Indessen alle diese Befestigungsarten, so sinnreich sie sein mochten, gingen schließlich doch sämtlich nur wie die Katze um den heißen Brei herum.
Wenn ich auf schwankendem Schiff aus einer Flasche in ein Glas gießen will, so ist ja eine erste Grundbedingung ge¬ wiß, daß ich Flasche und Glas mit Hilfe meiner Hände möglichst nahe nebeneinander bringe. Aber im entscheidenden Moment ist doch noch mehr nötig: ich muß sie "ineinander" bringen, so weit, daß der Flaschenhals wenigstens den Glas¬ mund berührt und etwas in ihn eintritt. Nur so kann ich vermeiden, daß jeder Schwankungsstoß das Naß außerhalb verspritzt.
Und so mußte der Haupttrumpf endlich doch noch ein¬ setzen: ein eigenes Glied ausdrücklich für den Geschlechtszweck. Ein Begattungsglied. Folgendes war der sinnreiche Weg dazu.
Zuerst wurde es wieder mit dem Sparprinzip versucht. Die Natur knüpfte ans Vorhandene an. Der Fisch hatte seine Bewegungsglieder, die Flossen. Konnte da nicht einfach eins in den Dienst des Geschlechtsaktes noch viel enger treten als durch äußere Tanzstellung des Leibes?
Denke dir 's einmal wieder an dir selbst. Eines deiner echten Glieder soll Mannesglied spielen. Der Samenöffnung immerhin am nächsten sind die Beine. Also denke dir, die Samenröhre ginge innerlich in deinen Schenkel hinein bis ans Knie. Am Knie erst öffnete sie sich nach außen. Jetzt solltest du zum Begattungsakt das Bein im Knie einknicken und dann mit der Knieecke voran in die Weibespforte pressen. In diesem Augenblick spritzte der Samen dir aus und in die Pforte hinein. Nach solcher Methode haben nun manche Fische un¬ gefähr die Sache wirklich versucht. Einige Zahnkarpfen haben eine überzählige Bewegungsflosse, die sogenannte Afterflosse am Bauch, sehr nett in ein solches "Begattungsbein" verwandelt. Der Samenkanal kommt aus dem Leibe heraus, geht in den
Indeſſen alle dieſe Befeſtigungsarten, ſo ſinnreich ſie ſein mochten, gingen ſchließlich doch ſämtlich nur wie die Katze um den heißen Brei herum.
Wenn ich auf ſchwankendem Schiff aus einer Flaſche in ein Glas gießen will, ſo iſt ja eine erſte Grundbedingung ge¬ wiß, daß ich Flaſche und Glas mit Hilfe meiner Hände möglichſt nahe nebeneinander bringe. Aber im entſcheidenden Moment iſt doch noch mehr nötig: ich muß ſie „ineinander“ bringen, ſo weit, daß der Flaſchenhals wenigſtens den Glas¬ mund berührt und etwas in ihn eintritt. Nur ſo kann ich vermeiden, daß jeder Schwankungsſtoß das Naß außerhalb verſpritzt.
Und ſo mußte der Haupttrumpf endlich doch noch ein¬ ſetzen: ein eigenes Glied ausdrücklich für den Geſchlechtszweck. Ein Begattungsglied. Folgendes war der ſinnreiche Weg dazu.
Zuerſt wurde es wieder mit dem Sparprinzip verſucht. Die Natur knüpfte ans Vorhandene an. Der Fiſch hatte ſeine Bewegungsglieder, die Floſſen. Konnte da nicht einfach eins in den Dienſt des Geſchlechtsaktes noch viel enger treten als durch äußere Tanzſtellung des Leibes?
