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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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der Geschmack sich für eine Einheitsfarbe entschieden, wobei die
eine Gruppe sich als konstante Liebesfarbe Schwarz wählte,
die andere Weiß und so weiter bis zur heutigen Farbzersplitterung
der großen Rassen. Dann wäre doch auch dieser Urmensch schon
ein gar blasser, verwässerter "Farbenmensch" vom Mandrill-
standpunkt aus gewesen, -- denn was sind das für stumpfe
Farben, -- Pelzfarben, aber keine Nasen- oder Gegenpols¬
farben in Kobalt und Siegellackrot. Und wie eine zu Weiß
verblichene, ursprünglich bemalte Griechenstatue stände gar der
heutige Europäer da.

Du magst einwenden, gerade das sei nachher vielleicht
der verfeinerte Geschmack des Menschen gewesen. Nachdem er
den Affengeschmack erst auf den Gipfel getrieben, bis sein
ganzer Körper nackt war und in Farben gleißte wie eine
Mandrill- und Rhesuskehrseite, habe er dann vor dieser eigenen
Truthahnshaut einen Ekel bekommen und die Liebenden hätten
so lange bei ihrer Wahl mattere Schätze bevorzugt, bis der
ganze Farbenkoller auf ein blasses Restbild herabgestimmt war,
das geblieben ist.

Aber auch dieser Ausweg ist ganz und gar unmöglich.
Denn wo soll denn dieser angeblich feinere Farbengeschmack
nachmals noch wieder hingekommen sein? Der Mensch hat
von einer bestimmten Ecke ab einen großen Fortschritt gemacht:
nämlich von der reinen ästhetischen Empfindung zur ausübenden,
aktiven Kunst. Von hier aus hat er -- und zwar war das
wahrscheinlich seine allererste und älteste Leistung der Art --
seinen eigenen Körper durch künstliche Zuthaten zu verschönern
versucht: durch Bemalen der nackten Haut, durch Behängen
mit Schmuck, durch Anziehen bunter Stoffe da, wo Kleider
in Betracht kamen. Aber wie offenbart sich hierbei sein Ge¬
schmack? Je mehr intensive Kunst nach dieser Seite, desto
mehr Liebe gerade erst recht für leuchtende, allerleuchtendste
Farben und Farbkontraste! Nach der blauen Perlenkette greift
noch heute der Wilde, nicht nach der weißen. Mit flammendem

der Geſchmack ſich für eine Einheitsfarbe entſchieden, wobei die
eine Gruppe ſich als konſtante Liebesfarbe Schwarz wählte,
die andere Weiß und ſo weiter bis zur heutigen Farbzerſplitterung
der großen Raſſen. Dann wäre doch auch dieſer Urmenſch ſchon
ein gar blaſſer, verwäſſerter „Farbenmenſch" vom Mandrill-
ſtandpunkt aus geweſen, — denn was ſind das für ſtumpfe
Farben, — Pelzfarben, aber keine Naſen- oder Gegenpols¬
farben in Kobalt und Siegellackrot. Und wie eine zu Weiß
verblichene, urſprünglich bemalte Griechenſtatue ſtände gar der
heutige Europäer da.

Du magſt einwenden, gerade das ſei nachher vielleicht
der verfeinerte Geſchmack des Menſchen geweſen. Nachdem er
den Affengeſchmack erſt auf den Gipfel getrieben, bis ſein
ganzer Körper nackt war und in Farben gleißte wie eine
Mandrill- und Rheſuskehrſeite, habe er dann vor dieſer eigenen
Truthahnshaut einen Ekel bekommen und die Liebenden hätten
ſo lange bei ihrer Wahl mattere Schätze bevorzugt, bis der
ganze Farbenkoller auf ein blaſſes Reſtbild herabgeſtimmt war,
das geblieben iſt.

Aber auch dieſer Ausweg iſt ganz und gar unmöglich.
Denn wo ſoll denn dieſer angeblich feinere Farbengeſchmack
nachmals noch wieder hingekommen ſein? Der Menſch hat
von einer beſtimmten Ecke ab einen großen Fortſchritt gemacht:
nämlich von der reinen äſthetiſchen Empfindung zur ausübenden,
aktiven Kunſt. Von hier aus hat er — und zwar war das
wahrſcheinlich ſeine allererſte und älteſte Leiſtung der Art —
ſeinen eigenen Körper durch künſtliche Zuthaten zu verſchönern
verſucht: durch Bemalen der nackten Haut, durch Behängen
mit Schmuck, durch Anziehen bunter Stoffe da, wo Kleider
in Betracht kamen. Aber wie offenbart ſich hierbei ſein Ge¬
ſchmack? Je mehr intenſive Kunſt nach dieſer Seite, deſto
mehr Liebe gerade erſt recht für leuchtende, allerleuchtendſte
Farben und Farbkontraſte! Nach der blauen Perlenkette greift
noch heute der Wilde, nicht nach der weißen. Mit flammendem

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[32/0046] der Geſchmack ſich für eine Einheitsfarbe entſchieden, wobei die eine Gruppe ſich als konſtante Liebesfarbe Schwarz wählte, die andere Weiß und ſo weiter bis zur heutigen Farbzerſplitterung der großen Raſſen. Dann wäre doch auch dieſer Urmenſch ſchon ein gar blaſſer, verwäſſerter „Farbenmenſch" vom Mandrill- ſtandpunkt aus geweſen, — denn was ſind das für ſtumpfe Farben, — Pelzfarben, aber keine Naſen- oder Gegenpols¬ farben in Kobalt und Siegellackrot. Und wie eine zu Weiß verblichene, urſprünglich bemalte Griechenſtatue ſtände gar der heutige Europäer da. Du magſt einwenden, gerade das ſei nachher vielleicht der verfeinerte Geſchmack des Menſchen geweſen. Nachdem er den Affengeſchmack erſt auf den Gipfel getrieben, bis ſein ganzer Körper nackt war und in Farben gleißte wie eine Mandrill- und Rheſuskehrſeite, habe er dann vor dieſer eigenen Truthahnshaut einen Ekel bekommen und die Liebenden hätten ſo lange bei ihrer Wahl mattere Schätze bevorzugt, bis der ganze Farbenkoller auf ein blaſſes Reſtbild herabgeſtimmt war, das geblieben iſt. Aber auch dieſer Ausweg iſt ganz und gar unmöglich. Denn wo ſoll denn dieſer angeblich feinere Farbengeſchmack nachmals noch wieder hingekommen ſein? Der Menſch hat von einer beſtimmten Ecke ab einen großen Fortſchritt gemacht: nämlich von der reinen äſthetiſchen Empfindung zur ausübenden, aktiven Kunſt. Von hier aus hat er — und zwar war das wahrſcheinlich ſeine allererſte und älteſte Leiſtung der Art — ſeinen eigenen Körper durch künſtliche Zuthaten zu verſchönern verſucht: durch Bemalen der nackten Haut, durch Behängen mit Schmuck, durch Anziehen bunter Stoffe da, wo Kleider in Betracht kamen. Aber wie offenbart ſich hierbei ſein Ge¬ ſchmack? Je mehr intenſive Kunſt nach dieſer Seite, deſto mehr Liebe gerade erſt recht für leuchtende, allerleuchtendſte Farben und Farbkontraſte! Nach der blauen Perlenkette greift noch heute der Wilde, nicht nach der weißen. Mit flammendem

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/46>, abgerufen am 22.11.2024.