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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.

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thanen zu sein; sonst dürfte man ohne ihre aller¬
gnädigste Erlaubniß nicht krank werden und sterben,
und sie hätten vielleicht, wie jetzt die Auswanderungen,
auch die Cholera eine Modekrankheit genannt.
Aber es ist darüber zu verzweifeln! Und doch kenne
ich Kinder von freisinnigen Männern, die über diese
Auswanderungen frohlockten, weil sie meinen, die
Fürsten müssen sich darum schämen. Die sich schämen!
Eher würde die Nacht roth als ein König. Unsere
Fürsten, die sich jetzt Alles erlauben, weil die Furcht
vor ihrem Adel sie gegen das Volk beherzt macht
würden sie denn die Auswanderung der deutschen
Patrioten dulden, wenn sie ihrer Tyrannei keinen
Vortheil brächte? Wer wandert aus? Der, dem die
Knechtschaft am unerträglichsten ist, der die Freiheit
am herzlichsten liebt und darum am tüchtigsten wäre
für sie zu kämpfen. Diese Thorheit kann uns um
zehen Jahre zurückwerfen. Wenn man alle die
Auswanderungen überdenkt, die seit Jahrhunderten,
wegen religiösen oder politischen Druckes, in vielen
Staaten unternommen wurden, so findet man, daß
sie immer zu spät geschehen und also ohne Noth.
Man wartete bis das Uebel den höchsten Grad
erreicht, das heißt, bis es der Heilung nahe kam.
So geschah es immer, daß bald darauf der böse
Geist der Regierungen sich besserte, entweder durch
freiwillige oder durch gezwungene Bekehrung. Ist

thanen zu ſein; ſonſt dürfte man ohne ihre aller¬
gnädigſte Erlaubniß nicht krank werden und ſterben,
und ſie hätten vielleicht, wie jetzt die Auswanderungen,
auch die Cholera eine Modekrankheit genannt.
Aber es iſt darüber zu verzweifeln! Und doch kenne
ich Kinder von freiſinnigen Männern, die über dieſe
Auswanderungen frohlockten, weil ſie meinen, die
Fürſten müſſen ſich darum ſchämen. Die ſich ſchämen!
Eher würde die Nacht roth als ein König. Unſere
Fürſten, die ſich jetzt Alles erlauben, weil die Furcht
vor ihrem Adel ſie gegen das Volk beherzt macht
würden ſie denn die Auswanderung der deutſchen
Patrioten dulden, wenn ſie ihrer Tyrannei keinen
Vortheil brächte? Wer wandert aus? Der, dem die
Knechtſchaft am unerträglichſten iſt, der die Freiheit
am herzlichſten liebt und darum am tüchtigſten wäre
für ſie zu kämpfen. Dieſe Thorheit kann uns um
zehen Jahre zurückwerfen. Wenn man alle die
Auswanderungen überdenkt, die ſeit Jahrhunderten,
wegen religiöſen oder politiſchen Druckes, in vielen
Staaten unternommen wurden, ſo findet man, daß
ſie immer zu ſpät geſchehen und alſo ohne Noth.
Man wartete bis das Uebel den höchſten Grad
erreicht, das heißt, bis es der Heilung nahe kam.
So geſchah es immer, daß bald darauf der böſe
Geiſt der Regierungen ſich beſſerte, entweder durch
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[223/0235] thanen zu ſein; ſonſt dürfte man ohne ihre aller¬ gnädigſte Erlaubniß nicht krank werden und ſterben, und ſie hätten vielleicht, wie jetzt die Auswanderungen, auch die Cholera eine Modekrankheit genannt. Aber es iſt darüber zu verzweifeln! Und doch kenne ich Kinder von freiſinnigen Männern, die über dieſe Auswanderungen frohlockten, weil ſie meinen, die Fürſten müſſen ſich darum ſchämen. Die ſich ſchämen! Eher würde die Nacht roth als ein König. Unſere Fürſten, die ſich jetzt Alles erlauben, weil die Furcht vor ihrem Adel ſie gegen das Volk beherzt macht würden ſie denn die Auswanderung der deutſchen Patrioten dulden, wenn ſie ihrer Tyrannei keinen Vortheil brächte? Wer wandert aus? Der, dem die Knechtſchaft am unerträglichſten iſt, der die Freiheit am herzlichſten liebt und darum am tüchtigſten wäre für ſie zu kämpfen. Dieſe Thorheit kann uns um zehen Jahre zurückwerfen. Wenn man alle die Auswanderungen überdenkt, die ſeit Jahrhunderten, wegen religiöſen oder politiſchen Druckes, in vielen Staaten unternommen wurden, ſo findet man, daß ſie immer zu ſpät geſchehen und alſo ohne Noth. Man wartete bis das Uebel den höchſten Grad erreicht, das heißt, bis es der Heilung nahe kam. So geſchah es immer, daß bald darauf der böſe Geiſt der Regierungen ſich beſſerte, entweder durch freiwillige oder durch gezwungene Bekehrung. Iſt

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris06_1834/235>, abgerufen am 27.11.2024.