Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

wird, werde ich den Saal räumen lassen ...
Darauf ziehen sich die deutschen Geschwornen in
ihr Zimmer zurück. Nach zehn Monaten, elf
Tagen, zwölf Stunden und dreizehn Minuten,
treten sie wieder in den Saal, und erklären den
Angeklagten für nicht schuldig. Todesstille.
Die Geschwornen sehen sich um, und werden
bleich. Während ihrer Berathschlagung waren
Angeschuldigte, Richter, der Prokurator des Kö¬
nigs, der Vertheidiger, sämmtliche Advokaten
und Zuhörer alle Hungers gestorben, und schon
in Fäulniß übergegangen. Diese traurige Ge¬
schichte hatte in Deutschland großes Aufsehen
gemacht, und Herr von Kamptz in Berlin be¬
nutzte sie geschickt, und ließ in Jarke's antire¬
volutionairem Tendenzblättchen einen Aufsatz dru¬
cken, worin er aus der neuesten Erfahrung be¬
wies, daß ein Schwurgericht für Deutschland
gar nicht passe.

wird, werde ich den Saal raͤumen laſſen ...
Darauf ziehen ſich die deutſchen Geſchwornen in
ihr Zimmer zuruͤck. Nach zehn Monaten, elf
Tagen, zwoͤlf Stunden und dreizehn Minuten,
treten ſie wieder in den Saal, und erklaͤren den
Angeklagten fuͤr nicht ſchuldig. Todesſtille.
Die Geſchwornen ſehen ſich um, und werden
bleich. Waͤhrend ihrer Berathſchlagung waren
Angeſchuldigte, Richter, der Prokurator des Koͤ¬
nigs, der Vertheidiger, ſaͤmmtliche Advokaten
und Zuhoͤrer alle Hungers geſtorben, und ſchon
in Faͤulniß uͤbergegangen. Dieſe traurige Ge¬
ſchichte hatte in Deutſchland großes Aufſehen
gemacht, und Herr von Kamptz in Berlin be¬
nutzte ſie geſchickt, und ließ in Jarke's antire¬
volutionairem Tendenzblaͤttchen einen Aufſatz dru¬
cken, worin er aus der neueſten Erfahrung be¬
wies, daß ein Schwurgericht fuͤr Deutſchland
gar nicht paſſe.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0281" n="267"/>
wird, werde ich den Saal ra&#x0364;umen la&#x017F;&#x017F;en ...<lb/>
Darauf ziehen &#x017F;ich die deut&#x017F;chen Ge&#x017F;chwornen in<lb/>
ihr Zimmer zuru&#x0364;ck. Nach zehn Monaten, elf<lb/>
Tagen, zwo&#x0364;lf Stunden und dreizehn Minuten,<lb/>
treten &#x017F;ie wieder in den Saal, und erkla&#x0364;ren den<lb/>
Angeklagten fu&#x0364;r <hi rendition="#g">nicht &#x017F;chuldig</hi>. Todes&#x017F;tille.<lb/>
Die Ge&#x017F;chwornen &#x017F;ehen &#x017F;ich um, und werden<lb/>
bleich. Wa&#x0364;hrend ihrer Berath&#x017F;chlagung waren<lb/>
Ange&#x017F;chuldigte, Richter, der Prokurator des Ko&#x0364;¬<lb/>
nigs, der Vertheidiger, &#x017F;a&#x0364;mmtliche Advokaten<lb/>
und Zuho&#x0364;rer alle Hungers ge&#x017F;torben, und &#x017F;chon<lb/>
in Fa&#x0364;ulniß u&#x0364;bergegangen. Die&#x017F;e traurige Ge¬<lb/>
&#x017F;chichte hatte in Deut&#x017F;chland großes Auf&#x017F;ehen<lb/>
gemacht, und Herr von Kamptz in Berlin be¬<lb/>
nutzte &#x017F;ie ge&#x017F;chickt, und ließ in Jarke's antire¬<lb/>
volutionairem Tendenzbla&#x0364;ttchen einen Auf&#x017F;atz dru¬<lb/>
cken, worin er aus der neue&#x017F;ten Erfahrung be¬<lb/>
wies, daß ein Schwurgericht fu&#x0364;r Deut&#x017F;chland<lb/>
gar nicht pa&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0281] wird, werde ich den Saal raͤumen laſſen ... Darauf ziehen ſich die deutſchen Geſchwornen in ihr Zimmer zuruͤck. Nach zehn Monaten, elf Tagen, zwoͤlf Stunden und dreizehn Minuten, treten ſie wieder in den Saal, und erklaͤren den Angeklagten fuͤr nicht ſchuldig. Todesſtille. Die Geſchwornen ſehen ſich um, und werden bleich. Waͤhrend ihrer Berathſchlagung waren Angeſchuldigte, Richter, der Prokurator des Koͤ¬ nigs, der Vertheidiger, ſaͤmmtliche Advokaten und Zuhoͤrer alle Hungers geſtorben, und ſchon in Faͤulniß uͤbergegangen. Dieſe traurige Ge¬ ſchichte hatte in Deutſchland großes Aufſehen gemacht, und Herr von Kamptz in Berlin be¬ nutzte ſie geſchickt, und ließ in Jarke's antire¬ volutionairem Tendenzblaͤttchen einen Aufſatz dru¬ cken, worin er aus der neueſten Erfahrung be¬ wies, daß ein Schwurgericht fuͤr Deutſchland gar nicht paſſe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/281
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/281>, abgerufen am 22.11.2024.