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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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der Kanzler Maupeou, der päpstliche Nunzius, der
Marschall von Mirepoix und endlich der Schwager
der Dubarry, Graf Jean, selbst am Versailler Hof
ein ausgezeichneter Taugenichts. Ich kenne aus un¬
zähligen Memoiren alle diese Menschen so genau, als
wäre ich mit ihnen umgegangen. Und jetzt kommen
die treu nachgeahmten Kleider, Gesichter, Manieren
und Gebräuche dazu. Das macht die Vorstellung
sehr interessant. Der Kanzler Maupeou nennt die
Dubarry Cousine und zieht ihr bei der Toilette
die Pantoffeln an, der päpstliche Nunzius reicht ihr
seine heilige Schulter, sich daran aufzurichten und
der Marschal Richelieu jammert, daß ihm sein Alter
verbiete, an diesem Kampfe der Galanterie Theil zu
nehmen. Aber ein Spitzbube ist er noch voller Ju¬
gendkraft. Er hat ein junges, schönes und undschul¬
diges Mädchen aufgefangen und sie nach dem Parc
aux cerfs
gebracht, mit dem Plane, durch die neue
Schönheit die Dubarry zu stürzen. Die junge Un¬
schuld ist ganz vergnügt, denn sie meint, sie wäre in
einer Erziehungsanstalt. Dort wimmelt es von jun¬
gen Mädchen, immer eine schöner, eine geputzter,
eine gefälliger als die andere. Als die junge Un¬
schuld ankommt, singt der Mädchenchor ein Lied nach
der Melodie des Brautlieds im Freischütz: "wir
flechten dir den Jungfernkranz, mit veilchenblauer
Seide." Ist das nicht köstlich? Aber man denke

der Kanzler Maupeou, der päpſtliche Nunzius, der
Marſchall von Mirepoix und endlich der Schwager
der Dubarry, Graf Jean, ſelbſt am Verſailler Hof
ein ausgezeichneter Taugenichts. Ich kenne aus un¬
zähligen Memoiren alle dieſe Menſchen ſo genau, als
wäre ich mit ihnen umgegangen. Und jetzt kommen
die treu nachgeahmten Kleider, Geſichter, Manieren
und Gebräuche dazu. Das macht die Vorſtellung
ſehr intereſſant. Der Kanzler Maupeou nennt die
Dubarry Couſine und zieht ihr bei der Toilette
die Pantoffeln an, der päpſtliche Nunzius reicht ihr
ſeine heilige Schulter, ſich daran aufzurichten und
der Marſchal Richelieu jammert, daß ihm ſein Alter
verbiete, an dieſem Kampfe der Galanterie Theil zu
nehmen. Aber ein Spitzbube iſt er noch voller Ju¬
gendkraft. Er hat ein junges, ſchönes und undſchul¬
diges Mädchen aufgefangen und ſie nach dem Parc
aux cerfs
gebracht, mit dem Plane, durch die neue
Schönheit die Dubarry zu ſtürzen. Die junge Un¬
ſchuld iſt ganz vergnügt, denn ſie meint, ſie wäre in
einer Erziehungsanſtalt. Dort wimmelt es von jun¬
gen Mädchen, immer eine ſchöner, eine geputzter,
eine gefälliger als die andere. Als die junge Un¬
ſchuld ankommt, ſingt der Mädchenchor ein Lied nach
der Melodie des Brautlieds im Freiſchütz: „wir
flechten dir den Jungfernkranz, mit veilchenblauer
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[187/0201] der Kanzler Maupeou, der päpſtliche Nunzius, der Marſchall von Mirepoix und endlich der Schwager der Dubarry, Graf Jean, ſelbſt am Verſailler Hof ein ausgezeichneter Taugenichts. Ich kenne aus un¬ zähligen Memoiren alle dieſe Menſchen ſo genau, als wäre ich mit ihnen umgegangen. Und jetzt kommen die treu nachgeahmten Kleider, Geſichter, Manieren und Gebräuche dazu. Das macht die Vorſtellung ſehr intereſſant. Der Kanzler Maupeou nennt die Dubarry Couſine und zieht ihr bei der Toilette die Pantoffeln an, der päpſtliche Nunzius reicht ihr ſeine heilige Schulter, ſich daran aufzurichten und der Marſchal Richelieu jammert, daß ihm ſein Alter verbiete, an dieſem Kampfe der Galanterie Theil zu nehmen. Aber ein Spitzbube iſt er noch voller Ju¬ gendkraft. Er hat ein junges, ſchönes und undſchul¬ diges Mädchen aufgefangen und ſie nach dem Parc aux cerfs gebracht, mit dem Plane, durch die neue Schönheit die Dubarry zu ſtürzen. Die junge Un¬ ſchuld iſt ganz vergnügt, denn ſie meint, ſie wäre in einer Erziehungsanſtalt. Dort wimmelt es von jun¬ gen Mädchen, immer eine ſchöner, eine geputzter, eine gefälliger als die andere. Als die junge Un¬ ſchuld ankommt, ſingt der Mädchenchor ein Lied nach der Melodie des Brautlieds im Freiſchütz: „wir flechten dir den Jungfernkranz, mit veilchenblauer Seide.“ Iſt das nicht köſtlich? Aber man denke

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/201>, abgerufen am 28.11.2024.