gar nicht, daß ich ganz nah dabei stand. Und so habe ich denn gehört, wie dieser Freiheitsheld, dieser Demagog, dieser Fürstenknacker, zu dem andern sagte: er verspräche, wenn er ihm ein Pfund Rauch¬ tabak und ein halbes Pfund Schnupftabak aus Deutsch¬ land verschaffte, dafür seinen Fürsten, so viel und so lange er wolle, öffentlich zu loben. Und für einen so heillosen Menschen, der für anderthalb Pfund Ta¬ bak sein Gewissen verkauft, können Sie eingenom¬ men seyn? Der Deutsche, dem er dieses Anerbieten machte, war Herr von *** aus ***.
Es herrschte eine besonders große Bewegung in der Gesellschaft. Die Herren waren noch ganz heiß von der Kammersitzung, in der an diesem Tage ein heftiger Aufruhr statt fand, weil Montalivet die Franzosen Unterthanen des Königs genannt. Sie werden das in der Zeitung gelesen haben. *** ließ die seitdem bekannt gewordene Protestation in der Gesellschaft circuliren, welche die anwesenden Depu¬ tirten unterschrieben. Um Mitternacht rief mich *** in ein abgelegenes Cabinet, wo ich ***, den Gene¬ ral *** und *** an einem Tische mit Schreiben beschäftigt fand. Die deutschen Angelegenheiten kamen da zur Sprache. Was dort verhandelt worden, wage ich nicht dem Papiere anzuvertrauen, und es in un¬ sere Sprache zu übersetzen, habe ich heute keine Zeit. Doch eine wichtige Aeußerung des Generals ***
gar nicht, daß ich ganz nah dabei ſtand. Und ſo habe ich denn gehört, wie dieſer Freiheitsheld, dieſer Demagog, dieſer Fürſtenknacker, zu dem andern ſagte: er verſpräche, wenn er ihm ein Pfund Rauch¬ tabak und ein halbes Pfund Schnupftabak aus Deutſch¬ land verſchaffte, dafür ſeinen Fürſten, ſo viel und ſo lange er wolle, öffentlich zu loben. Und für einen ſo heilloſen Menſchen, der für anderthalb Pfund Ta¬ bak ſein Gewiſſen verkauft, können Sie eingenom¬ men ſeyn? Der Deutſche, dem er dieſes Anerbieten machte, war Herr von *** aus ***.
Es herrſchte eine beſonders große Bewegung in der Geſellſchaft. Die Herren waren noch ganz heiß von der Kammerſitzung, in der an dieſem Tage ein heftiger Aufruhr ſtatt fand, weil Montalivet die Franzoſen Unterthanen des Königs genannt. Sie werden das in der Zeitung geleſen haben. *** ließ die ſeitdem bekannt gewordene Proteſtation in der Geſellſchaft circuliren, welche die anweſenden Depu¬ tirten unterſchrieben. Um Mitternacht rief mich *** in ein abgelegenes Cabinet, wo ich ***, den Gene¬ ral *** und *** an einem Tiſche mit Schreiben beſchäftigt fand. Die deutſchen Angelegenheiten kamen da zur Sprache. Was dort verhandelt worden, wage ich nicht dem Papiere anzuvertrauen, und es in un¬ ſere Sprache zu überſetzen, habe ich heute keine Zeit. Doch eine wichtige Aeußerung des Generals ***
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gar nicht, daß ich ganz nah dabei ſtand. Und ſo
habe ich denn gehört, wie dieſer Freiheitsheld, dieſer
Demagog, dieſer Fürſtenknacker, zu dem andern
ſagte: er verſpräche, wenn er ihm ein Pfund Rauch¬
tabak und ein halbes Pfund Schnupftabak aus Deutſch¬
land verſchaffte, dafür ſeinen Fürſten, ſo viel und ſo
lange er wolle, öffentlich zu loben. Und für einen
ſo heilloſen Menſchen, der für anderthalb Pfund Ta¬
bak ſein Gewiſſen verkauft, können Sie eingenom¬
men ſeyn? Der Deutſche, dem er dieſes Anerbieten
machte, war Herr von *** aus ***.
Es herrſchte eine beſonders große Bewegung in
der Geſellſchaft. Die Herren waren noch ganz heiß
von der Kammerſitzung, in der an dieſem Tage ein
heftiger Aufruhr ſtatt fand, weil Montalivet die
Franzoſen Unterthanen des Königs genannt. Sie
werden das in der Zeitung geleſen haben. *** ließ
die ſeitdem bekannt gewordene Proteſtation in der
Geſellſchaft circuliren, welche die anweſenden Depu¬
tirten unterſchrieben. Um Mitternacht rief mich ***
in ein abgelegenes Cabinet, wo ich ***, den Gene¬
ral *** und *** an einem Tiſche mit Schreiben
beſchäftigt fand. Die deutſchen Angelegenheiten kamen
da zur Sprache. Was dort verhandelt worden, wage
ich nicht dem Papiere anzuvertrauen, und es in un¬
ſere Sprache zu überſetzen, habe ich heute keine Zeit.
Doch eine wichtige Aeußerung des Generals ***
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/53>, abgerufen am 17.07.2024.
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