pbo_075.001 der fünfte Fuß, unter allen Umständen eingeräumt. Um die pbo_075.002 Bewegung aber wiederum zusammenzuhalten, sie gleichsam nicht pbo_075.003 über die Ufer treten zu lassen, ist der letzte Fuß als Daktylus pbo_075.004 katalektisch, also ein Trochäus oder stellvertretender Spondeus. pbo_075.005 Dies ergiebt den wohlbekannten hexametrischen Abschluß
pbo_075.006
[Musik]
pbo_075.007 der dem Gehör sich so aufdrängt, daß man ihn in der ernsten pbo_075.008 antiken Rede vermeiden mußte, etwa wie wir einen unfreiwilligen pbo_075.009 Reim. Ueber unsere Befugnis, das antike Schema pbo_075.010 des Daktylus und Spondeus nur rhythmisch, aber nicht metrisch pbo_075.011 streng nachzubilden, haben wir schon bei Gelegenheit des pbo_075.012 prosodischen Unterschiedes der Sprachen gehandelt. Jn Bezug pbo_075.013 auf die besondere Aufgabe sei hier bemerkt, daß es immer pbo_075.014 noch besser ist, die spondeische Senkung durch eine zu schwache pbo_075.015 Silbe auszudrücken, also einen kenntlichen Trochäus für einen pbo_075.016 Gleichtakt passieren zu lassen, als daktylische Senkungen allzustark pbo_075.017 zu bepacken. Der Grund dafür ist, daß nach dem pbo_075.018 oben auseinandergesetzten Prinzip der deutschen Verskunst die pbo_075.019 rhythmisch unbetonte Silbe keine positive metrische Bedeutung pbo_075.020 hat, ein wirklicher Spondeus in unserer Nachbildung pbo_075.021 daher nur illusorisch erscheint. Wohl aber kann sie eine negative pbo_075.022 Bedeutung durch ihre allzugroße Schwere erlangen, indem pbo_075.023 sie dann, wie auseinandergesetzt, an der Stelle der Kürze dem pbo_075.024 antiken Schema allzusehr widerspricht. Jn dem Hexameter
pbo_075.025
Und es sagte darauf der gute Vater mit Nachdruck
pbo_075.026 ist z. B. der vierte Fuß gute der deutlichste Trochäus im pbo_075.027 metrischen Sinne. Er vertritt aber ohne allzu großen Widersinn pbo_075.028 in unserem rhythmischen Schema einen antiken Spondeus. pbo_075.029 Dagegen gäben Daktylen wie folgende
pbo_075.001 der fünfte Fuß, unter allen Umständen eingeräumt. Um die pbo_075.002 Bewegung aber wiederum zusammenzuhalten, sie gleichsam nicht pbo_075.003 über die Ufer treten zu lassen, ist der letzte Fuß als Daktylus pbo_075.004 katalektisch, also ein Trochäus oder stellvertretender Spondeus. pbo_075.005 Dies ergiebt den wohlbekannten hexametrischen Abschluß
pbo_075.006
[Musik]
pbo_075.007 der dem Gehör sich so aufdrängt, daß man ihn in der ernsten pbo_075.008 antiken Rede vermeiden mußte, etwa wie wir einen unfreiwilligen pbo_075.009 Reim. Ueber unsere Befugnis, das antike Schema pbo_075.010 des Daktylus und Spondeus nur rhythmisch, aber nicht metrisch pbo_075.011 streng nachzubilden, haben wir schon bei Gelegenheit des pbo_075.012 prosodischen Unterschiedes der Sprachen gehandelt. Jn Bezug pbo_075.013 auf die besondere Aufgabe sei hier bemerkt, daß es immer pbo_075.014 noch besser ist, die spondeische Senkung durch eine zu schwache pbo_075.015 Silbe auszudrücken, also einen kenntlichen Trochäus für einen pbo_075.016 Gleichtakt passieren zu lassen, als daktylische Senkungen allzustark pbo_075.017 zu bepacken. Der Grund dafür ist, daß nach dem pbo_075.018 oben auseinandergesetzten Prinzip der deutschen Verskunst die pbo_075.019 rhythmisch unbetonte Silbe keine positive metrische Bedeutung pbo_075.020 hat, ein wirklicher Spondeus in unserer Nachbildung pbo_075.021 daher nur illusorisch erscheint. Wohl aber kann sie eine negative pbo_075.022 Bedeutung durch ihre allzugroße Schwere erlangen, indem pbo_075.023 sie dann, wie auseinandergesetzt, an der Stelle der Kürze dem pbo_075.024 antiken Schema allzusehr widerspricht. Jn dem Hexameter
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Únd es ságte daraúf der gúte Váter mit Náchdruck
pbo_075.026 ist z. B. der vierte Fuß gute der deutlichste Trochäus im pbo_075.027 metrischen Sinne. Er vertritt aber ohne allzu großen Widersinn pbo_075.028 in unserem rhythmischen Schema einen antiken Spondeus. pbo_075.029 Dagegen gäben Daktylen wie folgende
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der dem Gehör sich so aufdrängt, daß man ihn in der ernsten pbo_075.008
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Borinski, Karl: Deutsche Poetik. Stuttgart, 1895, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/borinski_poetik_1895/79>, abgerufen am 30.07.2024.
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