Polen wird es schlecht gehen. Der Kaiser Nicolaus ziehet ihnen mit Macht entgegen, und ich weiß nicht, wie sie widerstehen können. Doch verlasse ich mich auf Gott. -- -- -- Gemüthsbewegung! nein. Das ist nicht wie früher, wo wir in einer schweren Kutsche saßen, und mit der guten Sache langsam fortrollten, gestoßen wurden, langsam den Berg hin¬ aufschleichen mußten, auch manchmal umgeworfen wurden -- jetzt trägt uns ein großes Schiff schla¬ fend über das Meer, und der Wind treibt schnell. Kein Staub, kein Rütteln, keine Müdigkeit. Stürme können kommen, Klippen; aber das macht mich erst recht munter. Die kleinen Zänkereien, das weibische Keifen des Schicksals, nur das konnte mir Gemüths¬ bewegung geben. Die Tyrannei kann uns noch ein¬ mal besiegen; aber dann wird es doch im offnen Kampfe geschehen, nachdem wir uns gewehrt haben. Uns wie Hunde prügeln und an die Kette legen, damit ist es aus. Nur nicht wehrlos fallen. Ich bin sehr ruhig, und schwimme vergnügt wie ein un¬ gesalzener Häring im Weltmeer herum.
Polen wird es ſchlecht gehen. Der Kaiſer Nicolaus ziehet ihnen mit Macht entgegen, und ich weiß nicht, wie ſie widerſtehen können. Doch verlaſſe ich mich auf Gott. — — — Gemüthsbewegung! nein. Das iſt nicht wie früher, wo wir in einer ſchweren Kutſche ſaßen, und mit der guten Sache langſam fortrollten, geſtoßen wurden, langſam den Berg hin¬ aufſchleichen mußten, auch manchmal umgeworfen wurden — jetzt trägt uns ein großes Schiff ſchla¬ fend über das Meer, und der Wind treibt ſchnell. Kein Staub, kein Rütteln, keine Müdigkeit. Stürme können kommen, Klippen; aber das macht mich erſt recht munter. Die kleinen Zänkereien, das weibiſche Keifen des Schickſals, nur das konnte mir Gemüths¬ bewegung geben. Die Tyrannei kann uns noch ein¬ mal beſiegen; aber dann wird es doch im offnen Kampfe geſchehen, nachdem wir uns gewehrt haben. Uns wie Hunde prügeln und an die Kette legen, damit iſt es aus. Nur nicht wehrlos fallen. Ich bin ſehr ruhig, und ſchwimme vergnügt wie ein un¬ geſalzener Häring im Weltmeer herum.
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Polen wird es ſchlecht gehen. Der Kaiſer Nicolaus
ziehet ihnen mit Macht entgegen, und ich weiß nicht,
wie ſie widerſtehen können. Doch verlaſſe ich mich
auf Gott. — — — Gemüthsbewegung! nein.
Das iſt nicht wie früher, wo wir in einer ſchweren
Kutſche ſaßen, und mit der guten Sache langſam
fortrollten, geſtoßen wurden, langſam den Berg hin¬
aufſchleichen mußten, auch manchmal umgeworfen
wurden — jetzt trägt uns ein großes Schiff ſchla¬
fend über das Meer, und der Wind treibt ſchnell.
Kein Staub, kein Rütteln, keine Müdigkeit. Stürme
können kommen, Klippen; aber das macht mich erſt
recht munter. Die kleinen Zänkereien, das weibiſche
Keifen des Schickſals, nur das konnte mir Gemüths¬
bewegung geben. Die Tyrannei kann uns noch ein¬
mal beſiegen; aber dann wird es doch im offnen
Kampfe geſchehen, nachdem wir uns gewehrt haben.
Uns wie Hunde prügeln und an die Kette legen,
damit iſt es aus. Nur nicht wehrlos fallen. Ich
bin ſehr ruhig, und ſchwimme vergnügt wie ein un¬
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Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boerne_paris01_1832/168>, abgerufen am 17.05.2024.
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