Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Rückenherz gestalten können, -- wogegen der Affe in seinem
Innenskelett, Rückenmark und Herz schon ganz auf den Men¬
schen ging und bloß noch das stärkere Gehirn brauchte, um
es wirklich zu werden.

Dafür hängt das Insekt aber mit ganz anderen Tier¬
gruppen aufs engste zusammen.

Du sitzt ernsthaft bei der Arbeit. Plötzlich schaust du auf.
Da lassen sich dir von der Decke deines Arbeitszimmers zwei
vergnügte Tiere herunter. Sie kommen an langen Fäden herab
und kümmern sich bei einer offenbar sehr wichtigen Beschäftigung
nicht um Gott noch Menschen. Jetzt sind sie eine Sekunde
beisammen und jetzt pendeln sie schon wieder auseinander.
Und jetzt klettert das eine pfeilschnell empor, wobei es aussieht,
als verschlucke es seinen eigenen Faden und sause so senkrecht
an die Decke. Nach einer Weile geht auch das andere nach.

Es ist ein Pärchen Spinnen beim Liebesspiel.

Die Spinne ist kein Insekt. Sie erlaubt sich, acht Beine
statt sechsen zu haben und ist auch sonst in mehrerem strenge
Indivualistin. Aber wenn man sie am Wirbeltier mißt, so ist
doch alles: Bauchmark, Rückenherz, Chitinskelett, so durch und
durch Insektentypus, daß man sie mindestens ganz nahe dabei
einreihen muß. Das Gleiche gilt von einem Tier, das bei
uns harmlos ist, in den Tropen aber nicht selten die Liebens¬
würdigkeit hat, in aufdringlichster Länge von über ein Viertel
Meter von der Hüttendecke dem Reisenden ins Essen zu fallen,
wobei es noch obendrein giftig beißt: dem Tausendfuß. Ferner
dem Skorpion, der wohl sattsam bekannt ist. Und endlich
einem der größten Humoristen unter den Tieren, dem Krebs.

Rückenherz geſtalten können, — wogegen der Affe in ſeinem
Innenſkelett, Rückenmark und Herz ſchon ganz auf den Men¬
ſchen ging und bloß noch das ſtärkere Gehirn brauchte, um
es wirklich zu werden.

Dafür hängt das Inſekt aber mit ganz anderen Tier¬
gruppen aufs engſte zuſammen.

Du ſitzt ernſthaft bei der Arbeit. Plötzlich ſchauſt du auf.
Da laſſen ſich dir von der Decke deines Arbeitszimmers zwei
vergnügte Tiere herunter. Sie kommen an langen Fäden herab
und kümmern ſich bei einer offenbar ſehr wichtigen Beſchäftigung
nicht um Gott noch Menſchen. Jetzt ſind ſie eine Sekunde
beiſammen und jetzt pendeln ſie ſchon wieder auseinander.
Und jetzt klettert das eine pfeilſchnell empor, wobei es ausſieht,
als verſchlucke es ſeinen eigenen Faden und ſauſe ſo ſenkrecht
an die Decke. Nach einer Weile geht auch das andere nach.

Es iſt ein Pärchen Spinnen beim Liebesſpiel.

