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Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898.

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II. Abschnitt. [Gleich. 38]
nennen wollen. Wir nehmen an, dass die Anziehung zweier Massen-
theilchen m und m' derselben in die Richtung ihrer Verbindungs-
linie fällt und eine Function ihrer Entfernung f, etwa gleich
m m' F (f) ist. Wir setzen:
[Formel 1] ,
so dass m m' kh (f) die Arbeit ist, welche erfordert wird, um die
beiden Theilchen m und m' aus der Entfernung f in sehr grosse
Entfernung zu bringen. Die Kraft F (f) wird jedenfalls nur
in molekularen Entfernungen von Null verschiedene Werthe
haben. Wir nehmen an, dass sie mit wachsendem f rascher
als die reciproke 3. Potenz von f abnimmt, so dass nicht nur
F (f), sondern auch kh (f) und ps (f) immer verschwindet, wenn
nicht f einen sehr kleinen Werth hat. Aus unseren Ansätzen
folgt, dass die zwischen den beiden Theilchen m und m' wirkende
Kraft gleich ist -- m m' [Formel 2] .

Wir construiren nun in der Flüssigkeit eine Kugel K vom
Radius b, 1) bezeichnen mit d o ein Flächenelement derselben
und construiren ferner den geraden Cylinder Z, welcher ausser-
halb der Kugel auf diesem Flächenelemente aufsitzt und die
sehr grosse Länge B -- b hat. Den Mittelpunkt O der Kugel
wählen wir als Coordinatenursprung und legen die positive
Abscissenaxe in die Axe des Cylinders.

Wir stellen uns nun die Aufgabe, die Anziehung d A zu
finden, welche die in der Kugel K enthaltene Flüssigkeit auf
die im Cylinder Z enthaltene ausübt.

Wir construiren zu diesem Behufe im Cylinder Z das
Volumelement d Z, welches zwischen den Querschnitten mit den
Abscissen x und x + d x liegt. Sein Volumen ist d o d x, die
darin enthaltene Flüssigkeitsmasse also r d o d x, wenn r die
überall constant vorausgesetzte Dichte der Flüssigkeit ist.

Ferner schneiden wir aus der ganzen Kugel K eine con-
centrische Kugelschale S heraus, welche zwischen den Kugel-
flächen von den Radien u und u + d u liegt und aus dieser
wieder jenen Ring R, für welchen die Verbindungslinie seiner

1) Darunter ist jetzt nicht die früher mit b bezeichnete Constante
zu verstehen.

II. Abschnitt. [Gleich. 38]
nennen wollen. Wir nehmen an, dass die Anziehung zweier Massen-
theilchen m und m' derselben in die Richtung ihrer Verbindungs-
linie fällt und eine Function ihrer Entfernung f, etwa gleich
m m' F (f) ist. Wir setzen:
[Formel 1] ,
so dass m m' χ (f) die Arbeit ist, welche erfordert wird, um die
beiden Theilchen m und m' aus der Entfernung f in sehr grosse
Entfernung zu bringen. Die Kraft F (f) wird jedenfalls nur
in molekularen Entfernungen von Null verschiedene Werthe
haben. Wir nehmen an, dass sie mit wachsendem f rascher
als die reciproke 3. Potenz von f abnimmt, so dass nicht nur
F (f), sondern auch χ (f) und ψ (f) immer verschwindet, wenn
nicht f einen sehr kleinen Werth hat. Aus unseren Ansätzen
folgt, dass die zwischen den beiden Theilchen m und m' wirkende
Kraft gleich ist — m m' [Formel 2] .

Wir construiren nun in der Flüssigkeit eine Kugel K vom
Radius b, 1) bezeichnen mit d o ein Flächenelement derselben
und construiren ferner den geraden Cylinder Z, welcher ausser-
halb der Kugel auf diesem Flächenelemente aufsitzt und die
sehr grosse Länge Bb hat. Den Mittelpunkt O der Kugel
wählen wir als Coordinatenursprung und legen die positive
Abscissenaxe in die Axe des Cylinders.

Wir stellen uns nun die Aufgabe, die Anziehung d A zu
finden, welche die in der Kugel K enthaltene Flüssigkeit auf
die im Cylinder Z enthaltene ausübt.

Wir construiren zu diesem Behufe im Cylinder Z das
Volumelement d Z, welches zwischen den Querschnitten mit den
Abscissen x und x + d x liegt. Sein Volumen ist d o d x, die
darin enthaltene Flüssigkeitsmasse also ρ d o d x, wenn ρ die
überall constant vorausgesetzte Dichte der Flüssigkeit ist.

Ferner schneiden wir aus der ganzen Kugel K eine con-
centrische Kugelschale S heraus, welche zwischen den Kugel-
flächen von den Radien u und u + d u liegt und aus dieser
wieder jenen Ring R, für welchen die Verbindungslinie seiner

1) Darunter ist jetzt nicht die früher mit b bezeichnete Constante
zu verstehen.
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[56/0074] II. Abschnitt. [Gleich. 38] nennen wollen. Wir nehmen an, dass die Anziehung zweier Massen- theilchen m und m' derselben in die Richtung ihrer Verbindungs- linie fällt und eine Function ihrer Entfernung f, etwa gleich m m' F (f) ist. Wir setzen: [FORMEL], so dass m m' χ (f) die Arbeit ist, welche erfordert wird, um die beiden Theilchen m und m' aus der Entfernung f in sehr grosse Entfernung zu bringen. Die Kraft F (f) wird jedenfalls nur in molekularen Entfernungen von Null verschiedene Werthe haben. Wir nehmen an, dass sie mit wachsendem f rascher als die reciproke 3. Potenz von f abnimmt, so dass nicht nur F (f), sondern auch χ (f) und ψ (f) immer verschwindet, wenn nicht f einen sehr kleinen Werth hat. Aus unseren Ansätzen folgt, dass die zwischen den beiden Theilchen m und m' wirkende Kraft gleich ist — m m' [FORMEL]. Wir construiren nun in der Flüssigkeit eine Kugel K vom Radius b, 1) bezeichnen mit d o ein Flächenelement derselben und construiren ferner den geraden Cylinder Z, welcher ausser- halb der Kugel auf diesem Flächenelemente aufsitzt und die sehr grosse Länge B — b hat. Den Mittelpunkt O der Kugel wählen wir als Coordinatenursprung und legen die positive Abscissenaxe in die Axe des Cylinders. Wir stellen uns nun die Aufgabe, die Anziehung d A zu finden, welche die in der Kugel K enthaltene Flüssigkeit auf die im Cylinder Z enthaltene ausübt. Wir construiren zu diesem Behufe im Cylinder Z das Volumelement d Z, welches zwischen den Querschnitten mit den Abscissen x und x + d x liegt. Sein Volumen ist d o d x, die darin enthaltene Flüssigkeitsmasse also ρ d o d x, wenn ρ die überall constant vorausgesetzte Dichte der Flüssigkeit ist. Ferner schneiden wir aus der ganzen Kugel K eine con- centrische Kugelschale S heraus, welche zwischen den Kugel- flächen von den Radien u und u + d u liegt und aus dieser wieder jenen Ring R, für welchen die Verbindungslinie seiner 1) Darunter ist jetzt nicht die früher mit b bezeichnete Constante zu verstehen.

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Zitationshilfe: Boltzmann, Ludwig: Vorlesungen über Gastheorie. Bd. 2. Leipzig, 1898, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boltzmann_gastheorie02_1898/74>, abgerufen am 28.03.2024.