Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

Was bleibt uns? Ein Präsident, der zwar sa¬
gen muß, was wir wollen, es auch gern und mit
Heftigkeit sagt, aber es nicht vertheidigen kann, so
daß er mit dem besten Willen oft das Gegentheil
von dem selbst mit beschließen hilft, was er durch¬
setzen sollte; ein Graf Goltz, der das, was Graf
Buel bejaht, zwar nie verneint, aber zur Verthei¬
digung
der Sache nie auch nur das mindeste beizutragen
vermag; der Herr von Hammerstein, der uns nur
bei seinem ersten Auftritte liberal und also gefährlich
erschien, jetzt aber sich täglich besser zeigt. Er hat
Kenntnisse, Verstand und einen gewissen Geist der
Intrigue, und den Stolz, der über die Kleinen
hinwegsieht; er wird uns, wenn Sie ihn mit dem
Bande, das er uns selbst darreicht, vollends fesseln,
wichtige Dienste leisten können. Der Minister Mar¬
schall
, auf den unter allen Umständen und für
jeden Zweck zu bauen ist; der Freiherr Leonhardi,
der nicht mucksen darf, und die Gesandten der so¬
genannten freien Städte, obwohl auch diese, der
Mehrzahl nach, die Faust in der Tasche machen.

Hieraus folgt, daß, so gute Elemente wir auch
haben, dennoch an der Begründung des Stabilitäts-
Systems, und mithin an Herstellung der Ruhe, nicht
zu denken ist, wenn man nicht die Idealisten zusammt
den Realisten bannen kann. -- Die Bundes-Ver¬
sammlung muß epurirt werden. Darauf müssen
Oesterreich und Preußen vor allen Dingen wirken.

Was bleibt uns? Ein Präſident, der zwar ſa¬
gen muß, was wir wollen, es auch gern und mit
Heftigkeit ſagt, aber es nicht vertheidigen kann, ſo
daß er mit dem beſten Willen oft das Gegentheil
von dem ſelbſt mit beſchließen hilft, was er durch¬
ſetzen ſollte; ein Graf Goltz, der das, was Graf
Buel bejaht, zwar nie verneint, aber zur Verthei¬
digung
der Sache nie auch nur das mindeſte beizutragen
vermag; der Herr von Hammerſtein, der uns nur
bei ſeinem erſten Auftritte liberal und alſo gefährlich
erſchien, jetzt aber ſich täglich beſſer zeigt. Er hat
Kenntniſſe, Verſtand und einen gewiſſen Geiſt der
Intrigue, und den Stolz, der über die Kleinen
hinwegſieht; er wird uns, wenn Sie ihn mit dem
Bande, das er uns ſelbſt darreicht, vollends feſſeln,
wichtige Dienſte leiſten können. Der Miniſter Mar¬
ſchall
, auf den unter allen Umſtänden und für
jeden Zweck zu bauen iſt; der Freiherr Leonhardi,
der nicht muckſen darf, und die Geſandten der ſo¬
genannten freien Städte, obwohl auch dieſe, der
Mehrzahl nach, die Fauſt in der Taſche machen.

