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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900.

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die ja nichts anderes ist als das prall gefüllte Samenreservoir
des Bräutigams, -- und sie mit der Größe des ganzen Tieres
vergleichst -- und dir sagst, daß jede Samenzelle einzeln
mikroskopisch klein ist, -- so mag dir das Entsprechende
zu jener Eierhekatombe klar werden.

Ein kurioses Volk im Grunde, -- wir Menschen. Beim
Hering haben wir uns ganz behaglich daran gewöhnt, als sei
es etwas Selbstverständliches: die Samenmasse selbst als feinsten
Leckerbissen zu verspeisen. Der Ekel vor irgend einer Kost,
hat Oskar Peschel einmal gut gesagt, beruht nur auf Überein¬
kommen oder Grauen vor dem Unbekannten. Es klingt uns
ziemlich grausig, wenn der Araber seinem Allah dankt, weil er
ihm ein Gericht Heuschrecken bescheert hat; oder die hübschen
Samoamädchen mit ihren gesunden Zähnen auf eine fette
Bockkäfermade beißen, daß es nur so knackt und der Wurm
sich zwischen den Lippen windet wie eine lebendig gewordene
Zigarette; oder wenn die ebenfalls recht nette südamerikanische
Bakairimaid ihrem Liebsten ein paar besonders wohlgenährte
Läuslein ihres schwarzen Straffhaars als Leckerbissen aufhebt.
Dabei schwelgen wir Kulturepikureer in sauren Schweinsnieren,
obwohl wir ganz gut wissen, daß es die Harnorgane dieses
appetitlichsten aller Säugetiere sind, und den thatsächlichen
Gipfel aller kulturfeinsten Zungenästhetik bildet, wie unmöglich
zu leugnen ist, der Schnepfendreck, dessen eigentliches Kräutlein
Nießmitlust die Exkremente und klein zerhackten Bandwürmer
des Darminhalts der Schnepfe sind. In dieser Linie hätte es
nicht mit rechten Dingen zugehen müssen, wenn nicht auch jene
tolle tierische Samenproduktion irgendwo ins Lichtfeld unserer
Tafelfreuden geraten wäre. Was müssen diese kleinen Silber¬
fische aber in dieser Sorte produzieren, wenn man bedenkt,
daß ein großer ausgewachsener Mensch, an dem jeder Finger
halb so lang ist wie der ganze Fisch, an einer ganz beschränkten
Zahl von ein paar solchen Milchnern sich geradenwegens mit
eitel Fischsamen satt essen kann.

die ja nichts anderes iſt als das prall gefüllte Samenreſervoir
des Bräutigams, — und ſie mit der Größe des ganzen Tieres
vergleichſt — und dir ſagſt, daß jede Samenzelle einzeln
mikroſkopiſch klein iſt, — ſo mag dir das Entſprechende
zu jener Eierhekatombe klar werden.

