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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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Sie umwimmeln die Kugel. Jetzt erst, im nahen Kon¬
trast, wird ganz deutlich, wie klein sie im Vergleich zu dieser
sind. Jene engen Kanäle in dem prallen Glasdach der Kugel,
die wir schon zu Anfang bemerkt haben, geben den ge¬
schwänzten Ankömmlingen Raum genug, um in das Innere
der Kugel vorzudringen. Und dahin geht offenbar ihr Streben.
Mehrere zugleich sind alsbald in den Kanälen längelang
ausgestreckt und kriechen wie Dachshunde in den Kessel hinab.
Es scheint ein Wettkriechen, wer zuerst den Innenraum zwischen
Glasdeckel und gelber Kugelmasse (jenen Innenraum, in dem
früher die "Richtungskörper" abgelagert worden sind) erreiche.

Einer der Räuber ist voran. Und plötzlich, wie wir ihn
inwendig mit seinem Köpfchen sich aus dem Kanal in den
offenen Zwischenraum herausarbeiten sehen, ergreift ein über¬
raschendes Leben auch die gelbe Masse in der Kugel selbst.

Auch dort ist es, als zeige irgend ein jäh erwachender
Sinn die Nähe des ersten verwegenen Eindringlings jetzt an.
Genau der Stelle gegenüber, wo dieser sein Köpfchen aus dem
Kanal des Glasdachs streckt, drängt die gelbe Kugel wie ent¬
gegenkommend eine hügelartige Erhebung in den freien Raum
hinauf. Ein Moment: und der Kopf des fremden Wesens hat
diese gleichsam vorgestreckte Hand ergriffen, -- er sinkt in die
Erhöhung der gelblichen Kugelmasse direkt hinein. Und die
Masse, wie selbst befriedigt davon, umschließt ihn von allen
Seiten fest zum Nichtmehrloslassen.

Vergebens erwarten andere, etwas verspätete Räuber, indem
sie jetzt auch aus den Kanälen nach innen vorkommen, ein ähn¬
liches Entgegenkommen der gelben Masse. Aber ihnen bietet die
Kugel keine innere Hand mehr dar, -- im Gegenteil: die ganze
gelbe Masse überzieht sich, kaum ist jener erste glücklichste Gast
kopfüber in ihr versunken, sogleich mit einer festen Separathülle,
die jedes Eindringen in ihren weichen Leib fortan unmöglich
macht. Was außerhalb dieser neuen Hülle ist, muß nach hoffnungs¬
losem Antichambrieren endlich elendiglich zu Grunde gehen.

Sie umwimmeln die Kugel. Jetzt erſt, im nahen Kon¬
traſt, wird ganz deutlich, wie klein ſie im Vergleich zu dieſer
ſind. Jene engen Kanäle in dem prallen Glasdach der Kugel,
die wir ſchon zu Anfang bemerkt haben, geben den ge¬
ſchwänzten Ankömmlingen Raum genug, um in das Innere
der Kugel vorzudringen. Und dahin geht offenbar ihr Streben.
Mehrere zugleich ſind alsbald in den Kanälen längelang
ausgeſtreckt und kriechen wie Dachshunde in den Keſſel hinab.
Es ſcheint ein Wettkriechen, wer zuerſt den Innenraum zwiſchen
Glasdeckel und gelber Kugelmaſſe (jenen Innenraum, in dem
früher die „Richtungskörper“ abgelagert worden ſind) erreiche.

Einer der Räuber iſt voran. Und plötzlich, wie wir ihn
inwendig mit ſeinem Köpfchen ſich aus dem Kanal in den
offenen Zwiſchenraum herausarbeiten ſehen, ergreift ein über¬
raſchendes Leben auch die gelbe Maſſe in der Kugel ſelbſt.

