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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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Der antike Romantiker Apulejus folgt (aus der späteren
römischen Kaiserzeit), er trägt einen Liebestrank für das Herz
einer reichen Erbin. Spargel schwimmen darin, Krebsschwänze,
Fischlaich, Traubenblut und die Zunge des Fabelvogels Iyop,
eine wahre Schlemmerschüssel! Der Grieche daneben hat im
Becher ein paar Tröpflein Blut seiner Liebsten, darin ist das
Hippomanes gelöst: -- zu Pulver verbrannt eine geheimnisvolle
schwarze Haut von Feigengröße, die auf der Stirn eines neu¬
geborenen Füllens gewachsen ist.

Eine endlose sattgrüne Busch- und Wiesenlandschaft, nur
von ungezählten blauen Kanälen durchzogen, auf denen die
Kähne lautlos gleiten: der Spreewald. Auch der junge Bursch
im schmalen Nachen dort sinnt, während er die Ruderstange
rhythmisch einstößt, wie er sein Mädchen fest gewinnen könne.
Er hat einen Frosch gefangen und in einen Ameisenhaufen ein¬
gegraben. Nach ein paar Stunden hat er dann ein Beinlein
des Märtyrers wieder hervorgeholt. Nun sucht er die spröde
Liebste, um ihr das Froschbein beim Händedruck plötzlich in die
Hand zu geben, -- das hilft unfehlbar. Der junge schwäbische
Bauer dort mit seinem Topf in der Hand macht's noch um¬
ständlicher. In dem Topf hat er den Frosch, einen Laubfrosch,
und so wird das Ganze in einen Ameisenhaufen eingegraben.
Denn heut ist Georgitag. Übers Jahr wird er am gleichen
Tage wieder nachsehen. Die Ameisen haben den Gefangenen
im Topf reinlich skelettiert. Von diesem Skelett jetzt nimmt
er einen Schenkelknochen, mit dem bestreicht er heimlich sein
Mädchen in der Richtung auf sich zu. Das hilft. Der Lieb¬
haber danach stammt aus dem Samlande. Er trägt als Jagd¬
beute eine Eule. In der Mitternachtsstunde wird er sie kochen.
Aus ihrem Kopf löst er dann zwei Knöchlein, die einer Hacke
und Schaufel gleichen. Den Rest des Eulenleibes begräbt er
unter der Traufe. Nun hat er ein Universalmittel: denn
jede Maid, die er mit der Hacke berührt, muß ihm folgen.
Will er sie wieder los sein, so berührt er sie mit der Schaufel.

Der antike Romantiker Apulejus folgt (aus der ſpäteren
römiſchen Kaiſerzeit), er trägt einen Liebestrank für das Herz
einer reichen Erbin. Spargel ſchwimmen darin, Krebsſchwänze,
Fiſchlaich, Traubenblut und die Zunge des Fabelvogels Iyop,
eine wahre Schlemmerſchüſſel! Der Grieche daneben hat im
Becher ein paar Tröpflein Blut ſeiner Liebſten, darin iſt das
Hippomanes gelöſt: — zu Pulver verbrannt eine geheimnisvolle
ſchwarze Haut von Feigengröße, die auf der Stirn eines neu¬
geborenen Füllens gewachſen iſt.

