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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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Wie ein Wahnsinniger -- ein Monomane thatsächlich der
einen brummenden Taste seines Gefühlsorchesters -- stürzt
sich der Frosch auf ein beliebiges Froschweib. Auch er noch
ohne Begattungsglied, -- bloß allgemeiner Berührungs-Liebler.
Aber er packt das Weib mit einer Gewalt um den Leib, daß
es nicht selten daran stirbt. Ist kein echtes Froschweib seines
Gleichen zur Hand, so packt er auch ein anderes gerade ver¬
fügbares Tier und regt sich daran zum Ziel auf. Ein
Karpfen wird beritten, daß die Schuppen fliegen und nicht
selten die Augen gar ausgekratzt werden. Eine Kröte im
Goldfischglase hetzte die Goldfische schließlich zu Tode so.
Aber Männchen des Frosches bespringen auch Männchen, wenn
es nicht anders ist. Ein totes Weibchen wird genau so wüst
umarmt wie ein lebendiges. Ein schon liebend vereintes Paar
wird von ledigen Männern nochmals bestiegen, bis ein ganzer
ekler Klumpen verworrenen Lebens entsteht. Ja ganz lebloses
Holz wird schließlich erfaßt und begattet.

Tolles Spiel. Denkst du nicht daran, was Menschen¬
unsinn alles versucht hat mit der Wollust?

Alles, um in diesen dumpfen Grundbaß Abwechslung zu
bringen. Liebe zwischen Mann und Mann, Weib und Weib.
Liebe mit Eseln und Gänsen. Liebe mit Toten, mit Ge¬
quälten, mit Sterbenden. Liebe mit künstlichen Gegenständen,
mit Puppen und Apparaten. Liebe zu Vielen. Liebe in den
kautschukmenschenartig ausgeklügeltsten Stellungen. Es ist wohl
nicht nötig, diese humoristische Schreckenskammer weiter auf¬
zuthun.

Schließlich kommt der vollgeprüfte Liebesepikureer und
spricht als Fazit aus, wie armselig wenig doch im Grunde
dieses an Intensität so ungeheure Wollustgefühl zu variieren
sei, -- ein kleiner Kreis, ewig neu abgetrottet, und als Re¬
sultat eigentlich immer wieder gar nichts.

Das alles hat aber -- bis auf das Philosophieren --
wirklich der Frosch schon vorgemacht, und du großer Raffine¬

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Wie ein Wahnſinniger — ein Monomane thatſächlich der
einen brummenden Taſte ſeines Gefühlsorcheſters — ſtürzt
ſich der Froſch auf ein beliebiges Froſchweib. Auch er noch
ohne Begattungsglied, — bloß allgemeiner Berührungs-Liebler.
Aber er packt das Weib mit einer Gewalt um den Leib, daß
es nicht ſelten daran ſtirbt. Iſt kein echtes Froſchweib ſeines
Gleichen zur Hand, ſo packt er auch ein anderes gerade ver¬
fügbares Tier und regt ſich daran zum Ziel auf. Ein
Karpfen wird beritten, daß die Schuppen fliegen und nicht
ſelten die Augen gar ausgekratzt werden. Eine Kröte im
Goldfiſchglaſe hetzte die Goldfiſche ſchließlich zu Tode ſo.
Aber Männchen des Froſches beſpringen auch Männchen, wenn
es nicht anders iſt. Ein totes Weibchen wird genau ſo wüſt
umarmt wie ein lebendiges. Ein ſchon liebend vereintes Paar
wird von ledigen Männern nochmals beſtiegen, bis ein ganzer
ekler Klumpen verworrenen Lebens entſteht. Ja ganz lebloſes
Holz wird ſchließlich erfaßt und begattet.

Tolles Spiel. Denkſt du nicht daran, was Menſchen¬
unſinn alles verſucht hat mit der Wolluſt?

Alles, um in dieſen dumpfen Grundbaß Abwechslung zu
bringen. Liebe zwiſchen Mann und Mann, Weib und Weib.
Liebe mit Eſeln und Gänſen. Liebe mit Toten, mit Ge¬
quälten, mit Sterbenden. Liebe mit künſtlichen Gegenſtänden,
mit Puppen und Apparaten. Liebe zu Vielen. Liebe in den
kautſchukmenſchenartig ausgeklügeltſten Stellungen. Es iſt wohl
nicht nötig, dieſe humoriſtiſche Schreckenskammer weiter auf¬
zuthun.

Schließlich kommt der vollgeprüfte Liebesepikureer und
ſpricht als Fazit aus, wie armſelig wenig doch im Grunde
dieſes an Intenſität ſo ungeheure Wolluſtgefühl zu variieren
ſei, — ein kleiner Kreis, ewig neu abgetrottet, und als Re¬
ſultat eigentlich immer wieder gar nichts.

Das alles hat aber — bis auf das Philoſophieren —
wirklich der Froſch ſchon vorgemacht, und du großer Raffine¬

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[321/0337] Wie ein Wahnſinniger — ein Monomane thatſächlich der einen brummenden Taſte ſeines Gefühlsorcheſters — ſtürzt ſich der Froſch auf ein beliebiges Froſchweib. Auch er noch ohne Begattungsglied, — bloß allgemeiner Berührungs-Liebler. Aber er packt das Weib mit einer Gewalt um den Leib, daß es nicht ſelten daran ſtirbt. Iſt kein echtes Froſchweib ſeines Gleichen zur Hand, ſo packt er auch ein anderes gerade ver¬ fügbares Tier und regt ſich daran zum Ziel auf. Ein Karpfen wird beritten, daß die Schuppen fliegen und nicht ſelten die Augen gar ausgekratzt werden. Eine Kröte im Goldfiſchglaſe hetzte die Goldfiſche ſchließlich zu Tode ſo. Aber Männchen des Froſches beſpringen auch Männchen, wenn es nicht anders iſt. Ein totes Weibchen wird genau ſo wüſt umarmt wie ein lebendiges. Ein ſchon liebend vereintes Paar wird von ledigen Männern nochmals beſtiegen, bis ein ganzer ekler Klumpen verworrenen Lebens entſteht. Ja ganz lebloſes Holz wird ſchließlich erfaßt und begattet. Tolles Spiel. Denkſt du nicht daran, was Menſchen¬ unſinn alles verſucht hat mit der Wolluſt? Alles, um in dieſen dumpfen Grundbaß Abwechslung zu bringen. Liebe zwiſchen Mann und Mann, Weib und Weib. Liebe mit Eſeln und Gänſen. Liebe mit Toten, mit Ge¬ quälten, mit Sterbenden. Liebe mit künſtlichen Gegenſtänden, mit Puppen und Apparaten. Liebe zu Vielen. Liebe in den kautſchukmenſchenartig ausgeklügeltſten Stellungen. Es iſt wohl nicht nötig, dieſe humoriſtiſche Schreckenskammer weiter auf¬ zuthun. Schließlich kommt der vollgeprüfte Liebesepikureer und ſpricht als Fazit aus, wie armſelig wenig doch im Grunde dieſes an Intenſität ſo ungeheure Wolluſtgefühl zu variieren ſei, — ein kleiner Kreis, ewig neu abgetrottet, und als Re¬ ſultat eigentlich immer wieder gar nichts. Das alles hat aber — bis auf das Philoſophieren — wirklich der Froſch ſchon vorgemacht, und du großer Raffine¬ 21

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/337>, abgerufen am 22.11.2024.