Hieraus folgt, daß, ſo gute Elemente wir auch
haben, dennoch an der Begründung des Stabilitäts-
Syſtems, und mithin an Herſtellung der Ruhe, nicht
zu denken iſt, wenn man nicht die Idealiſten zuſammt
den Realiſten bannen kann. — Die Bundes-Ver¬
ſammlung muß epurirt werden. Darauf müſſen
Oeſterreich und Preußen vor allen Dingen wirken.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div>
          <div>
            <pb facs="#f0268" n="254"/>
            <p>Was bleibt uns? Ein Prä&#x017F;ident, der zwar &#x017F;<lb/>
gen muß, was wir wollen, es auch gern und mit<lb/>
Heftigkeit &#x017F;agt, aber es nicht vertheidigen kann, &#x017F;o<lb/>
daß er mit dem be&#x017F;ten Willen oft das Gegentheil<lb/>
von dem &#x017F;elb&#x017F;t mit be&#x017F;chließen hilft, was er durch¬<lb/>
&#x017F;etzen &#x017F;ollte; ein Graf <hi rendition="#g">Goltz</hi>, der das, was Graf<lb/><hi rendition="#g">Buel</hi> bejaht, zwar nie verneint, aber zur <choice><sic>Verthei¬<lb/>
gung</sic><corr>Verthei¬<lb/>
digung</corr></choice> der Sache nie auch nur das minde&#x017F;te beizutragen<lb/>
vermag; der Herr von <hi rendition="#g">Hammer&#x017F;tein</hi>, der uns nur<lb/>
bei &#x017F;einem er&#x017F;ten Auftritte liberal und al&#x017F;o gefährlich<lb/>
er&#x017F;chien, jetzt aber &#x017F;ich täglich be&#x017F;&#x017F;er zeigt. Er hat<lb/>
Kenntni&#x017F;&#x017F;e, Ver&#x017F;tand und einen gewi&#x017F;&#x017F;en Gei&#x017F;t der<lb/>
Intrigue, und den Stolz, der über die Kleinen<lb/>
hinweg&#x017F;ieht; er wird uns, wenn Sie ihn mit dem<lb/>
Bande, das er uns &#x017F;elb&#x017F;t darreicht, vollends fe&#x017F;&#x017F;eln,<lb/>
wichtige Dien&#x017F;te lei&#x017F;ten können. Der Mini&#x017F;ter <hi rendition="#g">Mar¬<lb/>
&#x017F;chall</hi>, auf den unter allen Um&#x017F;tänden und für<lb/>
jeden Zweck zu bauen i&#x017F;t; der Freiherr <hi rendition="#g">Leonhardi</hi>,<lb/>
der nicht muck&#x017F;en darf, und die Ge&#x017F;andten der &#x017F;<lb/>
genannten freien Städte, obwohl auch die&#x017F;e, der<lb/>
Mehrzahl nach, die Fau&#x017F;t in der Ta&#x017F;che machen.</p><lb/>
            <p>Hieraus folgt, daß, &#x017F;o gute Elemente wir auch<lb/>
haben, dennoch an der Begründung des Stabilitäts-<lb/>
Sy&#x017F;tems, und mithin an Her&#x017F;tellung der Ruhe, nicht<lb/>
zu denken i&#x017F;t, wenn man nicht die Ideali&#x017F;ten zu&#x017F;ammt<lb/>
den Reali&#x017F;ten bannen kann. &#x2014; Die Bundes-Ver¬<lb/>
&#x017F;ammlung muß epurirt werden. Darauf mü&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Oe&#x017F;terreich und Preußen vor allen Dingen wirken.<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[254/0268] Was bleibt uns? Ein Präſident, der zwar ſa¬ gen muß, was wir wollen, es auch gern und mit Heftigkeit ſagt, aber es nicht vertheidigen kann, ſo daß er mit dem beſten Willen oft das Gegentheil von dem ſelbſt mit beſchließen hilft, was er durch¬ ſetzen ſollte; ein Graf Goltz, der das, was Graf Buel bejaht, zwar nie verneint, aber zur Verthei¬ digung der Sache nie auch nur das mindeſte beizutragen vermag; der Herr von Hammerſtein, der uns nur bei ſeinem erſten Auftritte liberal und alſo gefährlich erſchien, jetzt aber ſich täglich beſſer zeigt. Er hat Kenntniſſe, Verſtand und einen gewiſſen Geiſt der Intrigue, und den Stolz, der über die Kleinen hinwegſieht; er wird uns, wenn Sie ihn mit dem Bande, das er uns ſelbſt darreicht, vollends feſſeln, wichtige Dienſte leiſten können. Der Miniſter Mar¬ ſchall, auf den unter allen Umſtänden und für jeden Zweck zu bauen iſt; der Freiherr Leonhardi, der nicht muckſen darf, und die Geſandten der ſo¬ genannten freien Städte, obwohl auch dieſe, der Mehrzahl nach, die Fauſt in der Taſche machen. Hieraus folgt, daß, ſo gute Elemente wir auch haben, dennoch an der Begründung des Stabilitäts- Syſtems, und mithin an Herſtellung der Ruhe, nicht zu denken iſt, wenn man nicht die Idealiſten zuſammt den Realiſten bannen kann. — Die Bundes-Ver¬ ſammlung muß epurirt werden. Darauf müſſen Oeſterreich und Preußen vor allen Dingen wirken.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/268
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 4. Offenbach, 1833, S. 254. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris04_1833/268>, abgerufen am 28.11.2024.