Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 6. Paris, 1834.Heldenthat des Fragezeichens sie zurückzuführen suchen? Was mir mein Michel für Verdruß macht, der VI. 11
Heldenthat des Fragezeichens ſie zurückzuführen ſuchen? Was mir mein Michel für Verdruß macht, der VI. 11
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0173" n="161"/> Heldenthat des Fragezeichens ſie zurückzuführen ſuchen?<lb/> Erkundigen Sie ſich darnach.</p><lb/> <p>Was mir mein Michel für Verdruß macht, der<lb/> deutſche Michel, der Dickkopf, ach! liebe Frau Ge¬<lb/> vatterin, das kann ich Ihnen gar nicht genug klagen.<lb/> Der Junge bringt mich noch unter die Erde. Alle<lb/> meine Vorſtellungen, all' mein Bitten, mein Züchti¬<lb/> gen — es hilft alles nichts. Hören Sie, was er<lb/> wieder gethan hat. In Freiburg wurde Michel zum<lb/> Bürgermeiſter gewählt, denn Michel iſt liberal.<lb/> Aber die Regierung verwehrte die Wahl, denn un¬<lb/> ſere Regierungen — und darüber muß ich lachen<lb/> trotz meiner großen Betrübniß — haben Furcht vor<lb/> Michel. Die Freiburger Bürger die Courage haben,<lb/> nicht blos einen Tag, ſondern zwei Tage lang, neh¬<lb/> men ſich vor, Michel zum zweitenmale zu wählen.<lb/> Was thut Michel? Auf ſeine gewohnte Art wird<lb/> er gerührt, ſentimental, großmüthig, tugendhaft, er¬<lb/> haben romantiſch, und bittet ſeine guten Mitbürger<lb/> ſich wegen ſeiner in keine Ungelegenheiten zu<lb/> ſetzen, und einen andern Bürgermeiſter zu wählen.<lb/> Die Bürger deren zweitägiges Heldenfieber ohne dies<lb/> vorüber war, ließen ſich das nicht zweimal ſagen,<lb/> und aus Dankbarkeit gegen Michel, daß er ſie von<lb/> dem Drucke ihrer eignen Größe befreiet hat, wähl¬<lb/> ten ſie ſeinen Neffen, den jungen Michel zum Bür¬<lb/> germeiſter. Die Regierung war das herzlich gern<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">VI.</hi> 11<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [161/0173]
Heldenthat des Fragezeichens ſie zurückzuführen ſuchen?
Erkundigen Sie ſich darnach.
Was mir mein Michel für Verdruß macht, der
deutſche Michel, der Dickkopf, ach! liebe Frau Ge¬
vatterin, das kann ich Ihnen gar nicht genug klagen.
Der Junge bringt mich noch unter die Erde. Alle
meine Vorſtellungen, all' mein Bitten, mein Züchti¬
gen — es hilft alles nichts. Hören Sie, was er
wieder gethan hat. In Freiburg wurde Michel zum
Bürgermeiſter gewählt, denn Michel iſt liberal.
Aber die Regierung verwehrte die Wahl, denn un¬
ſere Regierungen — und darüber muß ich lachen
trotz meiner großen Betrübniß — haben Furcht vor
Michel. Die Freiburger Bürger die Courage haben,
nicht blos einen Tag, ſondern zwei Tage lang, neh¬
men ſich vor, Michel zum zweitenmale zu wählen.
Was thut Michel? Auf ſeine gewohnte Art wird
er gerührt, ſentimental, großmüthig, tugendhaft, er¬
haben romantiſch, und bittet ſeine guten Mitbürger
ſich wegen ſeiner in keine Ungelegenheiten zu
ſetzen, und einen andern Bürgermeiſter zu wählen.
Die Bürger deren zweitägiges Heldenfieber ohne dies
vorüber war, ließen ſich das nicht zweimal ſagen,
und aus Dankbarkeit gegen Michel, daß er ſie von
dem Drucke ihrer eignen Größe befreiet hat, wähl¬
ten ſie ſeinen Neffen, den jungen Michel zum Bür¬
germeiſter. Die Regierung war das herzlich gern
VI. 11
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