Börne, Ludwig: Briefe aus Paris. Bd. 1. Hamburg, 1832.Leichenbegängniß, dessen ausführliche Beschreibung Leichenbegängniß, deſſen ausführliche Beſchreibung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0148" n="134"/> Leichenbegängniß, deſſen ausführliche Beſchreibung<lb/> Sie wohl im Conſtitutionnel geleſen haben werden.<lb/> Ich ſetzte mich auf den Boulevards in eine Kutſche<lb/> und ſah alles bequem mit an. Länger als zwei<lb/> Stunden dauerte der Zug. Was mir an Franzoſen<lb/> auffiel und gefiel, war, daß in der ganzen Feier¬<lb/> lichkeit durchaus nichts Theatraliſches war, ſon¬<lb/> dern alles ſah ernſt, geſetzt und kleinbürgerlich<lb/> aus. Die Maſſe gab den Pomp. So wurde noch<lb/> kein König begraben. Ich ſprach einen Mann, der<lb/> vor vierzig Jahren Mirabeau's Leichenbegängniß mit<lb/> angeſehen; der ſagte, ſo feierlich ſei jenes nicht ge¬<lb/> weſen. Conſtant hat vom König Philipp bei ſeiner<lb/> Thronbeſteigung 150,000 Fr. zum Geſchenke erhal¬<lb/> ten, und ſeine Wittwe wird eine Penſion bekommen.<lb/> Madame Conſtant hat drei Männer gehabt. Den<lb/> erſten verlor ſie durch Tod, von dem zweiten ließ<lb/> ſie ſich ſcheiden, der dritte war Conſtant. Der zweite<lb/> lebte in Paris und war Mitglied der Deputirten-<lb/> Kammer. Nun geſchah es einmal, daß er zugleich<lb/> mit ſeinem ehelichen Nachfolger, Benjamin Conſtant,<lb/> in der Kammer das Wort forderte, beide zugleich<lb/> auf die Tribune ſprangen, und ehe es zu verhindern<lb/> war, Naſe gegen Naſe da ſtanden, worüber das<lb/> ganze Haus in lautes Lachen ausbrach. Der Gram,<lb/> von der Akademie Fran<hi rendition="#aq">ç</hi>ais nicht als Mitglied auf¬<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [134/0148]
Leichenbegängniß, deſſen ausführliche Beſchreibung
Sie wohl im Conſtitutionnel geleſen haben werden.
Ich ſetzte mich auf den Boulevards in eine Kutſche
und ſah alles bequem mit an. Länger als zwei
Stunden dauerte der Zug. Was mir an Franzoſen
auffiel und gefiel, war, daß in der ganzen Feier¬
lichkeit durchaus nichts Theatraliſches war, ſon¬
dern alles ſah ernſt, geſetzt und kleinbürgerlich
aus. Die Maſſe gab den Pomp. So wurde noch
kein König begraben. Ich ſprach einen Mann, der
vor vierzig Jahren Mirabeau's Leichenbegängniß mit
angeſehen; der ſagte, ſo feierlich ſei jenes nicht ge¬
weſen. Conſtant hat vom König Philipp bei ſeiner
Thronbeſteigung 150,000 Fr. zum Geſchenke erhal¬
ten, und ſeine Wittwe wird eine Penſion bekommen.
Madame Conſtant hat drei Männer gehabt. Den
erſten verlor ſie durch Tod, von dem zweiten ließ
ſie ſich ſcheiden, der dritte war Conſtant. Der zweite
lebte in Paris und war Mitglied der Deputirten-
Kammer. Nun geſchah es einmal, daß er zugleich
mit ſeinem ehelichen Nachfolger, Benjamin Conſtant,
in der Kammer das Wort forderte, beide zugleich
auf die Tribune ſprangen, und ehe es zu verhindern
war, Naſe gegen Naſe da ſtanden, worüber das
ganze Haus in lautes Lachen ausbrach. Der Gram,
von der Akademie Français nicht als Mitglied auf¬
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