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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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diese Rede pro domo des eingefleischten Kultur-Hagestolzen, der
keineswegs dabei Asket sein will, nicht? Auch sie ist aber
eine Melodie der Menschheits-Jahrtausende.

Es ist allerdings ein Punkt darin, der einen tiefen Wider¬
spruch gleich ganz schreiend enthält. Kinder brauchen nicht da
zu sein! Wo das Parole würde, höbe das Soziale sich selbst
auf, anstatt bloß die Ehe zu bedrohen.

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Hier mischt sich wieder eine spezifisch menschliche Separat¬
sache ein, die für das Tier so noch nicht in Betracht kam.
Sehr früh zweifellos ist der Naturmensch schon auf etwas geraten,
was in alle diese Dinge, Flötenhausleben, Jugend-Ungebunden¬
heit, Probeehen u. s. w., wichtig eingreifen mußte. Er hat gewisse
Mittel und Wege entdeckt, die Befruchtung zu verhindern,
auch wenn der Mischakt in weitgehendem Maße vollzogen wird.

Von der höchsten Warte besehen, greift der Mensch auch
hier etwas mit seinem Bewußtsein, Willen und Werkzeug auf,
was in der Natur längst ein großes Organprinzip war, das
den höchsten Zwecken wie alle anderen diente. Im Pflanzen¬
reiche findest du die kunstvollsten Einrichtungen, um eine Be¬
fruchtung zu verhindern, wenn sie aus irgend einem Grunde
nicht eintreten soll. Staubgefäße und Weibesgriffel stehen sich
vielfältig in der gleichen Blüte so nahe, daß die Existenz dieser
Blüte eigentlich schon den äußeren Bedingungen nach einen per¬
manenten Geschlechtsakt darstellt. Und doch soll sich keine Blüte
der Inzuchtsgefahren wegen selbst befruchten. Also werden be¬
sondere Raffinements angewendet, das zu hemmen, die wahre
Konzeption zu hemmen inmitten des räumlich sozusagen be¬
ständig vollzogenen Aktes. Wir haben davon schon früher
gesprochen. Du erinnerst dich auch, wie es ähnlich bei Tieren
war, die Zwitterorgane hatten. Auch da eine Fülle, bildlich

dieſe Rede pro domo des eingefleiſchten Kultur-Hageſtolzen, der
keineswegs dabei Asket ſein will, nicht? Auch ſie iſt aber
eine Melodie der Menſchheits-Jahrtauſende.

Es iſt allerdings ein Punkt darin, der einen tiefen Wider¬
ſpruch gleich ganz ſchreiend enthält. Kinder brauchen nicht da
zu ſein! Wo das Parole würde, höbe das Soziale ſich ſelbſt
auf, anſtatt bloß die Ehe zu bedrohen.

[Abbildung]

Hier miſcht ſich wieder eine ſpezifiſch menſchliche Separat¬
ſache ein, die für das Tier ſo noch nicht in Betracht kam.
Sehr früh zweifellos iſt der Naturmenſch ſchon auf etwas geraten,
was in alle dieſe Dinge, Flötenhausleben, Jugend-Ungebunden¬
heit, Probeehen u. ſ. w., wichtig eingreifen mußte. Er hat gewiſſe
Mittel und Wege entdeckt, die Befruchtung zu verhindern,
auch wenn der Miſchakt in weitgehendem Maße vollzogen wird.

Von der höchſten Warte beſehen, greift der Menſch auch
hier etwas mit ſeinem Bewußtſein, Willen und Werkzeug auf,
was in der Natur längſt ein großes Organprinzip war, das
den höchſten Zwecken wie alle anderen diente. Im Pflanzen¬
reiche findeſt du die kunſtvollſten Einrichtungen, um eine Be¬
fruchtung zu verhindern, wenn ſie aus irgend einem Grunde
nicht eintreten ſoll. Staubgefäße und Weibesgriffel ſtehen ſich
vielfältig in der gleichen Blüte ſo nahe, daß die Exiſtenz dieſer
Blüte eigentlich ſchon den äußeren Bedingungen nach einen per¬
manenten Geſchlechtsakt darſtellt. Und doch ſoll ſich keine Blüte
der Inzuchtsgefahren wegen ſelbſt befruchten. Alſo werden be¬
ſondere Raffinements angewendet, das zu hemmen, die wahre
Konzeption zu hemmen inmitten des räumlich ſozuſagen be¬
ſtändig vollzogenen Aktes. Wir haben davon ſchon früher
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[255/0269] dieſe Rede pro domo des eingefleiſchten Kultur-Hageſtolzen, der keineswegs dabei Asket ſein will, nicht? Auch ſie iſt aber eine Melodie der Menſchheits-Jahrtauſende. Es iſt allerdings ein Punkt darin, der einen tiefen Wider¬ ſpruch gleich ganz ſchreiend enthält. Kinder brauchen nicht da zu ſein! Wo das Parole würde, höbe das Soziale ſich ſelbſt auf, anſtatt bloß die Ehe zu bedrohen. [Abbildung] Hier miſcht ſich wieder eine ſpezifiſch menſchliche Separat¬ ſache ein, die für das Tier ſo noch nicht in Betracht kam. Sehr früh zweifellos iſt der Naturmenſch ſchon auf etwas geraten, was in alle dieſe Dinge, Flötenhausleben, Jugend-Ungebunden¬ heit, Probeehen u. ſ. w., wichtig eingreifen mußte. Er hat gewiſſe Mittel und Wege entdeckt, die Befruchtung zu verhindern, auch wenn der Miſchakt in weitgehendem Maße vollzogen wird. Von der höchſten Warte beſehen, greift der Menſch auch hier etwas mit ſeinem Bewußtſein, Willen und Werkzeug auf, was in der Natur längſt ein großes Organprinzip war, das den höchſten Zwecken wie alle anderen diente. Im Pflanzen¬ reiche findeſt du die kunſtvollſten Einrichtungen, um eine Be¬ fruchtung zu verhindern, wenn ſie aus irgend einem Grunde nicht eintreten ſoll. Staubgefäße und Weibesgriffel ſtehen ſich vielfältig in der gleichen Blüte ſo nahe, daß die Exiſtenz dieſer Blüte eigentlich ſchon den äußeren Bedingungen nach einen per¬ manenten Geſchlechtsakt darſtellt. Und doch ſoll ſich keine Blüte der Inzuchtsgefahren wegen ſelbſt befruchten. Alſo werden be¬ ſondere Raffinements angewendet, das zu hemmen, die wahre Konzeption zu hemmen inmitten des räumlich ſozuſagen be¬ ſtändig vollzogenen Aktes. Wir haben davon ſchon früher geſprochen. Du erinnerſt dich auch, wie es ähnlich bei Tieren war, die Zwitterorgane hatten. Auch da eine Fülle, bildlich

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/269>, abgerufen am 22.11.2024.