Auch dort iſt es, als zeige irgend ein jäh erwachender
Sinn die Nähe des erſten verwegenen Eindringlings jetzt an.
Genau der Stelle gegenüber, wo dieſer ſein Köpfchen aus dem
Kanal des Glasdachs ſtreckt, drängt die gelbe Kugel wie ent¬
gegenkommend eine hügelartige Erhebung in den freien Raum
hinauf. Ein Moment: und der Kopf des fremden Weſens hat
dieſe gleichſam vorgeſtreckte Hand ergriffen, — er ſinkt in die
Erhöhung der gelblichen Kugelmaſſe direkt hinein. Und die
Maſſe, wie ſelbſt befriedigt davon, umſchließt ihn von allen
Seiten feſt zum Nichtmehrloslaſſen.

Vergebens erwarten andere, etwas verſpätete Räuber, indem
ſie jetzt auch aus den Kanälen nach innen vorkommen, ein ähn¬
liches Entgegenkommen der gelben Maſſe. Aber ihnen bietet die
Kugel keine innere Hand mehr dar, — im Gegenteil: die ganze
gelbe Maſſe überzieht ſich, kaum iſt jener erſte glücklichſte Gaſt
kopfüber in ihr verſunken, ſogleich mit einer feſten Separathülle,
die jedes Eindringen in ihren weichen Leib fortan unmöglich
macht. Was außerhalb dieſer neuen Hülle iſt, muß nach hoffnungs¬
loſem Antichambrieren endlich elendiglich zu Grunde gehen.

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[52/0068] Sie umwimmeln die Kugel. Jetzt erſt, im nahen Kon¬ traſt, wird ganz deutlich, wie klein ſie im Vergleich zu dieſer ſind. Jene engen Kanäle in dem prallen Glasdach der Kugel, die wir ſchon zu Anfang bemerkt haben, geben den ge¬ ſchwänzten Ankömmlingen Raum genug, um in das Innere der Kugel vorzudringen. Und dahin geht offenbar ihr Streben. Mehrere zugleich ſind alsbald in den Kanälen längelang ausgeſtreckt und kriechen wie Dachshunde in den Keſſel hinab. Es ſcheint ein Wettkriechen, wer zuerſt den Innenraum zwiſchen Glasdeckel und gelber Kugelmaſſe (jenen Innenraum, in dem früher die „Richtungskörper“ abgelagert worden ſind) erreiche. Einer der Räuber iſt voran. Und plötzlich, wie wir ihn inwendig mit ſeinem Köpfchen ſich aus dem Kanal in den offenen Zwiſchenraum herausarbeiten ſehen, ergreift ein über¬ raſchendes Leben auch die gelbe Maſſe in der Kugel ſelbſt. Auch dort iſt es, als zeige irgend ein jäh erwachender Sinn die Nähe des erſten verwegenen Eindringlings jetzt an. Genau der Stelle gegenüber, wo dieſer ſein Köpfchen aus dem Kanal des Glasdachs ſtreckt, drängt die gelbe Kugel wie ent¬ gegenkommend eine hügelartige Erhebung in den freien Raum hinauf. Ein Moment: und der Kopf des fremden Weſens hat dieſe gleichſam vorgeſtreckte Hand ergriffen, — er ſinkt in die Erhöhung der gelblichen Kugelmaſſe direkt hinein. Und die Maſſe, wie ſelbſt befriedigt davon, umſchließt ihn von allen Seiten feſt zum Nichtmehrloslaſſen. Vergebens erwarten andere, etwas verſpätete Räuber, indem ſie jetzt auch aus den Kanälen nach innen vorkommen, ein ähn¬ liches Entgegenkommen der gelben Maſſe. Aber ihnen bietet die Kugel keine innere Hand mehr dar, — im Gegenteil: die ganze gelbe Maſſe überzieht ſich, kaum iſt jener erſte glücklichſte Gaſt kopfüber in ihr verſunken, ſogleich mit einer feſten Separathülle, die jedes Eindringen in ihren weichen Leib fortan unmöglich macht. Was außerhalb dieſer neuen Hülle iſt, muß nach hoffnungs¬ loſem Antichambrieren endlich elendiglich zu Grunde gehen.

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/68>, abgerufen am 25.11.2024.