Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

Bild:
<< vorherige Seite

"ecrivain courageux" und hebt es heraus,
daß ich gesagt: besser einen Don Miguel zum
Herrn haben, als einen mild väterlichen deut¬
schen Fürsten. Der Artikel aus der Börsenhalle
geht nach und nach in alle ministerielle und ari¬
stokratische Blätter über. Gestern las ich ihn
in der Zeitung von Bern, -- ein Kirchhof, wo
der Hochmuth von fünf Jahrhunderten begra¬
ben liegt, und wo in dieser unserer Mitternacht
alle Geister der alten Raubritter herumwandeln
und heulen, daß einem die Haare zu Berge
stehen. Ihr tapfern Ritter, Ihr Hofleute in
eurer Narrenjacke, erhabene Säulen des Throns,
treue Schildträger der Fürsten, brave Dämme
gegen das wildbrausende Volk -- wo seyd Ihr
denn? Junker, Legationsräthe, Kammerherrn,
tretet heraus, tretet hervor, erhebet euch. Hö¬
ret, wie ein niedriger Knecht euch verhöhnt,
euch trotzt!.. Sie sind stumm, und fände sich
nicht zuweilen ein Ochse von Bürger, der ihnen

„écrivain courageux“ und hebt es heraus,
daß ich geſagt: beſſer einen Don Miguel zum
Herrn haben, als einen mild vaͤterlichen deut¬
ſchen Fuͤrſten. Der Artikel aus der Boͤrſenhalle
geht nach und nach in alle miniſterielle und ari¬
ſtokratiſche Blaͤtter uͤber. Geſtern las ich ihn
in der Zeitung von Bern, — ein Kirchhof, wo
der Hochmuth von fuͤnf Jahrhunderten begra¬
ben liegt, und wo in dieſer unſerer Mitternacht
alle Geiſter der alten Raubritter herumwandeln
und heulen, daß einem die Haare zu Berge
ſtehen. Ihr tapfern Ritter, Ihr Hofleute in
eurer Narrenjacke, erhabene Saͤulen des Throns,
treue Schildtraͤger der Fuͤrſten, brave Daͤmme
gegen das wildbrauſende Volk — wo ſeyd Ihr
denn? Junker, Legationsraͤthe, Kammerherrn,
tretet heraus, tretet hervor, erhebet euch. Hoͤ¬
ret, wie ein niedriger Knecht euch verhoͤhnt,
euch trotzt!.. Sie ſind ſtumm, und faͤnde ſich
nicht zuweilen ein Ochſe von Buͤrger, der ihnen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0264" n="250"/><hi rendition="#aq">&#x201E;écrivain courageux&#x201C;</hi> und hebt es heraus,<lb/>
daß ich ge&#x017F;agt: be&#x017F;&#x017F;er einen Don Miguel zum<lb/>
Herrn haben, als einen mild va&#x0364;terlichen deut¬<lb/>
&#x017F;chen Fu&#x0364;r&#x017F;ten. Der Artikel aus der Bo&#x0364;r&#x017F;enhalle<lb/>
geht nach und nach in alle mini&#x017F;terielle und ari¬<lb/>
&#x017F;tokrati&#x017F;che Bla&#x0364;tter u&#x0364;ber. Ge&#x017F;tern las ich ihn<lb/>
in der Zeitung von Bern, &#x2014; ein Kirchhof, wo<lb/>
der Hochmuth von fu&#x0364;nf Jahrhunderten begra¬<lb/>
ben liegt, und wo in die&#x017F;er un&#x017F;erer Mitternacht<lb/>
alle Gei&#x017F;ter der alten Raubritter herumwandeln<lb/>
und heulen, daß einem die Haare zu Berge<lb/>
&#x017F;tehen. Ihr tapfern Ritter, Ihr Hofleute in<lb/>
eurer Narrenjacke, erhabene Sa&#x0364;ulen des Throns,<lb/>
treue Schildtra&#x0364;ger der Fu&#x0364;r&#x017F;ten, brave Da&#x0364;mme<lb/>
gegen das wildbrau&#x017F;ende Volk &#x2014; wo &#x017F;eyd Ihr<lb/>
denn? Junker, Legationsra&#x0364;the, Kammerherrn,<lb/>
tretet heraus, tretet hervor, erhebet euch. Ho&#x0364;¬<lb/>
ret, wie ein niedriger Knecht euch verho&#x0364;hnt,<lb/>
euch trotzt!.. Sie &#x017F;ind &#x017F;tumm, und fa&#x0364;nde &#x017F;ich<lb/>
nicht zuweilen ein Och&#x017F;e von Bu&#x0364;rger, der ihnen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[250/0264] „écrivain courageux“ und hebt es heraus, daß ich geſagt: beſſer einen Don Miguel zum Herrn haben, als einen mild vaͤterlichen deut¬ ſchen Fuͤrſten. Der Artikel aus der Boͤrſenhalle geht nach und nach in alle miniſterielle und ari¬ ſtokratiſche Blaͤtter uͤber. Geſtern las ich ihn in der Zeitung von Bern, — ein Kirchhof, wo der Hochmuth von fuͤnf Jahrhunderten begra¬ ben liegt, und wo in dieſer unſerer Mitternacht alle Geiſter der alten Raubritter herumwandeln und heulen, daß einem die Haare zu Berge ſtehen. Ihr tapfern Ritter, Ihr Hofleute in eurer Narrenjacke, erhabene Saͤulen des Throns, treue Schildtraͤger der Fuͤrſten, brave Daͤmme gegen das wildbrauſende Volk — wo ſeyd Ihr denn? Junker, Legationsraͤthe, Kammerherrn, tretet heraus, tretet hervor, erhebet euch. Hoͤ¬ ret, wie ein niedriger Knecht euch verhoͤhnt, euch trotzt!.. Sie ſind ſtumm, und faͤnde ſich nicht zuweilen ein Ochſe von Buͤrger, der ihnen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/264
Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/264>, abgerufen am 22.11.2024.