Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.ihm nachmachen wollen, sie werden die Zügel los¬ Was glauben Sie wohl, das mich hier täglich ihm nachmachen wollen, ſie werden die Zügel los¬ Was glauben Sie wohl, das mich hier täglich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0184" n="170"/> ihm nachmachen wollen, ſie werden die Zügel los¬<lb/> laſſen, durch welche ſie bis jetzt mit ſo großer An¬<lb/> ſtrengung ihre eigne Leidenſchaft gebändigt, ſie wird<lb/> durchlaufen und ſie abwerfen. — In München und<lb/> Göttingen waren auch wieder Unruhen. Deutſch¬<lb/> land zahnt. Das arme Kind! Nichts iſt komiſcher<lb/> als die Art, wie die deutſchen Regierungen von ſol¬<lb/> chen Unruhen Bericht erſtatten. Sie ſtellen ſich an,<lb/> als wäre ihnen an ſolchen unbedeutenden Vorfällen<lb/> nicht viel gelegen, und ſind doch voll tödtlicher Angſt.<lb/> Sie machen Geſichter wie Menſchen, die Leibſchmer¬<lb/> zen haben und ſich luſtig ſtellen wollen. — — Die<lb/> alte Genlis iſt geſtorben. Sie ſtarb den ſchönen<lb/> Tod auf dem Schlachtfelde — die Feder in der Hand.<lb/> Sie hat viel gelebt und viel erlebt. Wenn die an<lb/> das Himmelsthor kommt, welch merkwürdigen Paß<lb/> kann ſie vorzeigen, von allen Regierungen viſirt,<lb/> von allen Zeiten geſtempelt! Sie kann ſich nicht<lb/> beklagen, ſie hat ein empfängliches Herz gehabt und<lb/> hat tauſend Jahre gelebt.</p><lb/> <p>Was glauben Sie wohl, das mich hier täglich<lb/> am meiſten daran erinnert, daß jetzt Frankreich mehr<lb/> Freiheit hat als ſonſt? Der <hi rendition="#g">Telegraph</hi>. Unter<lb/> der vorigen Regierung war ich zwei Jahre in Pa¬<lb/> ris und ich kann mich keinen Tag erinnern, wo ich<lb/> den Telegraphen aus dem Tuilerien-Garten nicht in<lb/> Bewegung geſehen. Aber ſeit einem Vierteljahre,<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [170/0184]
ihm nachmachen wollen, ſie werden die Zügel los¬
laſſen, durch welche ſie bis jetzt mit ſo großer An¬
ſtrengung ihre eigne Leidenſchaft gebändigt, ſie wird
durchlaufen und ſie abwerfen. — In München und
Göttingen waren auch wieder Unruhen. Deutſch¬
land zahnt. Das arme Kind! Nichts iſt komiſcher
als die Art, wie die deutſchen Regierungen von ſol¬
chen Unruhen Bericht erſtatten. Sie ſtellen ſich an,
als wäre ihnen an ſolchen unbedeutenden Vorfällen
nicht viel gelegen, und ſind doch voll tödtlicher Angſt.
Sie machen Geſichter wie Menſchen, die Leibſchmer¬
zen haben und ſich luſtig ſtellen wollen. — — Die
alte Genlis iſt geſtorben. Sie ſtarb den ſchönen
Tod auf dem Schlachtfelde — die Feder in der Hand.
Sie hat viel gelebt und viel erlebt. Wenn die an
das Himmelsthor kommt, welch merkwürdigen Paß
kann ſie vorzeigen, von allen Regierungen viſirt,
von allen Zeiten geſtempelt! Sie kann ſich nicht
beklagen, ſie hat ein empfängliches Herz gehabt und
hat tauſend Jahre gelebt.
Was glauben Sie wohl, das mich hier täglich
am meiſten daran erinnert, daß jetzt Frankreich mehr
Freiheit hat als ſonſt? Der Telegraph. Unter
der vorigen Regierung war ich zwei Jahre in Pa¬
ris und ich kann mich keinen Tag erinnern, wo ich
den Telegraphen aus dem Tuilerien-Garten nicht in
Bewegung geſehen. Aber ſeit einem Vierteljahre,
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