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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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eben ein Vorersatz der Ehe für den noch suchenden Junggesellen.
Aber das ist nur die eine Wurzel. Die andere liegt darin,
daß auch hier die Ehe starke Unterbrechungen erleidet durch
Arbeitsteilungen. Die Frau sitzt daheim, sorgt für die kleinen
Kinder, pflegt den Acker, macht Töpfe und kocht. Die Männer
aber ziehen auf die Jagd, gemeinsam. Lange ziehen sie da
herum, immer unter sich. Eine besondere, rein männliche Ge¬
selligkeit entwickelt sich. Jagdfeste werden arrangiert. Und da
das ewig wiederkehrt, prägt es sich zur festen Institution.
Das Männerhaus ist gewissermaßen die permanent stehen¬
bleibende, improvisierte Laubhütte der Jagdgesellschaft.

In dieses Haus gehört die Frau aus guten Gründen nicht.
Gerade damit die Ehe echt bestehen bleibe! Im Männerhaus
wimmelt's von Junggesellen, die auf der Weibersuche sind. Es
taugt nicht, dieser Gesellschaft die Ehefrauen in besonders leichten
Situationen, bei Trank und nächtlichem Tanz, nahe zu bringen.
Im Männerhaus verkehren auch Gäste aus anderen Stämmen, die
man auf der Jagd kennen gelernt hat, hier wird der fremde
Reisende einquartiert, es ist das große Hotel des Stammes,
dem man auch den Ruf der Ehefrau nicht gern anvertraut.

Etwas laxer sind ja allerdings in den meisten Fällen
wohl die Beziehungen des Männerbundes zu den unverheirateten
jungen Mädchen des Stammes. Hier dürfen Ausnahmen statt¬
finden, damit die erotische Wahl ihren Weg gehe. Das
Männerhaus soll ja die Ehe auch in diesem Sinne, in ihrer
beständigen Neuentstehung, wieder nicht anfechten, soll nicht
etwa die Geschlechter in der Zeit, wo sie sich frei suchen müssen,
ganz voneinander fernhalten. Wo freilich Mädchen dauernd
in die Junggesellenhäuser eindringen, da entwickelt sich von
dem freien Verkehr zur Ehewahl hinweg eine gewisse Anfangs¬
stufe der Prostitution, -- diese Mädchen heiraten überhaupt
nicht mehr, sondern bilden eine Art (übrigens ganz harmlos
beurteilter) Hetären des Klubhauses, deren Kinder der Stamm
versorgt, weil ein sicher bestimmter Mann nicht existiert.

eben ein Vorerſatz der Ehe für den noch ſuchenden Junggeſellen.
Aber das iſt nur die eine Wurzel. Die andere liegt darin,
daß auch hier die Ehe ſtarke Unterbrechungen erleidet durch
Arbeitsteilungen. Die Frau ſitzt daheim, ſorgt für die kleinen
Kinder, pflegt den Acker, macht Töpfe und kocht. Die Männer
aber ziehen auf die Jagd, gemeinſam. Lange ziehen ſie da
herum, immer unter ſich. Eine beſondere, rein männliche Ge¬
ſelligkeit entwickelt ſich. Jagdfeſte werden arrangiert. Und da
das ewig wiederkehrt, prägt es ſich zur feſten Inſtitution.
Das Männerhaus iſt gewiſſermaßen die permanent ſtehen¬
bleibende, improviſierte Laubhütte der Jagdgeſellſchaft.

In dieſes Haus gehört die Frau aus guten Gründen nicht.
Gerade damit die Ehe echt beſtehen bleibe! Im Männerhaus
wimmelt's von Junggeſellen, die auf der Weiberſuche ſind. Es
taugt nicht, dieſer Geſellſchaft die Ehefrauen in beſonders leichten
Situationen, bei Trank und nächtlichem Tanz, nahe zu bringen.
Im Männerhaus verkehren auch Gäſte aus anderen Stämmen, die
man auf der Jagd kennen gelernt hat, hier wird der fremde
Reiſende einquartiert, es iſt das große Hotel des Stammes,
dem man auch den Ruf der Ehefrau nicht gern anvertraut.

