an das Bild kleiner Seidenäffchen oder der lieben Inseparables unter den Papageien: da hast du Ehepaare, die auch außer¬ halb der gemeinsamen Liebe und Jungenpflege sich derartig ans Umklammern, Drücken, gegenseitige Wärmen, Zusammen¬ schlafen gewöhnt haben, daß du solche Gewohnheit schließlich nicht mehr auseinander bekommst, du tötest die beiden denn.
Mit dieser fünften Stufe bist du aber schon auf dem Gipfel: bei der Ehe im schärfsten Sinn. Und doch stehst du noch mit beiden Beinen fest im Tierreich unterhalb des Menschen.
Damit es nicht bei der Behauptung bleibe, will ich ein paar kurze Beispiele noch für die letzten Stufen nachtragen, -- für die ersten haben wir sie ja ausführlich genug schon früher berührt.
[Abbildung]
Das schönste Gesamtbeispiel für die Vollendung bereits der letzten und höchsten Stufe bieten die Vögel.
Gegen den Menschen und in vieler Hinsicht überhaupt gegen das Säugetier gehalten, ist der Vogel ein wesentlich niedriger stehendes Tier. Er ist der Gipfel des Reptilientypus, die Maximalleistung der Eidechse, die befiedert, im höchsten Maße warmblütig und geistig äußerst regsam geworden ist. Bei diesem Vogel ist die streng monogamische Ehe auf Lebens¬ zeit nicht die Ausnahme, sondern die Regel, an der einzelne Ausnahmen nichts ändern.
Man darf sich den Eindruck dieser Ehe natürlich nicht trüben durch extreme Idealforderungen, die beim Menschen, beim höchsten Kulturmenschen ebenso wenig zutreffen würden. Unsere monogamische, mit allen Speeren des Rechts, allen
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an das Bild kleiner Seidenäffchen oder der lieben Inſeparables unter den Papageien: da haſt du Ehepaare, die auch außer¬ halb der gemeinſamen Liebe und Jungenpflege ſich derartig ans Umklammern, Drücken, gegenſeitige Wärmen, Zuſammen¬ ſchlafen gewöhnt haben, daß du ſolche Gewohnheit ſchließlich nicht mehr auseinander bekommſt, du töteſt die beiden denn.
Mit dieſer fünften Stufe biſt du aber ſchon auf dem Gipfel: bei der Ehe im ſchärfſten Sinn. Und doch ſtehſt du noch mit beiden Beinen feſt im Tierreich unterhalb des Menſchen.
Damit es nicht bei der Behauptung bleibe, will ich ein paar kurze Beiſpiele noch für die letzten Stufen nachtragen, — für die erſten haben wir ſie ja ausführlich genug ſchon früher berührt.
[Abbildung]
Das ſchönſte Geſamtbeiſpiel für die Vollendung bereits der letzten und höchſten Stufe bieten die Vögel.
Gegen den Menſchen und in vieler Hinſicht überhaupt gegen das Säugetier gehalten, iſt der Vogel ein weſentlich niedriger ſtehendes Tier. Er iſt der Gipfel des Reptilientypus, die Maximalleiſtung der Eidechſe, die befiedert, im höchſten Maße warmblütig und geiſtig äußerſt regſam geworden iſt. Bei dieſem Vogel iſt die ſtreng monogamiſche Ehe auf Lebens¬ zeit nicht die Ausnahme, ſondern die Regel, an der einzelne Ausnahmen nichts ändern.
Man darf ſich den Eindruck dieſer Ehe natürlich nicht trüben durch extreme Idealforderungen, die beim Menſchen, beim höchſten Kulturmenſchen ebenſo wenig zutreffen würden. Unſere monogamiſche, mit allen Speeren des Rechts, allen
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an das Bild kleiner Seidenäffchen oder der lieben Inſeparables
unter den Papageien: da haſt du Ehepaare, die auch außer¬
halb der gemeinſamen Liebe und Jungenpflege ſich derartig
ans Umklammern, Drücken, gegenſeitige Wärmen, Zuſammen¬
ſchlafen gewöhnt haben, daß du ſolche Gewohnheit ſchließlich
nicht mehr auseinander bekommſt, du töteſt die beiden denn.
Mit dieſer fünften Stufe biſt du aber ſchon auf dem
Gipfel: bei der Ehe im ſchärfſten Sinn. Und doch ſtehſt du
noch mit beiden Beinen feſt im Tierreich unterhalb des
Menſchen.
Damit es nicht bei der Behauptung bleibe, will ich ein
paar kurze Beiſpiele noch für die letzten Stufen nachtragen, —
für die erſten haben wir ſie ja ausführlich genug ſchon früher
berührt.
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Das ſchönſte Geſamtbeiſpiel für die Vollendung bereits
der letzten und höchſten Stufe bieten die Vögel.
Gegen den Menſchen und in vieler Hinſicht überhaupt
gegen das Säugetier gehalten, iſt der Vogel ein weſentlich
niedriger ſtehendes Tier. Er iſt der Gipfel des Reptilientypus,
die Maximalleiſtung der Eidechſe, die befiedert, im höchſten
Maße warmblütig und geiſtig äußerſt regſam geworden iſt.
Bei dieſem Vogel iſt die ſtreng monogamiſche Ehe auf Lebens¬
zeit nicht die Ausnahme, ſondern die Regel, an der einzelne
Ausnahmen nichts ändern.
Man darf ſich den Eindruck dieſer Ehe natürlich nicht
trüben durch extreme Idealforderungen, die beim Menſchen,
beim höchſten Kulturmenſchen ebenſo wenig zutreffen würden.
Unſere monogamiſche, mit allen Speeren des Rechts, allen
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/175>, abgerufen am 17.05.2024.
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