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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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sondern zu jener merkwürdigen Krebsgruppe der Asseln, von
denen oben schon die Rede war und zu denen unser braves
Kellertier zählt. Von ihm laß mich dir genauer berichten.

Das Kellertier, der "Landkrebs", wie es mit Fug heißen
sollte, erlaubt sich selbst durchaus keine erotischen Extra¬
vaganzen im Sinne der Zwitterei und Ersatz-Vielmännerei
der Rankenkrebse.

Es verharrt treu auf dem alten Prinzip: Mann und Weib --
und regelrechte Begattung. Aber ein absonderliches Geschöpf,
wie es ist, hat es doch auch wieder innerhalb dieser -- man
möchte fast sagen: philiströsen -- Schranken seine höchst kon¬
sequente Eigenart. Das Kellertier, Krebs wie es ist, atmet
noch wesentlich durch Kiemen wie ein echter Wasserfreund und
sitzt auf dem Lande nicht viel anders als ein Fisch, der ins
Trockene verschlagen ist. Nur mühsam quält es sich mit seinem
Atmungsorgane den nötigen Sauerstoff zusammen -- es glückt
ihm vollkommen nur an feuchten, dunstigen, wasserdampfhaltigen
Orten wie im tiefen Keller. Dort ist sein Bereich und dort
auch findet sich Kellermann zu Kellerweib.

Der Hochzeitsakt findet zumeist im April und Mai statt.
Ganz regelrecht erfolgt die Übertragung des männlichen Bei¬
trags an das Weib. An der Bauchseite des fünften Brust¬
ringes findet sich dort anscheinend unverkennbar die geeignete
Stelle dafür, -- sogar zwei Geschlechtsöffnungen statt einer.
Soweit wäre da nichts Merkwürdiges. Aber wenn der Keller¬
mann mit Scharfblick in den Leib seiner Gattin sehen könnte,
so müßte ihn nach vollbrachtem Akt einiger Zweifel beschleichen,
ob all seine Liebesmüh nicht umsonst gewesen sei.

Denn jene Pforten des Kellerweibleins führen gar nicht
in das eigentliche weibliche Geschlechtsorgan, in den Eileiter,
durch den die Eier vom Eierstock herabwandern sollen. Es
sind einfach blinde Scheiden, oben fest zugewachsen wie mit
einer auch beim Akte unzerreißbaren Jungfernhaut.

Den wirklichen Kellermann kümmert das nicht, er giebt

ſondern zu jener merkwürdigen Krebsgruppe der Aſſeln, von
denen oben ſchon die Rede war und zu denen unſer braves
Kellertier zählt. Von ihm laß mich dir genauer berichten.

Das Kellertier, der „Landkrebs“, wie es mit Fug heißen
ſollte, erlaubt ſich ſelbſt durchaus keine erotiſchen Extra¬
vaganzen im Sinne der Zwitterei und Erſatz-Vielmännerei
der Rankenkrebſe.

Es verharrt treu auf dem alten Prinzip: Mann und Weib —
und regelrechte Begattung. Aber ein abſonderliches Geſchöpf,
wie es iſt, hat es doch auch wieder innerhalb dieſer — man
möchte faſt ſagen: philiſtröſen — Schranken ſeine höchſt kon¬
ſequente Eigenart. Das Kellertier, Krebs wie es iſt, atmet
noch weſentlich durch Kiemen wie ein echter Waſſerfreund und
ſitzt auf dem Lande nicht viel anders als ein Fiſch, der ins
Trockene verſchlagen iſt. Nur mühſam quält es ſich mit ſeinem
Atmungsorgane den nötigen Sauerſtoff zuſammen — es glückt
ihm vollkommen nur an feuchten, dunſtigen, waſſerdampfhaltigen
Orten wie im tiefen Keller. Dort iſt ſein Bereich und dort
auch findet ſich Kellermann zu Kellerweib.

Der Hochzeitsakt findet zumeiſt im April und Mai ſtatt.
Ganz regelrecht erfolgt die Übertragung des männlichen Bei¬
trags an das Weib. An der Bauchſeite des fünften Bruſt¬
ringes findet ſich dort anſcheinend unverkennbar die geeignete
Stelle dafür, — ſogar zwei Geſchlechtsöffnungen ſtatt einer.
Soweit wäre da nichts Merkwürdiges. Aber wenn der Keller¬
mann mit Scharfblick in den Leib ſeiner Gattin ſehen könnte,
ſo müßte ihn nach vollbrachtem Akt einiger Zweifel beſchleichen,
ob all ſeine Liebesmüh nicht umſonſt geweſen ſei.

Denn jene Pforten des Kellerweibleins führen gar nicht
in das eigentliche weibliche Geſchlechtsorgan, in den Eileiter,
durch den die Eier vom Eierſtock herabwandern ſollen. Es
ſind einfach blinde Scheiden, oben feſt zugewachſen wie mit
einer auch beim Akte unzerreißbaren Jungfernhaut.

Den wirklichen Kellermann kümmert das nicht, er giebt

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[320/0336] ſondern zu jener merkwürdigen Krebsgruppe der Aſſeln, von denen oben ſchon die Rede war und zu denen unſer braves Kellertier zählt. Von ihm laß mich dir genauer berichten. Das Kellertier, der „Landkrebs“, wie es mit Fug heißen ſollte, erlaubt ſich ſelbſt durchaus keine erotiſchen Extra¬ vaganzen im Sinne der Zwitterei und Erſatz-Vielmännerei der Rankenkrebſe. Es verharrt treu auf dem alten Prinzip: Mann und Weib — und regelrechte Begattung. Aber ein abſonderliches Geſchöpf, wie es iſt, hat es doch auch wieder innerhalb dieſer — man möchte faſt ſagen: philiſtröſen — Schranken ſeine höchſt kon¬ ſequente Eigenart. Das Kellertier, Krebs wie es iſt, atmet noch weſentlich durch Kiemen wie ein echter Waſſerfreund und ſitzt auf dem Lande nicht viel anders als ein Fiſch, der ins Trockene verſchlagen iſt. Nur mühſam quält es ſich mit ſeinem Atmungsorgane den nötigen Sauerſtoff zuſammen — es glückt ihm vollkommen nur an feuchten, dunſtigen, waſſerdampfhaltigen Orten wie im tiefen Keller. Dort iſt ſein Bereich und dort auch findet ſich Kellermann zu Kellerweib. Der Hochzeitsakt findet zumeiſt im April und Mai ſtatt. Ganz regelrecht erfolgt die Übertragung des männlichen Bei¬ trags an das Weib. An der Bauchſeite des fünften Bruſt¬ ringes findet ſich dort anſcheinend unverkennbar die geeignete Stelle dafür, — ſogar zwei Geſchlechtsöffnungen ſtatt einer. Soweit wäre da nichts Merkwürdiges. Aber wenn der Keller¬ mann mit Scharfblick in den Leib ſeiner Gattin ſehen könnte, ſo müßte ihn nach vollbrachtem Akt einiger Zweifel beſchleichen, ob all ſeine Liebesmüh nicht umſonſt geweſen ſei. Denn jene Pforten des Kellerweibleins führen gar nicht in das eigentliche weibliche Geſchlechtsorgan, in den Eileiter, durch den die Eier vom Eierſtock herabwandern ſollen. Es ſind einfach blinde Scheiden, oben feſt zugewachſen wie mit einer auch beim Akte unzerreißbaren Jungfernhaut. Den wirklichen Kellermann kümmert das nicht, er giebt

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/336>, abgerufen am 24.11.2024.