Etwas laxer ſind ja allerdings in den meiſten Fällen
wohl die Beziehungen des Männerbundes zu den unverheirateten
jungen Mädchen des Stammes. Hier dürfen Ausnahmen ſtatt¬
finden, damit die erotiſche Wahl ihren Weg gehe. Das
Männerhaus ſoll ja die Ehe auch in dieſem Sinne, in ihrer
beſtändigen Neuentſtehung, wieder nicht anfechten, ſoll nicht
etwa die Geſchlechter in der Zeit, wo ſie ſich frei ſuchen müſſen,
ganz voneinander fernhalten. Wo freilich Mädchen dauernd
in die Junggeſellenhäuſer eindringen, da entwickelt ſich von
dem freien Verkehr zur Ehewahl hinweg eine gewiſſe Anfangs¬
ſtufe der Proſtitution, — dieſe Mädchen heiraten überhaupt
nicht mehr, ſondern bilden eine Art (übrigens ganz harmlos
beurteilter) Hetären des Klubhauſes, deren Kinder der Stamm
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[213/0227] eben ein Vorerſatz der Ehe für den noch ſuchenden Junggeſellen. Aber das iſt nur die eine Wurzel. Die andere liegt darin, daß auch hier die Ehe ſtarke Unterbrechungen erleidet durch Arbeitsteilungen. Die Frau ſitzt daheim, ſorgt für die kleinen Kinder, pflegt den Acker, macht Töpfe und kocht. Die Männer aber ziehen auf die Jagd, gemeinſam. Lange ziehen ſie da herum, immer unter ſich. Eine beſondere, rein männliche Ge¬ ſelligkeit entwickelt ſich. Jagdfeſte werden arrangiert. Und da das ewig wiederkehrt, prägt es ſich zur feſten Inſtitution. Das Männerhaus iſt gewiſſermaßen die permanent ſtehen¬ bleibende, improviſierte Laubhütte der Jagdgeſellſchaft. In dieſes Haus gehört die Frau aus guten Gründen nicht. Gerade damit die Ehe echt beſtehen bleibe! Im Männerhaus wimmelt's von Junggeſellen, die auf der Weiberſuche ſind. Es taugt nicht, dieſer Geſellſchaft die Ehefrauen in beſonders leichten Situationen, bei Trank und nächtlichem Tanz, nahe zu bringen. Im Männerhaus verkehren auch Gäſte aus anderen Stämmen, die man auf der Jagd kennen gelernt hat, hier wird der fremde Reiſende einquartiert, es iſt das große Hotel des Stammes, dem man auch den Ruf der Ehefrau nicht gern anvertraut. Etwas laxer ſind ja allerdings in den meiſten Fällen wohl die Beziehungen des Männerbundes zu den unverheirateten jungen Mädchen des Stammes. Hier dürfen Ausnahmen ſtatt¬ finden, damit die erotiſche Wahl ihren Weg gehe. Das Männerhaus ſoll ja die Ehe auch in dieſem Sinne, in ihrer beſtändigen Neuentſtehung, wieder nicht anfechten, ſoll nicht etwa die Geſchlechter in der Zeit, wo ſie ſich frei ſuchen müſſen, ganz voneinander fernhalten. Wo freilich Mädchen dauernd in die Junggeſellenhäuſer eindringen, da entwickelt ſich von dem freien Verkehr zur Ehewahl hinweg eine gewiſſe Anfangs¬ ſtufe der Proſtitution, — dieſe Mädchen heiraten überhaupt nicht mehr, ſondern bilden eine Art (übrigens ganz harmlos beurteilter) Hetären des Klubhauſes, deren Kinder der Stamm verſorgt, weil ein ſicher beſtimmter Mann nicht exiſtiert.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/227>, abgerufen am 29.11.2024.