Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.Schmutz zu bedecken, um sich einen Schein von ab¬ Von Napoleons Krönung weg, ging ich zu einem Schmutz zu bedecken, um ſich einen Schein von ab¬ Von Napoleons Krönung weg, ging ich zu einem <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0110" n="96"/> Schmutz zu bedecken, um ſich einen Schein von <choice><sic>ab¬<lb/> genutzem</sic><corr>ab¬<lb/> genutztem</corr></choice> Alter zu geben! Er hat die Freiheit um<lb/> ihre ſchönſten Jahre gebracht, er hat ſie um ihre<lb/> Jugend betrogen, und jetzt muß ſie mit grauen<lb/> Haaren noch auf der Schulbank ſitzen, und erſt ler¬<lb/> nen, was ſie längſt könnte vergeſſen haben. Ehe ich<lb/> ging, lachte ich ihm noch einmal freundlich zu. Für<lb/> die Dummheit, die du Andere begehen machteſt, will<lb/> ich dir deine eigne verzeihen. Du warſt der ſtarke<lb/> eiſerne Reif, der die Faßdauben der Welt zuſammen<lb/> gehalten. Und die Narren-Fürſten haben dich zer¬<lb/> ſchlagen, und gleich hat der gährende Wein das Faß<lb/> aus einander geſprengt, und ſchweres Holz iſt an<lb/> hohle Schädel gefahren! Das war ſchön.</p><lb/> <p>Von Napoleons Krönung weg, ging ich zu einem<lb/> andern Schauſpiel, das meinem Herzen wohler that.<lb/> Ich beſuchte den edlen <hi rendition="#g">Medor</hi>. Wenn man auf<lb/> dieſer Erde die Tugend mit Würden belohnte, dann<lb/> wäre Medor der Kaiſer der Hunde. Vernehmen Sie<lb/> ſeine Geſchichte. Nach der Beſtürmung des Louvres<lb/> im Juli begrub man auf dem freien Platze vor dem<lb/> Pallaſte, auf der Seite, wo die herrlichen Säulen<lb/> ſtehen, die in der Schlacht gebliebenen Bürger. Als<lb/> man die Leichen auf Karren legte, um ſie zu Grabe<lb/> zu führen, ſprang ein Hund mit herzzerreißendem<lb/> Jammer auf einen der Wagen, und von dort in die<lb/> große Gr<supplied>u</supplied>be, in die man die Todten warf. Nur<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0110]
Schmutz zu bedecken, um ſich einen Schein von ab¬
genutztem Alter zu geben! Er hat die Freiheit um
ihre ſchönſten Jahre gebracht, er hat ſie um ihre
Jugend betrogen, und jetzt muß ſie mit grauen
Haaren noch auf der Schulbank ſitzen, und erſt ler¬
nen, was ſie längſt könnte vergeſſen haben. Ehe ich
ging, lachte ich ihm noch einmal freundlich zu. Für
die Dummheit, die du Andere begehen machteſt, will
ich dir deine eigne verzeihen. Du warſt der ſtarke
eiſerne Reif, der die Faßdauben der Welt zuſammen
gehalten. Und die Narren-Fürſten haben dich zer¬
ſchlagen, und gleich hat der gährende Wein das Faß
aus einander geſprengt, und ſchweres Holz iſt an
hohle Schädel gefahren! Das war ſchön.
Von Napoleons Krönung weg, ging ich zu einem
andern Schauſpiel, das meinem Herzen wohler that.
Ich beſuchte den edlen Medor. Wenn man auf
dieſer Erde die Tugend mit Würden belohnte, dann
wäre Medor der Kaiſer der Hunde. Vernehmen Sie
ſeine Geſchichte. Nach der Beſtürmung des Louvres
im Juli begrub man auf dem freien Platze vor dem
Pallaſte, auf der Seite, wo die herrlichen Säulen
ſtehen, die in der Schlacht gebliebenen Bürger. Als
man die Leichen auf Karren legte, um ſie zu Grabe
zu führen, ſprang ein Hund mit herzzerreißendem
Jammer auf einen der Wagen, und von dort in die
große Grube, in die man die Todten warf. Nur
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