Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.Vögel, die darüber fliegen, gleich todt herabfallen. -- Es hat sich hier seit einiger Zeit eine re¬ Gestern habe ich die Giraffe gesehen, die in Vögel, die darüber fliegen, gleich todt herabfallen. — Es hat ſich hier ſeit einiger Zeit eine re¬ Geſtern habe ich die Giraffe geſehen, die in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0072" n="58"/> Vögel, die darüber fliegen, gleich todt herabfallen.<lb/> So erzählt man, aber ich glaube es nicht.</p><lb/> <p>— Es hat ſich hier ſeit einiger Zeit eine re¬<lb/> ligiöſe Geſellſchaft gebildet, welche die Lehren des<lb/><hi rendition="#g">St</hi>. <hi rendition="#g">Simon</hi> zu verbreiten ſucht. Ich habe früher<lb/> nie etwas von dieſem Simon gehört. Es werden<lb/> Sonntags Predigten gehalten. Wie man mir er¬<lb/> zählt, ſoll gleiche Vertheilung der Güter eine der<lb/> Grundlehren ſeyn. Die Geſellſchaft zählt ſchon<lb/> viele Anhänger und der Sohn meines Banquiers<lb/> gehört zu den eifrigſten Mitgliedern. Wenn ich Geld<lb/> bei ihm hole, und ich ihm einen Wechſel anbiete,<lb/> wird er mir gewiß ſagen: das iſt ja gar nicht nö¬<lb/> thig, ſein Geld ſei auch das meinige. Ich freue<lb/> mich ſehr darauf.</p><lb/> <p>Geſtern habe ich die Giraffe geſehen, die in<lb/> einem Gehege frei umhergeht. Ein erhabenes Thier,<lb/> das aber doch viel Lächerliches hat; eine tölpelhafte<lb/> Majeſtät. Man muß oft lange warten, bis es ihr<lb/> gefällig iſt, die Beine aufzuheben und ſich in Be¬<lb/> wegung zu ſetzen. Gewöhnlich ſteht ſie ſtill, an<lb/> Bäumen oder an der Mauer eines dort befindlichen<lb/> Gebäudes und benagt die oberſten Zweige oder das<lb/> Dach. Das Thier ſieht ſehr metaphyſiſch aus, lebt<lb/> mit dem größten Theile ſeines Weſens in der Luft,<lb/> und ſcheint die Erde nur zu berühren, um ſie ver¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [58/0072]
Vögel, die darüber fliegen, gleich todt herabfallen.
So erzählt man, aber ich glaube es nicht.
— Es hat ſich hier ſeit einiger Zeit eine re¬
ligiöſe Geſellſchaft gebildet, welche die Lehren des
St. Simon zu verbreiten ſucht. Ich habe früher
nie etwas von dieſem Simon gehört. Es werden
Sonntags Predigten gehalten. Wie man mir er¬
zählt, ſoll gleiche Vertheilung der Güter eine der
Grundlehren ſeyn. Die Geſellſchaft zählt ſchon
viele Anhänger und der Sohn meines Banquiers
gehört zu den eifrigſten Mitgliedern. Wenn ich Geld
bei ihm hole, und ich ihm einen Wechſel anbiete,
wird er mir gewiß ſagen: das iſt ja gar nicht nö¬
thig, ſein Geld ſei auch das meinige. Ich freue
mich ſehr darauf.
Geſtern habe ich die Giraffe geſehen, die in
einem Gehege frei umhergeht. Ein erhabenes Thier,
das aber doch viel Lächerliches hat; eine tölpelhafte
Majeſtät. Man muß oft lange warten, bis es ihr
gefällig iſt, die Beine aufzuheben und ſich in Be¬
wegung zu ſetzen. Gewöhnlich ſteht ſie ſtill, an
Bäumen oder an der Mauer eines dort befindlichen
Gebäudes und benagt die oberſten Zweige oder das
Dach. Das Thier ſieht ſehr metaphyſiſch aus, lebt
mit dem größten Theile ſeines Weſens in der Luft,
und ſcheint die Erde nur zu berühren, um ſie ver¬
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