Eine endloſe ſattgrüne Buſch- und Wieſenlandſchaft, nur
von ungezählten blauen Kanälen durchzogen, auf denen die
Kähne lautlos gleiten: der Spreewald. Auch der junge Burſch
im ſchmalen Nachen dort ſinnt, während er die Ruderſtange
rhythmiſch einſtößt, wie er ſein Mädchen feſt gewinnen könne.
Er hat einen Froſch gefangen und in einen Ameiſenhaufen ein¬
gegraben. Nach ein paar Stunden hat er dann ein Beinlein
des Märtyrers wieder hervorgeholt. Nun ſucht er die ſpröde
Liebſte, um ihr das Froſchbein beim Händedruck plötzlich in die
Hand zu geben, — das hilft unfehlbar. Der junge ſchwäbiſche
Bauer dort mit ſeinem Topf in der Hand macht's noch um¬
ſtändlicher. In dem Topf hat er den Froſch, einen Laubfroſch,
und ſo wird das Ganze in einen Ameiſenhaufen eingegraben.
Denn heut iſt Georgitag. Übers Jahr wird er am gleichen
Tage wieder nachſehen. Die Ameiſen haben den Gefangenen
im Topf reinlich ſkelettiert. Von dieſem Skelett jetzt nimmt
er einen Schenkelknochen, mit dem beſtreicht er heimlich ſein
Mädchen in der Richtung auf ſich zu. Das hilft. Der Lieb¬
haber danach ſtammt aus dem Samlande. Er trägt als Jagd¬
beute eine Eule. In der Mitternachtsſtunde wird er ſie kochen.
Aus ihrem Kopf löſt er dann zwei Knöchlein, die einer Hacke
und Schaufel gleichen. Den Reſt des Eulenleibes begräbt er
unter der Traufe. Nun hat er ein Univerſalmittel: denn
jede Maid, die er mit der Hacke berührt, muß ihm folgen.
Will er ſie wieder los ſein, ſo berührt er ſie mit der Schaufel.

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[324/0338] Der antike Romantiker Apulejus folgt (aus der ſpäteren römiſchen Kaiſerzeit), er trägt einen Liebestrank für das Herz einer reichen Erbin. Spargel ſchwimmen darin, Krebsſchwänze, Fiſchlaich, Traubenblut und die Zunge des Fabelvogels Iyop, eine wahre Schlemmerſchüſſel! Der Grieche daneben hat im Becher ein paar Tröpflein Blut ſeiner Liebſten, darin iſt das Hippomanes gelöſt: — zu Pulver verbrannt eine geheimnisvolle ſchwarze Haut von Feigengröße, die auf der Stirn eines neu¬ geborenen Füllens gewachſen iſt. Eine endloſe ſattgrüne Buſch- und Wieſenlandſchaft, nur von ungezählten blauen Kanälen durchzogen, auf denen die Kähne lautlos gleiten: der Spreewald. Auch der junge Burſch im ſchmalen Nachen dort ſinnt, während er die Ruderſtange rhythmiſch einſtößt, wie er ſein Mädchen feſt gewinnen könne. Er hat einen Froſch gefangen und in einen Ameiſenhaufen ein¬ gegraben. Nach ein paar Stunden hat er dann ein Beinlein des Märtyrers wieder hervorgeholt. Nun ſucht er die ſpröde Liebſte, um ihr das Froſchbein beim Händedruck plötzlich in die Hand zu geben, — das hilft unfehlbar. Der junge ſchwäbiſche Bauer dort mit ſeinem Topf in der Hand macht's noch um¬ ſtändlicher. In dem Topf hat er den Froſch, einen Laubfroſch, und ſo wird das Ganze in einen Ameiſenhaufen eingegraben. Denn heut iſt Georgitag. Übers Jahr wird er am gleichen Tage wieder nachſehen. Die Ameiſen haben den Gefangenen im Topf reinlich ſkelettiert. Von dieſem Skelett jetzt nimmt er einen Schenkelknochen, mit dem beſtreicht er heimlich ſein Mädchen in der Richtung auf ſich zu. Das hilft. Der Lieb¬ haber danach ſtammt aus dem Samlande. Er trägt als Jagd¬ beute eine Eule. In der Mitternachtsſtunde wird er ſie kochen. Aus ihrem Kopf löſt er dann zwei Knöchlein, die einer Hacke und Schaufel gleichen. Den Reſt des Eulenleibes begräbt er unter der Traufe. Nun hat er ein Univerſalmittel: denn jede Maid, die er mit der Hacke berührt, muß ihm folgen. Will er ſie wieder los ſein, ſo berührt er ſie mit der Schaufel.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/338>, abgerufen am 22.11.2024.