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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833.

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freundlich zeigen solle. Misverstanden kann
man das in Frankfurt nicht haben, und wenn
man mich doch getadelt, so war es gewiß aus
jener alten engherzigen Philisterei geschehen,
deren ganze Weisheit darin besteht, nichts
Unangenehmes aufzurühren, sondern den
ungesunden Schlamm sich anhäufen zu lassen,
lieber als daß man ihn wegführe, und die
Nasen der Nachbarn dadurch belästige.

Die Geschichte mit der Gräfin *** werde
ich in keine Zeitung bringen lassen. Das hätte
Sie nicht nöthig gehabt mir zu untersagen. Ich
werde nie gegen einzelne Menschen als öffentlicher
Ankläger auftreten, auch nicht wenn ich sie für
schuldig halte. Was nicht Volksmassen sind, oder
Menschen, die ganze Massen und allgemeine In¬
tressen repräsentiren, liegt ganz außer meinem Wir¬
kungskreise, denn es liegt außer meiner Pflicht.

Der *** ist nur das Mundstück einer di¬
plomatischen Trompete, das gar nicht weiß, was

freundlich zeigen ſolle. Misverſtanden kann
man das in Frankfurt nicht haben, und wenn
man mich doch getadelt, ſo war es gewiß aus
jener alten engherzigen Philiſterei geſchehen,
deren ganze Weisheit darin beſteht, nichts
Unangenehmes aufzuruͤhren, ſondern den
ungeſunden Schlamm ſich anhaͤufen zu laſſen,
lieber als daß man ihn wegfuͤhre, und die
Naſen der Nachbarn dadurch belaͤſtige.

Die Geſchichte mit der Graͤfin *** werde
ich in keine Zeitung bringen laſſen. Das haͤtte
Sie nicht noͤthig gehabt mir zu unterſagen. Ich
werde nie gegen einzelne Menſchen als oͤffentlicher
Anklaͤger auftreten, auch nicht wenn ich ſie fuͤr
ſchuldig halte. Was nicht Volksmaſſen ſind, oder
Menſchen, die ganze Maſſen und allgemeine In¬
treſſen repraͤſentiren, liegt ganz außer meinem Wir¬
kungskreiſe, denn es liegt außer meiner Pflicht.

Der *** iſt nur das Mundſtuͤck einer di¬
plomatiſchen Trompete, das gar nicht weiß, was

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[240/0254] freundlich zeigen ſolle. Misverſtanden kann man das in Frankfurt nicht haben, und wenn man mich doch getadelt, ſo war es gewiß aus jener alten engherzigen Philiſterei geſchehen, deren ganze Weisheit darin beſteht, nichts Unangenehmes aufzuruͤhren, ſondern den ungeſunden Schlamm ſich anhaͤufen zu laſſen, lieber als daß man ihn wegfuͤhre, und die Naſen der Nachbarn dadurch belaͤſtige. Die Geſchichte mit der Graͤfin *** werde ich in keine Zeitung bringen laſſen. Das haͤtte Sie nicht noͤthig gehabt mir zu unterſagen. Ich werde nie gegen einzelne Menſchen als oͤffentlicher Anklaͤger auftreten, auch nicht wenn ich ſie fuͤr ſchuldig halte. Was nicht Volksmaſſen ſind, oder Menſchen, die ganze Maſſen und allgemeine In¬ treſſen repraͤſentiren, liegt ganz außer meinem Wir¬ kungskreiſe, denn es liegt außer meiner Pflicht. Der *** iſt nur das Mundſtuͤck einer di¬ plomatiſchen Trompete, das gar nicht weiß, was

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/254>, abgerufen am 05.05.2024.