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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832.

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Beine sind mir noch steif davon. Erst wird man
müde vom Gehen, dann wird man müde vom Ste¬
hen, dann wird man müde vom Sitzen. Aber ein¬
schlafen thut man doch nicht. Es ist eben die liebe
Natur, die man nimmt, wie sie sich gibt; von der
Kunst aber verlangt man mit Recht, sie solle schön
und gefällig seyn. Ein lebendiger Esel ist mir lieber
als ein todter Löwe, eine gebratene Kartoffel lieber
als eine unreife Ananas, ein munterer Taugenichts
lieber als ein schläfriger Hofrath -- und was ich
Ihnen sonst noch sagen könnte, um zu entschuldigen,
daß mir das Pariser Theater besser gefällt als das
Berliner, worüber sich Herr von Raumer, wie ich
hoffe, ärgern wird, wenn er es erfährt. Aber gott¬
loses Zeug; gräulich gottlos! Und wenn man ins
Theater kommt mit Jehova, Christus und Mahomet,
und mit dem ganzen Olymp, und mit allen Heiligen
im Herzen, gehet man hinaus, ist keiner mehr da,
Alle weggelacht, und ich glaube die Gottheiten und
Götter, sie lachen im Stillen selbst mit. Sie wissen,
wie ich über Religion gesinnt bin. Ich denke: wer
so unglücklich ist an keinem Gott zu glauben, ist nicht
ganz unglücklich, so lange er noch an den Teufel
glaubt, und wer an keinen Teufel glaubt, wäre noch
unglücklicher, wenn er an keine Pfaffen glaubte.
Nur glauben! Was ist selbst der glücklichste Mensch
ohne Glauben? Eine schöne Blume in einem Glase

Beine ſind mir noch ſteif davon. Erſt wird man
müde vom Gehen, dann wird man müde vom Ste¬
hen, dann wird man müde vom Sitzen. Aber ein¬
ſchlafen thut man doch nicht. Es iſt eben die liebe
Natur, die man nimmt, wie ſie ſich gibt; von der
Kunſt aber verlangt man mit Recht, ſie ſolle ſchön
und gefällig ſeyn. Ein lebendiger Eſel iſt mir lieber
als ein todter Löwe, eine gebratene Kartoffel lieber
als eine unreife Ananas, ein munterer Taugenichts
lieber als ein ſchläfriger Hofrath — und was ich
Ihnen ſonſt noch ſagen könnte, um zu entſchuldigen,
daß mir das Pariſer Theater beſſer gefällt als das
Berliner, worüber ſich Herr von Raumer, wie ich
hoffe, ärgern wird, wenn er es erfährt. Aber gott¬
loſes Zeug; gräulich gottlos! Und wenn man ins
Theater kommt mit Jehova, Chriſtus und Mahomet,
und mit dem ganzen Olymp, und mit allen Heiligen
im Herzen, gehet man hinaus, iſt keiner mehr da,
Alle weggelacht, und ich glaube die Gottheiten und
Götter, ſie lachen im Stillen ſelbſt mit. Sie wiſſen,
wie ich über Religion geſinnt bin. Ich denke: wer
ſo unglücklich iſt an keinem Gott zu glauben, iſt nicht
ganz unglücklich, ſo lange er noch an den Teufel
glaubt, und wer an keinen Teufel glaubt, wäre noch
unglücklicher, wenn er an keine Pfaffen glaubte.
Nur glauben! Was iſt ſelbſt der glücklichſte Menſch
ohne Glauben? Eine ſchöne Blume in einem Glaſe

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[150/0164] Beine ſind mir noch ſteif davon. Erſt wird man müde vom Gehen, dann wird man müde vom Ste¬ hen, dann wird man müde vom Sitzen. Aber ein¬ ſchlafen thut man doch nicht. Es iſt eben die liebe Natur, die man nimmt, wie ſie ſich gibt; von der Kunſt aber verlangt man mit Recht, ſie ſolle ſchön und gefällig ſeyn. Ein lebendiger Eſel iſt mir lieber als ein todter Löwe, eine gebratene Kartoffel lieber als eine unreife Ananas, ein munterer Taugenichts lieber als ein ſchläfriger Hofrath — und was ich Ihnen ſonſt noch ſagen könnte, um zu entſchuldigen, daß mir das Pariſer Theater beſſer gefällt als das Berliner, worüber ſich Herr von Raumer, wie ich hoffe, ärgern wird, wenn er es erfährt. Aber gott¬ loſes Zeug; gräulich gottlos! Und wenn man ins Theater kommt mit Jehova, Chriſtus und Mahomet, und mit dem ganzen Olymp, und mit allen Heiligen im Herzen, gehet man hinaus, iſt keiner mehr da, Alle weggelacht, und ich glaube die Gottheiten und Götter, ſie lachen im Stillen ſelbſt mit. Sie wiſſen, wie ich über Religion geſinnt bin. Ich denke: wer ſo unglücklich iſt an keinem Gott zu glauben, iſt nicht ganz unglücklich, ſo lange er noch an den Teufel glaubt, und wer an keinen Teufel glaubt, wäre noch unglücklicher, wenn er an keine Pfaffen glaubte. Nur glauben! Was iſt ſelbſt der glücklichſte Menſch ohne Glauben? Eine ſchöne Blume in einem Glaſe

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Zitationshilfe: Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 2. Hamburg, 1832, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris02_1832/164>, abgerufen am 30.11.2024.