abfallende Hülle verbrannt. Dann geht's ins Wasser zu einem großen Bade. Das ist die Krisis. Nun erscheinen die "Männer" stolz vor dem Häuptling. Die Eltern bringen ihnen neue Fellmäntel und rüsten ein Festmahl aus gekochter Hirse mit Milch, bei dem es mit größtem Ceremoniell hergeht. Zum Schluß werden ihnen Waffen gereicht, ein Stammes¬ ältester erklärt sie offiziell für Meister. Dem Häuptling wird eine Art Fahneneid geschworen. Waffenübungen werden ihm vorgeführt, endlich giebt's Fröhlichkeit und Tanz. Fortan haben die jungen Männer einen neuen Namen, sie dürfen mit ihren Eltern gemeinschaftlich essen, was früher wegen Un¬ reinheit nicht geduldet war, -- umgekehrt aber schlafen sie jetzt nicht mehr mit in der Elternhütte. Das beschnittene Glied aber tragen sie fürder in einem ledernen Futteral, das wie ein Suspensorium befestigt ist, -- mit ihrer Mannbarkeits¬ erklärung sind sie ins Stadium des "Symbols" getreten.
[Abbildung]
Der Bakairi-Indianer, von dem wir ausgingen, gehört nicht zu diesen Völkern, die beschneiden. Und doch beschäftigt auch er sich angelegentlich mit dem Problem seiner Vorhaut. Wenn heute der Arzt bei uns jene leidige Verengung, die Phimose, heilen will, so hat er zwei Mittel. Das eine ist das radikale eben der blutigen Beschneidung. Das andere, für milde Fälle ausreichende besteht in einer allmählichen Weitung der hemmenden Haut. Indem sie immer wieder vorgezogen und gymnastisch gedehnt wird, wird von innen hier Platz geschaffen. Nun genau das scheint unser Bakairi zu erzielen durch sein frühzeitiges Einklemmen und Abbinden der Vorhaut in der Hüftschnur. Es ist also wirklich ein ge¬ wissermaßen hygienischer, medizinischer, prophyllaktischer Sinn
abfallende Hülle verbrannt. Dann geht's ins Waſſer zu einem großen Bade. Das iſt die Kriſis. Nun erſcheinen die „Männer“ ſtolz vor dem Häuptling. Die Eltern bringen ihnen neue Fellmäntel und rüſten ein Feſtmahl aus gekochter Hirſe mit Milch, bei dem es mit größtem Ceremoniell hergeht. Zum Schluß werden ihnen Waffen gereicht, ein Stammes¬ älteſter erklärt ſie offiziell für Meiſter. Dem Häuptling wird eine Art Fahneneid geſchworen. Waffenübungen werden ihm vorgeführt, endlich giebt's Fröhlichkeit und Tanz. Fortan haben die jungen Männer einen neuen Namen, ſie dürfen mit ihren Eltern gemeinſchaftlich eſſen, was früher wegen Un¬ reinheit nicht geduldet war, — umgekehrt aber ſchlafen ſie jetzt nicht mehr mit in der Elternhütte. Das beſchnittene Glied aber tragen ſie fürder in einem ledernen Futteral, das wie ein Suſpenſorium befeſtigt iſt, — mit ihrer Mannbarkeits¬ erklärung ſind ſie ins Stadium des „Symbols“ getreten.
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Der Bakaïrí-Indianer, von dem wir ausgingen, gehört nicht zu dieſen Völkern, die beſchneiden. Und doch beſchäftigt auch er ſich angelegentlich mit dem Problem ſeiner Vorhaut. Wenn heute der Arzt bei uns jene leidige Verengung, die Phimoſe, heilen will, ſo hat er zwei Mittel. Das eine iſt das radikale eben der blutigen Beſchneidung. Das andere, für milde Fälle ausreichende beſteht in einer allmählichen Weitung der hemmenden Haut. Indem ſie immer wieder vorgezogen und gymnaſtiſch gedehnt wird, wird von innen hier Platz geſchaffen. Nun genau das ſcheint unſer Bakaïrí zu erzielen durch ſein frühzeitiges Einklemmen und Abbinden der Vorhaut in der Hüftſchnur. Es iſt alſo wirklich ein ge¬ wiſſermaßen hygieniſcher, mediziniſcher, prophyllaktiſcher Sinn
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abfallende Hülle verbrannt. Dann geht's ins Waſſer zu
einem großen Bade. Das iſt die Kriſis. Nun erſcheinen die
„Männer“ ſtolz vor dem Häuptling. Die Eltern bringen
ihnen neue Fellmäntel und rüſten ein Feſtmahl aus gekochter
Hirſe mit Milch, bei dem es mit größtem Ceremoniell hergeht.
Zum Schluß werden ihnen Waffen gereicht, ein Stammes¬
älteſter erklärt ſie offiziell für Meiſter. Dem Häuptling wird
eine Art Fahneneid geſchworen. Waffenübungen werden ihm
vorgeführt, endlich giebt's Fröhlichkeit und Tanz. Fortan
haben die jungen Männer einen neuen Namen, ſie dürfen
mit ihren Eltern gemeinſchaftlich eſſen, was früher wegen Un¬
reinheit nicht geduldet war, — umgekehrt aber ſchlafen ſie
jetzt nicht mehr mit in der Elternhütte. Das beſchnittene
Glied aber tragen ſie fürder in einem ledernen Futteral, das
wie ein Suſpenſorium befeſtigt iſt, — mit ihrer Mannbarkeits¬
erklärung ſind ſie ins Stadium des „Symbols“ getreten.
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Der Bakaïrí-Indianer, von dem wir ausgingen, gehört
nicht zu dieſen Völkern, die beſchneiden. Und doch beſchäftigt
auch er ſich angelegentlich mit dem Problem ſeiner Vorhaut.
Wenn heute der Arzt bei uns jene leidige Verengung, die
Phimoſe, heilen will, ſo hat er zwei Mittel. Das eine iſt
das radikale eben der blutigen Beſchneidung. Das andere,
für milde Fälle ausreichende beſteht in einer allmählichen
Weitung der hemmenden Haut. Indem ſie immer wieder
vorgezogen und gymnaſtiſch gedehnt wird, wird von innen
hier Platz geſchaffen. Nun genau das ſcheint unſer Bakaïrí
zu erzielen durch ſein frühzeitiges Einklemmen und Abbinden
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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 3. Leipzig, 1903, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben03_1903/136>, abgerufen am 22.11.2024.
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