Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.ich einige musikalische Grauköpfe, die gewohnt da Mit Niebuhr mag es sich wirklich so verhalten, ich einige muſikaliſche Grauköpfe, die gewohnt da Mit Niebuhr mag es ſich wirklich ſo verhalten, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0235" n="221"/> ich einige muſikaliſche Grauköpfe, die gewohnt da<lb/> ſaßen, als wären ſie in ihrem Schlafzimmer. Sie<lb/> horchten ernſt und ſtreng auf, als wären ſie Ge¬<lb/> ſchworne bei den Aſſiſen. Sie kamen mir wie In¬<lb/> validen vor, die noch den muſikaliſchen Krieg zwi¬<lb/> ſchen den Italienern und Franzoſen mitgemacht. Jene<lb/> ganze Zeit, Rouſſeau ſchwebte mir vor, ich ſah nach<lb/> der <hi rendition="#g">Ecke der Königin</hi>! und in dem Sturme jener<lb/> Zeit, der in meiner Erinnerung lebte, ging mir eine<lb/> ganze Arie zu Grunde.</p><lb/> <p>Mit Niebuhr mag es ſich wirklich ſo verhalten,<lb/> wie die preußiſche Staats-Zeitung erzählt. <hi rendition="#g">Das</hi><lb/> hat aber die preußiſche Staats-Zeitung weislich ver¬<lb/> ſchwiegen, daß Niebuhrs Gram daher floß, weil er<lb/> die Gefahren vorausſah, welchem der preußiſche<lb/> Staat entgegen eile. Die Wahnſinnigen in Deutſch¬<lb/> land — ſie <hi rendition="#g">eilen</hi> dem Abgrunde entgegen. Schon<lb/> vor einigen Monaten erzählte mir ein Bekannter hier,<lb/> der entweder ſelbſt mit Niebuhr, oder doch mit deſ¬<lb/> ſen vertrauten Freunden in Verbindung ſtehet: dieſer<lb/> gelehrte Mann wäre ſeit der franzöſiſchen Revolu¬<lb/> tion in brütenden Gram verſunken und ganz <hi rendition="#g">aus<lb/> dem Häuschen</hi>. Aber eine Seele, die in einem<lb/> Häuschen wohnte, die konnte nicht ſehr groß ſeyn.<lb/> Heute Abend auf den Ball. Ich erwarte den Fri¬<lb/> ſeur. Ich laſſe mich <hi rendition="#aq">à la</hi> Franz Moor friſiren.<lb/> Der Ball wird ſo glänzend wie der im vorigen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [221/0235]
ich einige muſikaliſche Grauköpfe, die gewohnt da
ſaßen, als wären ſie in ihrem Schlafzimmer. Sie
horchten ernſt und ſtreng auf, als wären ſie Ge¬
ſchworne bei den Aſſiſen. Sie kamen mir wie In¬
validen vor, die noch den muſikaliſchen Krieg zwi¬
ſchen den Italienern und Franzoſen mitgemacht. Jene
ganze Zeit, Rouſſeau ſchwebte mir vor, ich ſah nach
der Ecke der Königin! und in dem Sturme jener
Zeit, der in meiner Erinnerung lebte, ging mir eine
ganze Arie zu Grunde.
Mit Niebuhr mag es ſich wirklich ſo verhalten,
wie die preußiſche Staats-Zeitung erzählt. Das
hat aber die preußiſche Staats-Zeitung weislich ver¬
ſchwiegen, daß Niebuhrs Gram daher floß, weil er
die Gefahren vorausſah, welchem der preußiſche
Staat entgegen eile. Die Wahnſinnigen in Deutſch¬
land — ſie eilen dem Abgrunde entgegen. Schon
vor einigen Monaten erzählte mir ein Bekannter hier,
der entweder ſelbſt mit Niebuhr, oder doch mit deſ¬
ſen vertrauten Freunden in Verbindung ſtehet: dieſer
gelehrte Mann wäre ſeit der franzöſiſchen Revolu¬
tion in brütenden Gram verſunken und ganz aus
dem Häuschen. Aber eine Seele, die in einem
Häuschen wohnte, die konnte nicht ſehr groß ſeyn.
Heute Abend auf den Ball. Ich erwarte den Fri¬
ſeur. Ich laſſe mich à la Franz Moor friſiren.
Der Ball wird ſo glänzend wie der im vorigen
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