Denke dir 's einmal wieder an dir ſelbſt. Eines deiner echten Glieder ſoll Mannesglied ſpielen. Der Samenöffnung immerhin am nächſten ſind die Beine. Alſo denke dir, die Samenröhre ginge innerlich in deinen Schenkel hinein bis ans Knie. Am Knie erſt öffnete ſie ſich nach außen. Jetzt ſollteſt du zum Begattungsakt das Bein im Knie einknicken und dann mit der Knieecke voran in die Weibespforte preſſen. In dieſem Augenblick ſpritzte der Samen dir aus und in die Pforte hinein. Nach ſolcher Methode haben nun manche Fiſche un¬ gefähr die Sache wirklich verſucht. Einige Zahnkarpfen haben eine überzählige Bewegungsfloſſe, die ſogenannte Afterfloſſe am Bauch, ſehr nett in ein ſolches „Begattungsbein“ verwandelt. Der Samenkanal kommt aus dem Leibe heraus, geht in den
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0292"n="276"/><p>Indeſſen alle dieſe Befeſtigungsarten, ſo ſinnreich ſie ſein<lb/>
mochten, gingen ſchließlich doch ſämtlich nur wie die Katze um<lb/>
den heißen Brei herum.</p><lb/><p>Wenn ich auf ſchwankendem Schiff aus einer Flaſche in<lb/>
ein Glas gießen will, ſo iſt ja eine erſte Grundbedingung ge¬<lb/>
wiß, daß ich Flaſche und Glas mit Hilfe meiner Hände<lb/>
möglichſt nahe nebeneinander bringe. Aber im entſcheidenden<lb/>
Moment iſt doch noch mehr nötig: ich muß ſie „ineinander“<lb/>
bringen, ſo weit, daß der Flaſchenhals wenigſtens den Glas¬<lb/>
mund berührt und etwas in ihn eintritt. Nur ſo kann ich<lb/>
vermeiden, daß jeder Schwankungsſtoß das Naß außerhalb<lb/>
verſpritzt.</p><lb/><p>Und ſo mußte der Haupttrumpf endlich doch noch ein¬<lb/>ſetzen: ein eigenes Glied ausdrücklich für den Geſchlechtszweck.<lb/><hirendition="#g">Ein Begattungsglied</hi>. Folgendes war der ſinnreiche<lb/>
Weg dazu.</p><lb/><p>Zuerſt wurde es wieder mit dem Sparprinzip verſucht.<lb/>
Die Natur knüpfte ans Vorhandene an. Der Fiſch hatte ſeine<lb/>
Bewegungsglieder, die Floſſen. Konnte da nicht einfach eins<lb/>
in den Dienſt des Geſchlechtsaktes noch viel enger treten als<lb/>
durch äußere Tanzſtellung des Leibes?</p><lb/><p>Denke dir 's einmal wieder an dir ſelbſt. Eines deiner<lb/>
echten Glieder ſoll Mannesglied ſpielen. Der Samenöffnung<lb/>
immerhin am nächſten ſind die Beine. Alſo denke dir, die<lb/>
Samenröhre ginge innerlich in deinen Schenkel hinein bis ans<lb/>
Knie. Am Knie erſt öffnete ſie ſich nach außen. Jetzt ſollteſt<lb/>
du zum Begattungsakt das Bein im Knie einknicken und dann<lb/>
mit der Knieecke voran in die Weibespforte preſſen. In dieſem<lb/>
Augenblick ſpritzte der Samen dir aus und in die Pforte<lb/>
hinein. Nach ſolcher Methode haben nun manche Fiſche un¬<lb/>
gefähr die Sache wirklich verſucht. Einige Zahnkarpfen haben<lb/>
eine überzählige Bewegungsfloſſe, die ſogenannte Afterfloſſe am<lb/>
Bauch, ſehr nett in ein ſolches „Begattungsbein“ verwandelt.<lb/>
Der Samenkanal kommt aus dem Leibe heraus, geht in den<lb/></p></div></body></text></TEI>
[276/0292]
Indeſſen alle dieſe Befeſtigungsarten, ſo ſinnreich ſie ſein
mochten, gingen ſchließlich doch ſämtlich nur wie die Katze um
den heißen Brei herum.
Wenn ich auf ſchwankendem Schiff aus einer Flaſche in
ein Glas gießen will, ſo iſt ja eine erſte Grundbedingung ge¬
wiß, daß ich Flaſche und Glas mit Hilfe meiner Hände
möglichſt nahe nebeneinander bringe. Aber im entſcheidenden
Moment iſt doch noch mehr nötig: ich muß ſie „ineinander“
bringen, ſo weit, daß der Flaſchenhals wenigſtens den Glas¬
mund berührt und etwas in ihn eintritt. Nur ſo kann ich
vermeiden, daß jeder Schwankungsſtoß das Naß außerhalb
verſpritzt.
Und ſo mußte der Haupttrumpf endlich doch noch ein¬
ſetzen: ein eigenes Glied ausdrücklich für den Geſchlechtszweck.
Ein Begattungsglied. Folgendes war der ſinnreiche
Weg dazu.
Zuerſt wurde es wieder mit dem Sparprinzip verſucht.
Die Natur knüpfte ans Vorhandene an. Der Fiſch hatte ſeine
Bewegungsglieder, die Floſſen. Konnte da nicht einfach eins
in den Dienſt des Geſchlechtsaktes noch viel enger treten als
durch äußere Tanzſtellung des Leibes?
Denke dir 's einmal wieder an dir ſelbſt. Eines deiner
echten Glieder ſoll Mannesglied ſpielen. Der Samenöffnung
immerhin am nächſten ſind die Beine. Alſo denke dir, die
Samenröhre ginge innerlich in deinen Schenkel hinein bis ans
Knie. Am Knie erſt öffnete ſie ſich nach außen. Jetzt ſollteſt
du zum Begattungsakt das Bein im Knie einknicken und dann
mit der Knieecke voran in die Weibespforte preſſen. In dieſem
Augenblick ſpritzte der Samen dir aus und in die Pforte
hinein. Nach ſolcher Methode haben nun manche Fiſche un¬
gefähr die Sache wirklich verſucht. Einige Zahnkarpfen haben
eine überzählige Bewegungsfloſſe, die ſogenannte Afterfloſſe am
Bauch, ſehr nett in ein ſolches „Begattungsbein“ verwandelt.
Der Samenkanal kommt aus dem Leibe heraus, geht in den
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 276. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/292>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.