such ihres Mannes, der schon alle Anstalten zu seiner Abreise hat treffen lassen, und sie zum Abschied noch einmal sehen wollte. Es ist eine dumpfe Scene, wobei einem wehe wird. Der Baron liebt Amalie, aber hier war keine Rettung für sein Herz; es mußte entsagen. Die Gräfin erklärt: es werde ihren eigenen, es werde den Schmerz, den, wie sie hoffe, er selbst empfinde, mildern, wenn sie ihm die Ueberzeugung gebe und er sie mitnehmen kön¬ ne, daß sie seiner Achtung nie unwürdig war. Sie wolle ihm darum ihre unglückliche Ge¬ schichte erzählen. Achtung! Der Baron macht ein Gesicht wie ein Schaaf. Er bittet sie, um Gottes willen zu schweigen; er wolle nichts hören; er liebe sie, und es wäre ihm zu schmerzlich, erfahren zu müssen, daß früher als er, schon ein Anderer ihre Liebe besaß. Die Gräfin erwiedert mit leidenschaftlicher Heftigkeit: Liebe? ich geliebt? Jamais! Der arme Baron
ſuch ihres Mannes, der ſchon alle Anſtalten zu ſeiner Abreiſe hat treffen laſſen, und ſie zum Abſchied noch einmal ſehen wollte. Es iſt eine dumpfe Scene, wobei einem wehe wird. Der Baron liebt Amalie, aber hier war keine Rettung fuͤr ſein Herz; es mußte entſagen. Die Graͤfin erklaͤrt: es werde ihren eigenen, es werde den Schmerz, den, wie ſie hoffe, er ſelbſt empfinde, mildern, wenn ſie ihm die Ueberzeugung gebe und er ſie mitnehmen koͤn¬ ne, daß ſie ſeiner Achtung nie unwuͤrdig war. Sie wolle ihm darum ihre ungluͤckliche Ge¬ ſchichte erzaͤhlen. Achtung! Der Baron macht ein Geſicht wie ein Schaaf. Er bittet ſie, um Gottes willen zu ſchweigen; er wolle nichts hoͤren; er liebe ſie, und es waͤre ihm zu ſchmerzlich, erfahren zu muͤſſen, daß fruͤher als er, ſchon ein Anderer ihre Liebe beſaß. Die Graͤfin erwiedert mit leidenſchaftlicher Heftigkeit: Liebe? ich geliebt? Jamais! Der arme Baron
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ſuch ihres Mannes, der ſchon alle Anſtalten
zu ſeiner Abreiſe hat treffen laſſen, und ſie
zum Abſchied noch einmal ſehen wollte. Es
iſt eine dumpfe Scene, wobei einem wehe
wird. Der Baron liebt Amalie, aber hier
war keine Rettung fuͤr ſein Herz; es mußte
entſagen. Die Graͤfin erklaͤrt: es werde ihren
eigenen, es werde den Schmerz, den, wie ſie
hoffe, er ſelbſt empfinde, mildern, wenn ſie ihm
die Ueberzeugung gebe und er ſie mitnehmen koͤn¬
ne, daß ſie ſeiner Achtung nie unwuͤrdig war.
Sie wolle ihm darum ihre ungluͤckliche Ge¬
ſchichte erzaͤhlen. Achtung! Der Baron macht
ein Geſicht wie ein Schaaf. Er bittet ſie,
um Gottes willen zu ſchweigen; er wolle nichts
hoͤren; er liebe ſie, und es waͤre ihm zu
ſchmerzlich, erfahren zu muͤſſen, daß fruͤher als
er, ſchon ein Anderer ihre Liebe beſaß. Die
Graͤfin erwiedert mit leidenſchaftlicher Heftigkeit:
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/315>, abgerufen am 24.11.2024.
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