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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Wo immer auf einem Gebiete menschlicher Gedanken¬
anstrengung die ehrwürdige Gestalt des alten Darwin auftaucht,
da ist geweihte Erde.

Auch die Geschichte des Liebeslebens dankt ihm einen
Alexanderzug. Aber du wirst mir erlauben, nachdem ich die
"Idee Darwins" in ein einzelnes Bild, soweit es ging, zu¬
sammengedrängt, ohne dazwischen zu reden: -- daß ich jetzt
auch noch ein kleines eigenes Wörtchen anhänge. Im Voll¬
gefühl, daß wir heute nicht Darwin in einer billigen Manier
zu "überwinden", -- wohl aber mit gutem Bemühen fort¬
schreitend im Sinne seines eigenen Zieles zu vertiefen haben.

Charles Darwins Ideen über diese sogenannte "Geschlecht¬
liche Zuchtwahl", wie wir sie seit dreißig Jahren jetzt besitzen,
sind in dieser Zeit Gegenstand der heftigsten, zum Teil aber
recht fruchtbarer Debatten gewesen.

Die wesentlichsten Thatsachen sind dabei unbestritten ge¬
blieben. Mein Paradiesvogel ist ja nur ein auf Darwins
Grundsätze abgehandeltes Exempel. Ähnliche Dinge findest du
in der höheren Tierwelt massenhaft. Prachtvolle Hochzeits¬
kleider der Männchen. Ein Wählen der Weibchen. Dann
verwandte Sachen fürs Ohr. Geigen, Singen, Musizieren der
Männchen. Vom zackigen Kamm des verliebten Teichmolchs
bis zum Liede der Nachtigall.


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Wo immer auf einem Gebiete menſchlicher Gedanken¬
anſtrengung die ehrwürdige Geſtalt des alten Darwin auftaucht,
da iſt geweihte Erde.

Auch die Geſchichte des Liebeslebens dankt ihm einen
Alexanderzug. Aber du wirſt mir erlauben, nachdem ich die
„Idee Darwins“ in ein einzelnes Bild, ſoweit es ging, zu¬
ſammengedrängt, ohne dazwiſchen zu reden: — daß ich jetzt
auch noch ein kleines eigenes Wörtchen anhänge. Im Voll¬
gefühl, daß wir heute nicht Darwin in einer billigen Manier
zu „überwinden“, — wohl aber mit gutem Bemühen fort¬
ſchreitend im Sinne ſeines eigenen Zieles zu vertiefen haben.

Charles Darwins Ideen über dieſe ſogenannte „Geſchlecht¬
liche Zuchtwahl“, wie wir ſie ſeit dreißig Jahren jetzt beſitzen,
ſind in dieſer Zeit Gegenſtand der heftigſten, zum Teil aber
recht fruchtbarer Debatten geweſen.

Die weſentlichſten Thatſachen ſind dabei unbeſtritten ge¬
blieben. Mein Paradiesvogel iſt ja nur ein auf Darwins
Grundſätze abgehandeltes Exempel. Ähnliche Dinge findeſt du
in der höheren Tierwelt maſſenhaft. Prachtvolle Hochzeits¬
kleider der Männchen. Ein Wählen der Weibchen. Dann
verwandte Sachen fürs Ohr. Geigen, Singen, Muſizieren der
Männchen. Vom zackigen Kamm des verliebten Teichmolchs
bis zum Liede der Nachtigall.

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[384/0400] [Abbildung] Wo immer auf einem Gebiete menſchlicher Gedanken¬ anſtrengung die ehrwürdige Geſtalt des alten Darwin auftaucht, da iſt geweihte Erde. Auch die Geſchichte des Liebeslebens dankt ihm einen Alexanderzug. Aber du wirſt mir erlauben, nachdem ich die „Idee Darwins“ in ein einzelnes Bild, ſoweit es ging, zu¬ ſammengedrängt, ohne dazwiſchen zu reden: — daß ich jetzt auch noch ein kleines eigenes Wörtchen anhänge. Im Voll¬ gefühl, daß wir heute nicht Darwin in einer billigen Manier zu „überwinden“, — wohl aber mit gutem Bemühen fort¬ ſchreitend im Sinne ſeines eigenen Zieles zu vertiefen haben. Charles Darwins Ideen über dieſe ſogenannte „Geſchlecht¬ liche Zuchtwahl“, wie wir ſie ſeit dreißig Jahren jetzt beſitzen, ſind in dieſer Zeit Gegenſtand der heftigſten, zum Teil aber recht fruchtbarer Debatten geweſen. Die weſentlichſten Thatſachen ſind dabei unbeſtritten ge¬ blieben. Mein Paradiesvogel iſt ja nur ein auf Darwins Grundſätze abgehandeltes Exempel. Ähnliche Dinge findeſt du in der höheren Tierwelt maſſenhaft. Prachtvolle Hochzeits¬ kleider der Männchen. Ein Wählen der Weibchen. Dann verwandte Sachen fürs Ohr. Geigen, Singen, Muſizieren der Männchen. Vom zackigen Kamm des verliebten Teichmolchs bis zum Liede der Nachtigall.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/400>, abgerufen am 22.11.2024.