Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755.

Bild:
<< vorherige Seite

Was fehlet mir noch? Matth. 19, 20. Es fehlet dir noch eines: Luc.
18, 22. (Denn) Eins ist noth. c. 10, 42. Nemlich JEsum haben,
und sich erst mit Maria von ihm bedienen und bewirthen lassen, und sodenn
aus Ihm die Kraft nehmen, Ihm wieder zu dienen. Er muß selbst erst unsere
Speise werden, ehe wir Ihn wieder speisen können. Man nimmt erst aus
Christi Fülle Gnade, und stärkt sich, so denn gibt und wirkt man auch, obwol
noch in Schwachheit. Doch nicht von Wirken und Geben, nein, vom Glauben
und Nehmen, werden u. bleiben wir Christen, und vollkommen: denn wir neh-
men auch mit schwachem Glauben den ganzen Christum. Dis Eine ist Noth.

Wenn nur dieses Eine fehlet; o! so fehlt dir alles noch.
Wilt du dieses nun erlangen, merk auf diese Zeilen doch:
Wenn die Weisheit Thorheit wird, und die Einfalt triumphiret,
Wenn der Wille nicht mehr will, und die Creutzesfurcht verlieret;
Wenn das Herz im Glauben lebt, und in Lieb und Demuth steht;
Wenn man Zeit und Welt vergißt, und zur Ewigkeit nur geht;
Wenn man hier, als JEsu Braut, ihm nur zu gefallen tracht:
Wenn man still und eingekehrt, unabläßig fleht und wacht;
Kurz: Wenn man nur Eines sucht; was? In JEsu Schooß zu liegeu;
Da wird man recht sansteruhn, und in Einem alles kriegen.

Was fehlet mir noch? Matth. 19, 20. Es fehlet dir noch eines: Luc.
18, 22. (Denn) Eins iſt noth. c. 10, 42. Nemlich JEſum haben,
und ſich erſt mit Maria von ihm bedienen und bewirthen laſſen, und ſodenn
aus Ihm die Kraft nehmen, Ihm wieder zu dienen. Er muß ſelbſt erſt unſere
Speiſe werden, ehe wir Ihn wieder ſpeiſen können. Man nimmt erſt aus
Chriſti Fülle Gnade, und ſtärkt ſich, ſo denn gibt und wirkt man auch, obwol
noch in Schwachheit. Doch nicht von Wirken und Geben, nein, vom Glauben
und Nehmen, werden u. bleiben wir Chriſten, und vollkommen: denn wir neh-
men auch mit ſchwachem Glauben den ganzen Chriſtum. Dis Eine iſt Noth.

