fen meine frühere Mäßigung nicht finden; aber sie thun sich selbst unrecht, daß sie sie suchten. Die Zeiten der Theorien sind vorüber, die Zeit der Praxis ist gekommen. Ich will nicht schrei¬ ben mehr, ich will kämpfen. Hätte ich Gele¬ genheit und Jugendkraft, würde ich den Feind im Felde suchen; da mir aber beide fehlen, schärfe ich meine Feder, sie so viel als mög¬ lich einem Schwerte gleich zu machen. Und ich werde sie führen, bis man sie mir aus der Hand schlägt, bis man mir die Faust abhaut, die mit der Feder unzertrennlich ver¬ bunden ist. Die Mäßigung ist jetzt noch in meiner Gesinnung, wie sie es früher war; aber sie soll nicht mehr in meinen Worten er¬ scheinen. Damals, als ich so ruhig schrieb, stürmte es gerade am heftigsten in mir; weil ich [n]och nicht wußte was ich wollte, ging ich langsam und sprach bedächtig. Jetzt aber, da mir klar geworden, was sie wollen, weiß
11*
fen meine fruͤhere Maͤßigung nicht finden; aber ſie thun ſich ſelbſt unrecht, daß ſie ſie ſuchten. Die Zeiten der Theorien ſind voruͤber, die Zeit der Praxis iſt gekommen. Ich will nicht ſchrei¬ ben mehr, ich will kaͤmpfen. Haͤtte ich Gele¬ genheit und Jugendkraft, wuͤrde ich den Feind im Felde ſuchen; da mir aber beide fehlen, ſchaͤrfe ich meine Feder, ſie ſo viel als moͤg¬ lich einem Schwerte gleich zu machen. Und ich werde ſie fuͤhren, bis man ſie mir aus der Hand ſchlaͤgt, bis man mir die Fauſt abhaut, die mit der Feder unzertrennlich ver¬ bunden iſt. Die Maͤßigung iſt jetzt noch in meiner Geſinnung, wie ſie es fruͤher war; aber ſie ſoll nicht mehr in meinen Worten er¬ ſcheinen. Damals, als ich ſo ruhig ſchrieb, ſtuͤrmte es gerade am heftigſten in mir; weil ich [n]och nicht wußte was ich wollte, ging ich langſam und ſprach bedaͤchtig. Jetzt aber, da mir klar geworden, was ſie wollen, weiß
11*
<TEI><text><body><divn="1"><div><p><pbfacs="#f0183"n="169"/>
fen meine fruͤhere Maͤßigung nicht finden; aber<lb/>ſie thun ſich ſelbſt unrecht, daß ſie ſie ſuchten.<lb/>
Die Zeiten der Theorien ſind voruͤber, die Zeit<lb/>
der Praxis iſt gekommen. Ich will nicht ſchrei¬<lb/>
ben mehr, ich will kaͤmpfen. Haͤtte ich Gele¬<lb/>
genheit und Jugendkraft, wuͤrde ich den Feind<lb/>
im Felde ſuchen; da mir aber beide fehlen,<lb/>ſchaͤrfe ich meine Feder, ſie ſo viel als moͤg¬<lb/>
lich einem Schwerte gleich zu machen. Und<lb/>
ich werde ſie fuͤhren, bis man ſie mir aus<lb/>
der Hand ſchlaͤgt, bis man mir die Fauſt<lb/>
abhaut, die mit der Feder unzertrennlich ver¬<lb/>
bunden iſt. Die Maͤßigung iſt jetzt noch in<lb/>
meiner Geſinnung, wie ſie es fruͤher war;<lb/>
aber ſie ſoll nicht mehr in meinen Worten er¬<lb/>ſcheinen. Damals, als ich ſo ruhig ſchrieb,<lb/>ſtuͤrmte es gerade am heftigſten in mir; weil<lb/>
ich <supplied>n</supplied>och nicht wußte was ich wollte, ging ich<lb/>
langſam und ſprach bedaͤchtig. Jetzt aber,<lb/>
da mir klar geworden, was <hirendition="#g">ſie</hi> wollen, weiß<lb/><fwplace="bottom"type="sig">11<hirendition="#sup">*</hi><lb/></fw></p></div></div></body></text></TEI>
[169/0183]
fen meine fruͤhere Maͤßigung nicht finden; aber
ſie thun ſich ſelbſt unrecht, daß ſie ſie ſuchten.
Die Zeiten der Theorien ſind voruͤber, die Zeit
der Praxis iſt gekommen. Ich will nicht ſchrei¬
ben mehr, ich will kaͤmpfen. Haͤtte ich Gele¬
genheit und Jugendkraft, wuͤrde ich den Feind
im Felde ſuchen; da mir aber beide fehlen,
ſchaͤrfe ich meine Feder, ſie ſo viel als moͤg¬
lich einem Schwerte gleich zu machen. Und
ich werde ſie fuͤhren, bis man ſie mir aus
der Hand ſchlaͤgt, bis man mir die Fauſt
abhaut, die mit der Feder unzertrennlich ver¬
bunden iſt. Die Maͤßigung iſt jetzt noch in
meiner Geſinnung, wie ſie es fruͤher war;
aber ſie ſoll nicht mehr in meinen Worten er¬
ſcheinen. Damals, als ich ſo ruhig ſchrieb,
ſtuͤrmte es gerade am heftigſten in mir; weil
ich noch nicht wußte was ich wollte, ging ich
langſam und ſprach bedaͤchtig. Jetzt aber,
da mir klar geworden, was ſie wollen, weiß
11*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 3. Paris, 1833, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris03_1833/183>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.