriamben anlangt, so scheint der relativ <lb n="pbo_084.017"/> häufigste Vers aus ihnen der sogenannte kleinere Asclepiadeus <lb n="pbo_084.018"/> (zwei Choriamben, eingerahmt von einem Trochäus vorn und <lb n="pbo_084.019"/> einem Jambus hinten) nur deshalb sich leichter bei uns eingeführt <lb n="pbo_084.020"/> zu haben, weil er für das deutsche Ohr sich mit dem <lb n="pbo_084.021"/> bald zu besprechenden Pentameter deckt. So verwendet ihn <lb n="pbo_084.022"/> Klopstock mit dem Glykoneus als zweitem Vers in der dafür <lb n="pbo_084.023"/> schon herbeigezogenen Ode <hi rendition="#g">Der Lehrling der Griechen</hi><note corresp="PBO_084_*" place="foot" n="*)"><lb n="pbo_084.027"/> Vergl. <hi rendition="#g">Sammlung Göschen</hi> Nr. 1. S. 1.</note></p> <lb n="pbo_084.024"/> <lg> <l>Wén des | Génius Blíck | áls er gebór | ren wárd</l> </lg> <p><lb n="pbo_084.025"/> Der <hi rendition="#g">Pentameter</hi> nämlich ist ein an zwei Stellen, <lb n="pbo_084.026"/> nach der Hauptcaesur (Penthemimeres) und am Schluß abgebrochener </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [84/0088]
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Es wár | mal ein Káis | er der Káis | er war kúr | rig
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Der Creticus (Amphimacer) Wínterzeít stellt für uns pbo_084.003
einen unvollständigen (katalektischen) Doppeltrochäus dar; der pbo_084.004
Choriambus, eine Vereinigung von Trochäus und Jambus, pbo_084.005
z. B. Frǘhlingsgesáng bedeutet einen unvollständigen pbo_084.006
Doppeldaktylus. Cretici, in einer Zeile fortgeschrieben, wie pbo_084.007
dies Rückert versucht, aber auch nicht durchgeführt hat:
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Wéil im Féld | Frǘhlingstháu | pérlt am júngen Gráse pbo_084.009
Sóll ich nícht | Fréudenquéll | lássen taún vom Gláse?
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werden Auge und Ohr stetig stutzen lassen, zumal das Ganze pbo_084.011
deutscher Eurhythmie zuliebe doch am Schlusse auf Trochäen pbo_084.012
hinausläuft. Angemessener verfuhr z. B. Matthisson, der Cretici pbo_084.013
als gereimte Verszeilen verwendet:
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Góld'ner Schéin pbo_084.015
Déckt den Háin —
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Was die Choriamben anlangt, so scheint der relativ pbo_084.017
häufigste Vers aus ihnen der sogenannte kleinere Asclepiadeus pbo_084.018
(zwei Choriamben, eingerahmt von einem Trochäus vorn und pbo_084.019
einem Jambus hinten) nur deshalb sich leichter bei uns eingeführt pbo_084.020
zu haben, weil er für das deutsche Ohr sich mit dem pbo_084.021
bald zu besprechenden Pentameter deckt. So verwendet ihn pbo_084.022
Klopstock mit dem Glykoneus als zweitem Vers in der dafür pbo_084.023
schon herbeigezogenen Ode Der Lehrling der Griechen *)
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Wén des | Génius Blíck | áls er gebór | ren wárd
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Der Pentameter nämlich ist ein an zwei Stellen, pbo_084.026
nach der Hauptcaesur (Penthemimeres) und am Schluß abgebrochener
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Vergl. Sammlung Göschen Nr. 1. S. 1.
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