Die Spinne iſt kein Inſekt. Sie erlaubt ſich, acht Beine
ſtatt ſechſen zu haben und iſt auch ſonſt in mehrerem ſtrenge
Indivualiſtin. Aber wenn man ſie am Wirbeltier mißt, ſo iſt
doch alles: Bauchmark, Rückenherz, Chitinſkelett, ſo durch und
durch Inſektentypus, daß man ſie mindeſtens ganz nahe dabei
einreihen muß. Das Gleiche gilt von einem Tier, das bei
uns harmlos iſt, in den Tropen aber nicht ſelten die Liebens¬
würdigkeit hat, in aufdringlichſter Länge von über ein Viertel
Meter von der Hüttendecke dem Reiſenden ins Eſſen zu fallen,
wobei es noch obendrein giftig beißt: dem Tauſendfuß. Ferner
dem Skorpion, der wohl ſattſam bekannt iſt. Und endlich
einem der größten Humoriſten unter den Tieren, dem Krebs.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0322" n="306"/>
Rückenherz ge&#x017F;talten können, &#x2014; wogegen der Affe in &#x017F;einem<lb/>
Innen&#x017F;kelett, Rückenmark und Herz &#x017F;chon ganz auf den Men¬<lb/>
&#x017F;chen ging und <hi rendition="#g">bloß</hi> noch das &#x017F;tärkere Gehirn brauchte, um<lb/>
es wirklich zu werden.</p><lb/>
        <p>Dafür hängt das In&#x017F;ekt aber mit ganz anderen Tier¬<lb/>
gruppen aufs eng&#x017F;te zu&#x017F;ammen.</p><lb/>
        <p>Du &#x017F;itzt ern&#x017F;thaft bei der Arbeit. Plötzlich &#x017F;chau&#x017F;t du auf.<lb/>
Da la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich dir von der Decke deines Arbeitszimmers zwei<lb/>
vergnügte Tiere herunter. Sie kommen an langen Fäden herab<lb/>
und kümmern &#x017F;ich bei einer offenbar &#x017F;ehr wichtigen Be&#x017F;chäftigung<lb/>
nicht um Gott noch Men&#x017F;chen. Jetzt &#x017F;ind &#x017F;ie eine Sekunde<lb/>
bei&#x017F;ammen und jetzt pendeln &#x017F;ie &#x017F;chon wieder auseinander.<lb/>
Und jetzt klettert das eine pfeil&#x017F;chnell empor, wobei es aus&#x017F;ieht,<lb/>
als ver&#x017F;chlucke es &#x017F;einen eigenen Faden und &#x017F;au&#x017F;e &#x017F;o &#x017F;enkrecht<lb/>
an die Decke. Nach einer Weile geht auch das andere nach.</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t ein Pärchen Spinnen beim Liebes&#x017F;piel.</p><lb/>
        <p>Die Spinne i&#x017F;t kein In&#x017F;ekt. Sie erlaubt &#x017F;ich, acht Beine<lb/>
&#x017F;tatt &#x017F;ech&#x017F;en zu haben und i&#x017F;t auch &#x017F;on&#x017F;t in mehrerem &#x017F;trenge<lb/>
Indivuali&#x017F;tin. Aber wenn man &#x017F;ie am Wirbeltier mißt, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
doch alles: Bauchmark, Rückenherz, Chitin&#x017F;kelett, &#x017F;o durch und<lb/>
durch In&#x017F;ektentypus, daß man &#x017F;ie minde&#x017F;tens ganz nahe dabei<lb/>
einreihen muß. Das Gleiche gilt von einem Tier, das bei<lb/>
uns harmlos i&#x017F;t, in den Tropen aber nicht &#x017F;elten die Liebens¬<lb/>
würdigkeit hat, in aufdringlich&#x017F;ter Länge von über ein Viertel<lb/>
Meter von der Hüttendecke dem Rei&#x017F;enden ins E&#x017F;&#x017F;en zu fallen,<lb/>
wobei es noch obendrein giftig beißt: dem Tau&#x017F;endfuß. Ferner<lb/>
dem Skorpion, der wohl &#x017F;att&#x017F;am bekannt i&#x017F;t. Und endlich<lb/>
einem der größten Humori&#x017F;ten unter den Tieren, dem Krebs.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[306/0322] Rückenherz geſtalten können, — wogegen der Affe in ſeinem Innenſkelett, Rückenmark und Herz ſchon ganz auf den Men¬ ſchen ging und bloß noch das ſtärkere Gehirn brauchte, um es wirklich zu werden. Dafür hängt das Inſekt aber mit ganz anderen Tier¬ gruppen aufs engſte zuſammen. Du ſitzt ernſthaft bei der Arbeit. Plötzlich ſchauſt du auf. Da laſſen ſich dir von der Decke deines Arbeitszimmers zwei vergnügte Tiere herunter. Sie kommen an langen Fäden herab und kümmern ſich bei einer offenbar ſehr wichtigen Beſchäftigung nicht um Gott noch Menſchen. Jetzt ſind ſie eine Sekunde beiſammen und jetzt pendeln ſie ſchon wieder auseinander. Und jetzt klettert das eine pfeilſchnell empor, wobei es ausſieht, als verſchlucke es ſeinen eigenen Faden und ſauſe ſo ſenkrecht an die Decke. Nach einer Weile geht auch das andere nach. Es iſt ein Pärchen Spinnen beim Liebesſpiel. Die Spinne iſt kein Inſekt. Sie erlaubt ſich, acht Beine ſtatt ſechſen zu haben und iſt auch ſonſt in mehrerem ſtrenge Indivualiſtin. Aber wenn man ſie am Wirbeltier mißt, ſo iſt doch alles: Bauchmark, Rückenherz, Chitinſkelett, ſo durch und durch Inſektentypus, daß man ſie mindeſtens ganz nahe dabei einreihen muß. Das Gleiche gilt von einem Tier, das bei uns harmlos iſt, in den Tropen aber nicht ſelten die Liebens¬ würdigkeit hat, in aufdringlichſter Länge von über ein Viertel Meter von der Hüttendecke dem Reiſenden ins Eſſen zu fallen, wobei es noch obendrein giftig beißt: dem Tauſendfuß. Ferner dem Skorpion, der wohl ſattſam bekannt iſt. Und endlich einem der größten Humoriſten unter den Tieren, dem Krebs.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/322
Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/322>, abgerufen am 12.05.2024.