Ein kurioſes Volk im Grunde, — wir Menſchen. Beim
Hering haben wir uns ganz behaglich daran gewöhnt, als ſei
es etwas Selbſtverſtändliches: die Samenmaſſe ſelbſt als feinſten
Leckerbiſſen zu verſpeiſen. Der Ekel vor irgend einer Koſt,
hat Oskar Peſchel einmal gut geſagt, beruht nur auf Überein¬
kommen oder Grauen vor dem Unbekannten. Es klingt uns
ziemlich grauſig, wenn der Araber ſeinem Allah dankt, weil er
ihm ein Gericht Heuſchrecken beſcheert hat; oder die hübſchen
Samoamädchen mit ihren geſunden Zähnen auf eine fette
Bockkäfermade beißen, daß es nur ſo knackt und der Wurm
ſich zwiſchen den Lippen windet wie eine lebendig gewordene
Zigarette; oder wenn die ebenfalls recht nette ſüdamerikaniſche
Bakairimaid ihrem Liebſten ein paar beſonders wohlgenährte
Läuslein ihres ſchwarzen Straffhaars als Leckerbiſſen aufhebt.
Dabei ſchwelgen wir Kulturepikureer in ſauren Schweinsnieren,
obwohl wir ganz gut wiſſen, daß es die Harnorgane dieſes
appetitlichſten aller Säugetiere ſind, und den thatſächlichen
Gipfel aller kulturfeinſten Zungenäſthetik bildet, wie unmöglich
zu leugnen iſt, der Schnepfendreck, deſſen eigentliches Kräutlein
Nießmitluſt die Exkremente und klein zerhackten Bandwürmer
des Darminhalts der Schnepfe ſind. In dieſer Linie hätte es
nicht mit rechten Dingen zugehen müſſen, wenn nicht auch jene
tolle tieriſche Samenproduktion irgendwo ins Lichtfeld unſerer
Tafelfreuden geraten wäre. Was müſſen dieſe kleinen Silber¬
fiſche aber in dieſer Sorte produzieren, wenn man bedenkt,
daß ein großer ausgewachſener Menſch, an dem jeder Finger
halb ſo lang iſt wie der ganze Fiſch, an einer ganz beſchränkten
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[204/0220] die ja nichts anderes iſt als das prall gefüllte Samenreſervoir des Bräutigams, — und ſie mit der Größe des ganzen Tieres vergleichſt — und dir ſagſt, daß jede Samenzelle einzeln mikroſkopiſch klein iſt, — ſo mag dir das Entſprechende zu jener Eierhekatombe klar werden. Ein kurioſes Volk im Grunde, — wir Menſchen. Beim Hering haben wir uns ganz behaglich daran gewöhnt, als ſei es etwas Selbſtverſtändliches: die Samenmaſſe ſelbſt als feinſten Leckerbiſſen zu verſpeiſen. Der Ekel vor irgend einer Koſt, hat Oskar Peſchel einmal gut geſagt, beruht nur auf Überein¬ kommen oder Grauen vor dem Unbekannten. Es klingt uns ziemlich grauſig, wenn der Araber ſeinem Allah dankt, weil er ihm ein Gericht Heuſchrecken beſcheert hat; oder die hübſchen Samoamädchen mit ihren geſunden Zähnen auf eine fette Bockkäfermade beißen, daß es nur ſo knackt und der Wurm ſich zwiſchen den Lippen windet wie eine lebendig gewordene Zigarette; oder wenn die ebenfalls recht nette ſüdamerikaniſche Bakairimaid ihrem Liebſten ein paar beſonders wohlgenährte Läuslein ihres ſchwarzen Straffhaars als Leckerbiſſen aufhebt. Dabei ſchwelgen wir Kulturepikureer in ſauren Schweinsnieren, obwohl wir ganz gut wiſſen, daß es die Harnorgane dieſes appetitlichſten aller Säugetiere ſind, und den thatſächlichen Gipfel aller kulturfeinſten Zungenäſthetik bildet, wie unmöglich zu leugnen iſt, der Schnepfendreck, deſſen eigentliches Kräutlein Nießmitluſt die Exkremente und klein zerhackten Bandwürmer des Darminhalts der Schnepfe ſind. In dieſer Linie hätte es nicht mit rechten Dingen zugehen müſſen, wenn nicht auch jene tolle tieriſche Samenproduktion irgendwo ins Lichtfeld unſerer Tafelfreuden geraten wäre. Was müſſen dieſe kleinen Silber¬ fiſche aber in dieſer Sorte produzieren, wenn man bedenkt, daß ein großer ausgewachſener Menſch, an dem jeder Finger halb ſo lang iſt wie der ganze Fiſch, an einer ganz beſchränkten Zahl von ein paar ſolchen Milchnern ſich geradenwegens mit eitel Fiſchſamen ſatt eſſen kann.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 2. Leipzig, 1900, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben02_1900/220>, abgerufen am 24.11.2024.