Bohse, August: Des Franzöischen Helicons Monat-Früchte. Leipzig, 1696.Des Hertzogs von Arione &c. wolte; er antwortete mit nein; und indem er einenhefftigen Schauer bey sich fühlete/ welchen die Be- wegung in ihm erwecket/ so begab er sich in ein ander Zimmer/ wo alles/ was nur seine Bekümmerniß ver- mehren kunte/ sich seiner Zärtlichkeit vorstellete. Er spürete eine verzweifelte Kaltsinnigkeit bey einer Frauen die er anbethete. Er wuste wohl/ daß er diese Aenderung durch kein eintziges Beleidigen verdienet: Und indem er sich einbildete/ es käme sol- ches aus einem bloßen Uberdruß her/ den sie gegen seine Person hätte/ so hat der Tod selbst nichts so grausames in sich/ daß er nicht schmeckete. Doch was er auch vor Betrachtungen in Gedancken hege- te/ so behielt er gleichwohl noch immer den respect vor Victoriens Tugend/ daß er von ihr kein Laster der Untreue argwohnete. Unter diesem Gram und Kummer so fiel ihn das So
Des Hertzogs von Arione &c. wolte; er antwortete mit nein; und indem er einenhefftigen Schauer bey ſich fuͤhlete/ welchen die Be- wegung in ihm erwecket/ ſo begab er ſich in ein ander Zimmer/ wo alles/ was nur ſeine Bekuͤmmerniß ver- mehren kunte/ ſich ſeiner Zaͤrtlichkeit vorſtellete. Er ſpuͤrete eine verzweifelte Kaltſinnigkeit bey einer Frauen die er anbethete. Er wuſte wohl/ daß er dieſe Aenderung durch kein eintziges Beleidigen verdienet: Und indem er ſich einbildete/ es kaͤme ſol- ches aus einem bloßen Uberdruß her/ den ſie gegen ſeine Perſon haͤtte/ ſo hat der Tod ſelbſt nichts ſo grauſames in ſich/ daß er nicht ſchmeckete. Doch was er auch vor Betrachtungen in Gedancken hege- te/ ſo behielt er gleichwohl noch immer den reſpect vor Victoriens Tugend/ daß er von ihr kein Laſter der Untreue argwohnete. Unter dieſem Gram und Kummer ſo fiel ihn das So
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Des Hertzogs von Arione &c.
wolte; er antwortete mit nein; und indem er einen
hefftigen Schauer bey ſich fuͤhlete/ welchen die Be-
wegung in ihm erwecket/ ſo begab er ſich in ein ander
Zimmer/ wo alles/ was nur ſeine Bekuͤmmerniß ver-
mehren kunte/ ſich ſeiner Zaͤrtlichkeit vorſtellete. Er
ſpuͤrete eine verzweifelte Kaltſinnigkeit bey einer
Frauen die er anbethete. Er wuſte wohl/ daß er
dieſe Aenderung durch kein eintziges Beleidigen
verdienet: Und indem er ſich einbildete/ es kaͤme ſol-
ches aus einem bloßen Uberdruß her/ den ſie gegen
ſeine Perſon haͤtte/ ſo hat der Tod ſelbſt nichts ſo
grauſames in ſich/ daß er nicht ſchmeckete. Doch
was er auch vor Betrachtungen in Gedancken hege-
te/ ſo behielt er gleichwohl noch immer den reſpect
vor Victoriens Tugend/ daß er von ihr kein Laſter
der Untreue argwohnete.
Unter dieſem Gram und Kummer ſo fiel ihn das
Fieber mit groſſer Hefftigkeit an. Diejenigen/ ſo
ihn bedieneten/ gaben/ ſo bald es Tag wurde/ davon
der Hertzogin Nachricht. Sie hatte die Nacht eben
ſo wenig ruhig als er zuruͤck geleget; ſie ware zaͤrtlich
im Lieben/ unſchuldig/ treu/ klug/ nur in etwas allzu
leichtglaͤubig; ſie glaubete/ daß ſie auf einen kleinen
Verdruß ſich gantz feſt gruͤnden koͤnte/ und hatte
ihn den Abend nicht ſehen von ſich gehen/ ohne ihm
in ihren Gedancken eines groſſen Fehlers zu beſchul-
digen/ bildete ſich aber nicht ein/ daß er ſich nicht
wohl auf befaͤnde. Es war noch fruͤher Morgen/ als
man in ihre Kammer kam/ doch man hatte nicht
noͤthig/ ſie aufzuwecken/ denn der Schlaff unter-
ſchiedliche Naͤchte ſchon von ihr weit entfernet ge-
weſen war.
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