Wenn nur dieſes Eine fehlet; o! ſo fehlt dir alles noch.
Wilt du dieſes nun erlangen, merk auf dieſe Zeilen doch:
Wenn die Weisheit Thorheit wird, und die Einfalt triumphiret,
Wenn der Wille nicht mehr will, und die Creutzesfurcht verlieret;
Wenn das Herz im Glauben lebt, und in Lieb und Demuth ſteht;
Wenn man Zeit und Welt vergißt, und zur Ewigkeit nur geht;
Wenn man hier, als JEſu Braut, ihm nur zu gefallen tracht:
Wenn man ſtill und eingekehrt, unabläßig fleht und wacht;
Kurz: Wenn man nur Eines ſucht; was? In JEſu Schooß zu liegeu;
Da wird man recht ſanſteruhn, und in Einem alles kriegen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0280" n="268"/>
        <div n="2">
          <dateline>25. <hi rendition="#aq">Sept.</hi></dateline><lb/>
          <p><hi rendition="#in">W</hi><hi rendition="#fr">as fehlet mir noch?</hi> Matth. 19, 20. <hi rendition="#fr">Es fehlet dir noch eines</hi>: Luc.<lb/>
18, 22. (Denn) <hi rendition="#fr">Eins i&#x017F;t noth.</hi> c. 10, 42. Nemlich JE&#x017F;um haben,<lb/>
und &#x017F;ich er&#x017F;t mit Maria von ihm bedienen und bewirthen la&#x017F;&#x017F;en, und &#x017F;odenn<lb/>
aus Ihm die Kraft nehmen, Ihm wieder zu dienen. Er muß &#x017F;elb&#x017F;t er&#x017F;t un&#x017F;ere<lb/>
Spei&#x017F;e werden, ehe wir Ihn wieder &#x017F;pei&#x017F;en können. Man nimmt er&#x017F;t aus<lb/>
Chri&#x017F;ti Fülle Gnade, und &#x017F;tärkt &#x017F;ich, &#x017F;o denn gibt und wirkt man auch, obwol<lb/>
noch in Schwachheit. Doch nicht von Wirken und Geben, nein, vom Glauben<lb/>
und Nehmen, werden u. bleiben wir Chri&#x017F;ten, und vollkommen: denn wir neh-<lb/>
men auch mit &#x017F;chwachem Glauben den ganzen Chri&#x017F;tum. <hi rendition="#fr">Dis Eine i&#x017F;t Noth.</hi></p><lb/>
          <lg type="poem">
            <l>Wenn nur die&#x017F;es <hi rendition="#fr">Eine</hi> fehlet; o! &#x017F;o fehlt dir <hi rendition="#fr">alles</hi> noch.</l><lb/>
            <l>Wilt du die&#x017F;es nun erlangen, merk auf die&#x017F;e Zeilen doch:</l><lb/>
            <l>Wenn die Weisheit Thorheit wird, und die Einfalt triumphiret,</l><lb/>
            <l>Wenn der Wille nicht mehr will, und die Creutzesfurcht verlieret;</l><lb/>
            <l>Wenn das Herz im Glauben lebt, und in Lieb und Demuth &#x017F;teht;</l><lb/>
            <l>Wenn man Zeit und Welt vergißt, und zur Ewigkeit nur geht;</l><lb/>
            <l>Wenn man hier, als JE&#x017F;u Braut, ihm nur zu gefallen tracht:</l><lb/>
            <l>Wenn man &#x017F;till und eingekehrt, unabläßig fleht und wacht;</l><lb/>
            <l>Kurz: Wenn man nur Eines &#x017F;ucht; was? In JE&#x017F;u Schooß zu liegeu;</l><lb/>
            <l>Da wird man recht &#x017F;an&#x017F;teruhn, <hi rendition="#fr">und in Einem alles kriegen.</hi></l>
          </lg>
        </div><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[268/0280] 25. Sept. Was fehlet mir noch? Matth. 19, 20. Es fehlet dir noch eines: Luc. 18, 22. (Denn) Eins iſt noth. c. 10, 42. Nemlich JEſum haben, und ſich erſt mit Maria von ihm bedienen und bewirthen laſſen, und ſodenn aus Ihm die Kraft nehmen, Ihm wieder zu dienen. Er muß ſelbſt erſt unſere Speiſe werden, ehe wir Ihn wieder ſpeiſen können. Man nimmt erſt aus Chriſti Fülle Gnade, und ſtärkt ſich, ſo denn gibt und wirkt man auch, obwol noch in Schwachheit. Doch nicht von Wirken und Geben, nein, vom Glauben und Nehmen, werden u. bleiben wir Chriſten, und vollkommen: denn wir neh- men auch mit ſchwachem Glauben den ganzen Chriſtum. Dis Eine iſt Noth. Wenn nur dieſes Eine fehlet; o! ſo fehlt dir alles noch. Wilt du dieſes nun erlangen, merk auf dieſe Zeilen doch: Wenn die Weisheit Thorheit wird, und die Einfalt triumphiret, Wenn der Wille nicht mehr will, und die Creutzesfurcht verlieret; Wenn das Herz im Glauben lebt, und in Lieb und Demuth ſteht; Wenn man Zeit und Welt vergißt, und zur Ewigkeit nur geht; Wenn man hier, als JEſu Braut, ihm nur zu gefallen tracht: Wenn man ſtill und eingekehrt, unabläßig fleht und wacht; Kurz: Wenn man nur Eines ſucht; was? In JEſu Schooß zu liegeu; Da wird man recht ſanſteruhn, und in Einem alles kriegen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/280
Zitationshilfe: Bogatzky, Carl Heinrich von: Güldenes Schatz-Kästlein der Kinder GOttes, deren Schatz im Himmel ist. Halle, 1755, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bogatzky_gueldenes_1739/280>, abgerufen am 17.07.2024.