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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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Wie Astarte, so auch Maria nur eine Durchgangsform zu
noch Reinerem. Im Zeitalter Goethes ist es, als schmiede sich
langsam aus Astarte und Isis und Maria ein neues Bild.

Wieder ein ins letzte unseres Weltgedankens verklärtes
Liebesbild.

Die Natur.

Wir ringen noch damit. Der Zweifel raunt uns ins Ohr,
wir bauten eine Schädelpyramide auf. In der entgötterten
Natur werde nie mehr die Liebe wohnen. Und doch! Rafael
trägt dich hier nicht mehr, du mußt einsam empor.

Der alte treue Glaube an den liebenden Vater im Himmel
sinkt zusammen wie eine kleine Guirlande, die der Mensch aus
armen Erdenblumen sich erbaut. Ein Windstoß bricht sie, und
zu dir herüber glühen aus dem Riß wieder die fernen, rätsel¬
vollen Sterne des uferlosen Firmaments.

Das Mystische im liebenden Christus fällt, -- was er
gelehrt, wird schwer erkämpftes Menschengut.

Und doch: bleibe stark. Aus der Natur kommt dir die
Idee der Entwickelung. Sterne werden zu Leben. Und das
Leben steigt empor. Über Form und Form bis zum Geist
hinauf, der die Entwickelung nicht nur lebt, sondern auch er¬
kennt. Hier liegt der starke Trost. Hier richtet sich ein neuer
Optimismus auf.

Sieh aber hinein in das Gezweige dieser Entwickelung.

Wie das webt und sich verschlingt ..... siehst du nicht die
Liebe überall dabei? Auf Liebe steht die Folge der Ge¬
schlechter, durch sie kommt der Baum des Lebens auf dem
wandernden Planeten von Ast zu Ast herauf, bis endlich die
Geistesknospe bricht. Die Liebe ist Kraft, die treibt, und
zugleich an sich selber Beispiel, wie das Dunkle zum Lichte
wächst -- wie sie selbst sich vom Wilden löst und ins Ver¬
geistigte wächst.

Die Spanne der Entwickelung, die wir überschauen, ist
winzig klein. Ein einziges Planetenleben -- und auch das

Wie Aſtarte, ſo auch Maria nur eine Durchgangsform zu
noch Reinerem. Im Zeitalter Goethes iſt es, als ſchmiede ſich
langſam aus Aſtarte und Iſis und Maria ein neues Bild.

Wieder ein ins letzte unſeres Weltgedankens verklärtes
Liebesbild.

Die Natur.

Wir ringen noch damit. Der Zweifel raunt uns ins Ohr,
wir bauten eine Schädelpyramide auf. In der entgötterten
Natur werde nie mehr die Liebe wohnen. Und doch! Rafael
trägt dich hier nicht mehr, du mußt einſam empor.

Der alte treue Glaube an den liebenden Vater im Himmel
ſinkt zuſammen wie eine kleine Guirlande, die der Menſch aus
armen Erdenblumen ſich erbaut. Ein Windſtoß bricht ſie, und
zu dir herüber glühen aus dem Riß wieder die fernen, rätſel¬
vollen Sterne des uferloſen Firmaments.

Das Myſtiſche im liebenden Chriſtus fällt, — was er
gelehrt, wird ſchwer erkämpftes Menſchengut.

Und doch: bleibe ſtark. Aus der Natur kommt dir die
Idee der Entwickelung. Sterne werden zu Leben. Und das
Leben ſteigt empor. Über Form und Form bis zum Geiſt
hinauf, der die Entwickelung nicht nur lebt, ſondern auch er¬
kennt. Hier liegt der ſtarke Troſt. Hier richtet ſich ein neuer
Optimismus auf.

Sieh aber hinein in das Gezweige dieſer Entwickelung.

Wie das webt und ſich verſchlingt ..... ſiehſt du nicht die
Liebe überall dabei? Auf Liebe ſteht die Folge der Ge¬
ſchlechter, durch ſie kommt der Baum des Lebens auf dem
wandernden Planeten von Aſt zu Aſt herauf, bis endlich die
Geiſtesknoſpe bricht. Die Liebe iſt Kraft, die treibt, und
zugleich an ſich ſelber Beiſpiel, wie das Dunkle zum Lichte
wächſt — wie ſie ſelbſt ſich vom Wilden löſt und ins Ver¬
geiſtigte wächſt.

Die Spanne der Entwickelung, die wir überſchauen, iſt
winzig klein. Ein einziges Planetenleben — und auch das

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[37/0053] Wie Aſtarte, ſo auch Maria nur eine Durchgangsform zu noch Reinerem. Im Zeitalter Goethes iſt es, als ſchmiede ſich langſam aus Aſtarte und Iſis und Maria ein neues Bild. Wieder ein ins letzte unſeres Weltgedankens verklärtes Liebesbild. Die Natur. Wir ringen noch damit. Der Zweifel raunt uns ins Ohr, wir bauten eine Schädelpyramide auf. In der entgötterten Natur werde nie mehr die Liebe wohnen. Und doch! Rafael trägt dich hier nicht mehr, du mußt einſam empor. Der alte treue Glaube an den liebenden Vater im Himmel ſinkt zuſammen wie eine kleine Guirlande, die der Menſch aus armen Erdenblumen ſich erbaut. Ein Windſtoß bricht ſie, und zu dir herüber glühen aus dem Riß wieder die fernen, rätſel¬ vollen Sterne des uferloſen Firmaments. Das Myſtiſche im liebenden Chriſtus fällt, — was er gelehrt, wird ſchwer erkämpftes Menſchengut. Und doch: bleibe ſtark. Aus der Natur kommt dir die Idee der Entwickelung. Sterne werden zu Leben. Und das Leben ſteigt empor. Über Form und Form bis zum Geiſt hinauf, der die Entwickelung nicht nur lebt, ſondern auch er¬ kennt. Hier liegt der ſtarke Troſt. Hier richtet ſich ein neuer Optimismus auf. Sieh aber hinein in das Gezweige dieſer Entwickelung. Wie das webt und ſich verſchlingt ..... ſiehſt du nicht die Liebe überall dabei? Auf Liebe ſteht die Folge der Ge¬ ſchlechter, durch ſie kommt der Baum des Lebens auf dem wandernden Planeten von Aſt zu Aſt herauf, bis endlich die Geiſtesknoſpe bricht. Die Liebe iſt Kraft, die treibt, und zugleich an ſich ſelber Beiſpiel, wie das Dunkle zum Lichte wächſt — wie ſie ſelbſt ſich vom Wilden löſt und ins Ver¬ geiſtigte wächſt. Die Spanne der Entwickelung, die wir überſchauen, iſt winzig klein. Ein einziges Planetenleben — und auch das

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/53>, abgerufen am 23.11.2024.