Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.dern; ist es seiner Natur zuwieder, kann es nichts 2*
dern; iſt es ſeiner Natur zuwieder, kann es nichts 2*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0033" n="19"/> dern; iſt es ſeiner Natur zuwieder, kann es nichts<lb/> Gutes ſeyn. Dieſe Irrlehre der Simoniſten ent¬<lb/> ſpringt aus einer andern, zu welcher ſie ſich beken¬<lb/> nen, der von einer <hi rendition="#g">Gütergemeinſchaft</hi>, — eine<lb/> Lehre der verderblichſten Art, weil ſie den Menſchen<lb/> nicht allein in der bürgerlichen Geſellſchaft, ſondern<lb/> auch in ſeinen reinmenſchlichen Verhältniſſen zu<lb/> Grunde richtet. Freiheit und Gleichheit beſtehen<lb/> darin, daß jeder einzelne Menſch in ſeiner Lebens¬<lb/> ſphäre, ſey nun dieſer Kreis ſo eng gezogen als<lb/> man wolle, <hi rendition="#g">Despot</hi> ſeyn darf; nicht aber darin,<lb/> daß man alle dieſe Perſönlichkeiten zerſtört, und dar¬<lb/> aus einen allgemeinen Menſchenteig knetet, den man<lb/> Staat, Kirche, Gemeinde, Volk nennt. Wenn die<lb/> Lebensgüter gemeinſchaftlich ſind, wenn das Recht ſich<lb/> Alles nehmen darf, was bleibt dann noch dem ſchö¬<lb/> nen Vertrauen zu fordern, was der Liebe zu geben<lb/> übrig? Man wirft den Simoniſten vor — ob der<lb/> Vorwurf gegründet, weiß ich nicht — ſie wollten die<lb/> Ehe aufheben. Es fällt mir ſchwer, das zu glauben.<lb/> Manche Religionen, mancher politiſche Bund, haben<lb/> im Verlaufe ſpäterer Entartung ſittenverderbliche<lb/> Grundſätze angenommen; aber eine neue Religion,<lb/> eine neue Gemeinde, wurden nie auf Sittenloſigkeit<lb/> gegründet. Doch einen andern Grundſatz ſprechen<lb/> die Simoniſten deutlich aus: den der <hi rendition="#g">Emancipa¬<lb/> tion der Weiber</hi>. Wollen ſie damit täuſchen,<lb/> <fw place="bottom" type="sig">2*<lb/></fw> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [19/0033]
dern; iſt es ſeiner Natur zuwieder, kann es nichts
Gutes ſeyn. Dieſe Irrlehre der Simoniſten ent¬
ſpringt aus einer andern, zu welcher ſie ſich beken¬
nen, der von einer Gütergemeinſchaft, — eine
Lehre der verderblichſten Art, weil ſie den Menſchen
nicht allein in der bürgerlichen Geſellſchaft, ſondern
auch in ſeinen reinmenſchlichen Verhältniſſen zu
Grunde richtet. Freiheit und Gleichheit beſtehen
darin, daß jeder einzelne Menſch in ſeiner Lebens¬
ſphäre, ſey nun dieſer Kreis ſo eng gezogen als
man wolle, Despot ſeyn darf; nicht aber darin,
daß man alle dieſe Perſönlichkeiten zerſtört, und dar¬
aus einen allgemeinen Menſchenteig knetet, den man
Staat, Kirche, Gemeinde, Volk nennt. Wenn die
Lebensgüter gemeinſchaftlich ſind, wenn das Recht ſich
Alles nehmen darf, was bleibt dann noch dem ſchö¬
nen Vertrauen zu fordern, was der Liebe zu geben
übrig? Man wirft den Simoniſten vor — ob der
Vorwurf gegründet, weiß ich nicht — ſie wollten die
Ehe aufheben. Es fällt mir ſchwer, das zu glauben.
Manche Religionen, mancher politiſche Bund, haben
im Verlaufe ſpäterer Entartung ſittenverderbliche
Grundſätze angenommen; aber eine neue Religion,
eine neue Gemeinde, wurden nie auf Sittenloſigkeit
gegründet. Doch einen andern Grundſatz ſprechen
die Simoniſten deutlich aus: den der Emancipa¬
tion der Weiber. Wollen ſie damit täuſchen,
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