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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Paradiesierin erweist sich als absolut unfähig zu dem gleichen
Akt. Mit all ihren Schönheitsgefühlen bleibt sie -- eine alte
graue Krähe. Und der Gegensatz ist so grell, daß man meinen
soll, die ganze Voraussetzung muß über ihm den Hals brechen.
Trotz Gehirn und Schönheitssinn scheint es nur einfach eine
doppelte und dreifache Absurdität, daß der Paradiesvogel sich
selber seine herrlichen Farben auf den Leib gemalt habe.

Wir sind jetzt wirklich in einer engen Gasse.

Die Dresdener Museumsschränke mit ihrem bunten Feder¬
volk und ihren klaren reinlichen Glasscheiben starren dich an,
als hätten sie ihre Schuldigkeit gethan und wüßten nun auch
nicht weiter. Wir müssen unseren größten Helfer beschwören:
den Gedanken, den allgewaltigen spiritus familiaris, den wir
Fauste dieses alten Erdplaneten nun doch allein besitzen und
in dem uns kein häßlicher Swinegel oder bildschöner Paradies¬
vogel irre machen kann.

Kein geringerer als Darwin hat an der Stelle, auf die
ich dich jetzt geführt habe, einen Gedanken gehabt.

Und der Gedanke, den er hatte, war kein geringerer als
der: gerade diese Thatsache, daß nur das Männchen des
Paradiesvogels schön gefärbt ist, giebt uns einen unmittel¬
baren Fingerzeig dafür, wie die Federpracht dieser Vögel über¬
haupt ihr eigenes Werk sein könnte.

Und zwar ein Werk der Liebe!

Folgendes ist im Kern die Darwinsche Schlußfolge. Darwin
hat sie allgemeiner ausgeführt für viele Vögel und noch andere
Tiere. Ich dränge sie dir zusammen in ihren Kerngedanken
auf unser Beispiel von den Paradiesvögeln, das zugestandener¬
maßen das lehrreichste und durchsichtigste aller bekannten ist.

[Abbildung]

Paradieſierin erweiſt ſich als abſolut unfähig zu dem gleichen
Akt. Mit all ihren Schönheitsgefühlen bleibt ſie — eine alte
graue Krähe. Und der Gegenſatz iſt ſo grell, daß man meinen
ſoll, die ganze Vorausſetzung muß über ihm den Hals brechen.
Trotz Gehirn und Schönheitsſinn ſcheint es nur einfach eine
doppelte und dreifache Abſurdität, daß der Paradiesvogel ſich
ſelber ſeine herrlichen Farben auf den Leib gemalt habe.

Wir ſind jetzt wirklich in einer engen Gaſſe.

Die Dresdener Muſeumsſchränke mit ihrem bunten Feder¬
volk und ihren klaren reinlichen Glasſcheiben ſtarren dich an,
als hätten ſie ihre Schuldigkeit gethan und wüßten nun auch
nicht weiter. Wir müſſen unſeren größten Helfer beſchwören:
den Gedanken, den allgewaltigen spiritus familiaris, den wir
Fauſte dieſes alten Erdplaneten nun doch allein beſitzen und
in dem uns kein häßlicher Swinegel oder bildſchöner Paradies¬
vogel irre machen kann.

Kein geringerer als Darwin hat an der Stelle, auf die
ich dich jetzt geführt habe, einen Gedanken gehabt.

Und der Gedanke, den er hatte, war kein geringerer als
der: gerade dieſe Thatſache, daß nur das Männchen des
Paradiesvogels ſchön gefärbt iſt, giebt uns einen unmittel¬
baren Fingerzeig dafür, wie die Federpracht dieſer Vögel über¬
haupt ihr eigenes Werk ſein könnte.

Und zwar ein Werk der Liebe!

Folgendes iſt im Kern die Darwinſche Schlußfolge. Darwin
hat ſie allgemeiner ausgeführt für viele Vögel und noch andere
Tiere. Ich dränge ſie dir zuſammen in ihren Kerngedanken
auf unſer Beiſpiel von den Paradiesvögeln, das zugeſtandener¬
maßen das lehrreichſte und durchſichtigſte aller bekannten iſt.

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[368/0384] Paradieſierin erweiſt ſich als abſolut unfähig zu dem gleichen Akt. Mit all ihren Schönheitsgefühlen bleibt ſie — eine alte graue Krähe. Und der Gegenſatz iſt ſo grell, daß man meinen ſoll, die ganze Vorausſetzung muß über ihm den Hals brechen. Trotz Gehirn und Schönheitsſinn ſcheint es nur einfach eine doppelte und dreifache Abſurdität, daß der Paradiesvogel ſich ſelber ſeine herrlichen Farben auf den Leib gemalt habe. Wir ſind jetzt wirklich in einer engen Gaſſe. Die Dresdener Muſeumsſchränke mit ihrem bunten Feder¬ volk und ihren klaren reinlichen Glasſcheiben ſtarren dich an, als hätten ſie ihre Schuldigkeit gethan und wüßten nun auch nicht weiter. Wir müſſen unſeren größten Helfer beſchwören: den Gedanken, den allgewaltigen spiritus familiaris, den wir Fauſte dieſes alten Erdplaneten nun doch allein beſitzen und in dem uns kein häßlicher Swinegel oder bildſchöner Paradies¬ vogel irre machen kann. Kein geringerer als Darwin hat an der Stelle, auf die ich dich jetzt geführt habe, einen Gedanken gehabt. Und der Gedanke, den er hatte, war kein geringerer als der: gerade dieſe Thatſache, daß nur das Männchen des Paradiesvogels ſchön gefärbt iſt, giebt uns einen unmittel¬ baren Fingerzeig dafür, wie die Federpracht dieſer Vögel über¬ haupt ihr eigenes Werk ſein könnte. Und zwar ein Werk der Liebe! Folgendes iſt im Kern die Darwinſche Schlußfolge. Darwin hat ſie allgemeiner ausgeführt für viele Vögel und noch andere Tiere. Ich dränge ſie dir zuſammen in ihren Kerngedanken auf unſer Beiſpiel von den Paradiesvögeln, das zugeſtandener¬ maßen das lehrreichſte und durchſichtigſte aller bekannten iſt. [Abbildung]

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/384>, abgerufen am 22.11.2024.