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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903.

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Sei es nun auch hier durch irgend einen lieblichen Par¬
füm, den die Braut ausdüftet oder aus einer anderen Ursache:
die Mär pflegt sich rasch bei anderen irrenden Mannesmaul¬
würfen verbreitet zu haben, daß in diesem Bau ein frisch er¬
worbenes Weiblein zu finden sei. Da berennt denn ein solcher
Ritter plötzlich die Liebesburg, indem er außen in den Gängen
erscheint und rumort. Gleich wird er drinnen sein, was thun?

Im Adam erwacht eine wahnsinnige Eifersucht. Auf und
hinaus zum Kampf. Aber die Festung hat seiner eigenen
Baukunst nach so viel Notausgänge, daß eins zu besorgen
steht. Während er für seine Schöne ficht, kann er diese nicht
bewachen. Wenn sie nun durchbrennt? Oder wenn ein dritter
Ritter gerade in diesem Moment eindringt? In der Not wird
also die Braut unsanft in eine der neuen Sackgassen gedrängt
und die Pforte zur Wohnstube hinter ihr fest verrammelt, zu¬
gestopft, unkenntlich gemacht. So, nun kann der Rivale kommen.
Er kommt und das Duell geht los.

Dieses Duell liefert aber ein unverkennbares Gottesurteil
der individuellen Körperstärke. Wer siegt, ist der Tapferste.
Das denkt zweifellos niemand schärfer durch, als Eva selbst.
Immerhin sorgt sie vor. Sie wühlt, während das schauerliche
Gefecht drüben im Dunkeln tobt, das verschlossene äußere
Wurstende ihres Verließes selbstthätig durch und schiebt sich
im selbstgegrabenen Fortsetzungskanal langsam auf eigene Faust
ein Stückel ins Weite. Vielleicht erlebt sie ein drittes Abend¬
teuer. Aber der Sieger reißt plötzlich hinten den Verschluß
fort und kommt ihr nach. Gut, sei's auch das. Nur, wer
ist's? Ob der Erste oder der Neue, das ist ihr höchst egal.
Zu sehen ist hier in der Finsternis an den beiden doch nichts.
Aber unbedingt ist der Sieger der "Stärkere." Es lebe der
starke Mann! Und nunmehr giebt's wirklich Ehe für die
nächste Zeit.

Ein neuer Bau wird angelegt für die Jungen. Dieses
Säugerweibchen legt zwar keine Eier mehr. Sein eigentliches

Sei es nun auch hier durch irgend einen lieblichen Par¬
füm, den die Braut ausdüftet oder aus einer anderen Urſache:
die Mär pflegt ſich raſch bei anderen irrenden Mannesmaul¬
würfen verbreitet zu haben, daß in dieſem Bau ein friſch er¬
worbenes Weiblein zu finden ſei. Da berennt denn ein ſolcher
Ritter plötzlich die Liebesburg, indem er außen in den Gängen
erſcheint und rumort. Gleich wird er drinnen ſein, was thun?

Im Adam erwacht eine wahnſinnige Eiferſucht. Auf und
hinaus zum Kampf. Aber die Feſtung hat ſeiner eigenen
Baukunſt nach ſo viel Notausgänge, daß eins zu beſorgen
ſteht. Während er für ſeine Schöne ficht, kann er dieſe nicht
bewachen. Wenn ſie nun durchbrennt? Oder wenn ein dritter
Ritter gerade in dieſem Moment eindringt? In der Not wird
alſo die Braut unſanft in eine der neuen Sackgaſſen gedrängt
und die Pforte zur Wohnſtube hinter ihr feſt verrammelt, zu¬
geſtopft, unkenntlich gemacht. So, nun kann der Rivale kommen.
Er kommt und das Duell geht los.

Dieſes Duell liefert aber ein unverkennbares Gottesurteil
der individuellen Körperſtärke. Wer ſiegt, iſt der Tapferſte.
Das denkt zweifellos niemand ſchärfer durch, als Eva ſelbſt.
Immerhin ſorgt ſie vor. Sie wühlt, während das ſchauerliche
Gefecht drüben im Dunkeln tobt, das verſchloſſene äußere
Wurſtende ihres Verließes ſelbſtthätig durch und ſchiebt ſich
im ſelbſtgegrabenen Fortſetzungskanal langſam auf eigene Fauſt
ein Stückel ins Weite. Vielleicht erlebt ſie ein drittes Abend¬
teuer. Aber der Sieger reißt plötzlich hinten den Verſchluß
fort und kommt ihr nach. Gut, ſei's auch das. Nur, wer
iſt's? Ob der Erſte oder der Neue, das iſt ihr höchſt egal.
Zu ſehen iſt hier in der Finſternis an den beiden doch nichts.
Aber unbedingt iſt der Sieger der „Stärkere.“ Es lebe der
ſtarke Mann! Und nunmehr giebt's wirklich Ehe für die
nächſte Zeit.

Ein neuer Bau wird angelegt für die Jungen. Dieſes
Säugerweibchen legt zwar keine Eier mehr. Sein eigentliches

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[170/0184] Sei es nun auch hier durch irgend einen lieblichen Par¬ füm, den die Braut ausdüftet oder aus einer anderen Urſache: die Mär pflegt ſich raſch bei anderen irrenden Mannesmaul¬ würfen verbreitet zu haben, daß in dieſem Bau ein friſch er¬ worbenes Weiblein zu finden ſei. Da berennt denn ein ſolcher Ritter plötzlich die Liebesburg, indem er außen in den Gängen erſcheint und rumort. Gleich wird er drinnen ſein, was thun? Im Adam erwacht eine wahnſinnige Eiferſucht. Auf und hinaus zum Kampf. Aber die Feſtung hat ſeiner eigenen Baukunſt nach ſo viel Notausgänge, daß eins zu beſorgen ſteht. Während er für ſeine Schöne ficht, kann er dieſe nicht bewachen. Wenn ſie nun durchbrennt? Oder wenn ein dritter Ritter gerade in dieſem Moment eindringt? In der Not wird alſo die Braut unſanft in eine der neuen Sackgaſſen gedrängt und die Pforte zur Wohnſtube hinter ihr feſt verrammelt, zu¬ geſtopft, unkenntlich gemacht. So, nun kann der Rivale kommen. Er kommt und das Duell geht los. Dieſes Duell liefert aber ein unverkennbares Gottesurteil der individuellen Körperſtärke. Wer ſiegt, iſt der Tapferſte. Das denkt zweifellos niemand ſchärfer durch, als Eva ſelbſt. Immerhin ſorgt ſie vor. Sie wühlt, während das ſchauerliche Gefecht drüben im Dunkeln tobt, das verſchloſſene äußere Wurſtende ihres Verließes ſelbſtthätig durch und ſchiebt ſich im ſelbſtgegrabenen Fortſetzungskanal langſam auf eigene Fauſt ein Stückel ins Weite. Vielleicht erlebt ſie ein drittes Abend¬ teuer. Aber der Sieger reißt plötzlich hinten den Verſchluß fort und kommt ihr nach. Gut, ſei's auch das. Nur, wer iſt's? Ob der Erſte oder der Neue, das iſt ihr höchſt egal. Zu ſehen iſt hier in der Finſternis an den beiden doch nichts. Aber unbedingt iſt der Sieger der „Stärkere.“ Es lebe der ſtarke Mann! Und nunmehr giebt's wirklich Ehe für die nächſte Zeit. Ein neuer Bau wird angelegt für die Jungen. Dieſes Säugerweibchen legt zwar keine Eier mehr. Sein eigentliches

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/184>, abgerufen am 23.11.2024.