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Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

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einander und auseinander, sondern nebeneinander. Niemals
ist ein Seestern eine Muschel, eine Muschel ein Krebs, ein
Krebs ein Fisch geworden. In jeder dieser großen Abteilungen
ist vielmehr die Entwickelungsstufe des Wurms ganz für sich
und eigensinnig weiter gewachsen. Eines Tages fanden sich
nebeneinander auf der Erde Seesterne, Muscheln, Krebse und
Fische, die dann jedes für sich wieder sich weiter entwickelten,
ohne aber je nach oben zu wieder zusammen zu kommen. Aus
dem Stamme, der (oberflächlich gesprochen) mit der Muschel
einsetzt, ist als höchste Form der sogenannte Tintenfisch hervor¬
gegangen. Vom Krebs aufwärts ist die Linie bis, sagen wir
etwa, der Ameise gediehen. Der Fisch ist im Laufe der Jahr¬
millionen Mensch geworden. Am wenigsten aber sind die See¬
igel und Seesterne in die Höhe gekommen, der Seestern ist
selber so ziemlich die Spitze seines ganzen Entwickelungsaftes
geblieben.

Dieses Verhältnis: vier allesamt höhere, obwohl ungleich
lange Parallelen auf einer gemeinsamen niederen Wurmbasis,
mußt du dir in allem folgenden unausgesetzt vor Augen halten,
um nicht in Konfusion zu kommen.

Nachdem wir die Würmer jetzt erledigt haben, habe ich
dir aus all den vier oberen Parallelstämmen ein ganzes
Dekamerone von Seestern-, Muschel-, Krebs- und Wirbeltier-
Liebesgeschichten zu erzählen: es muß dir aber stets klar bleiben,
daß wir im ganzen fortan vier Hauptromane verfolgen, deren
Kapitel wohl in sich vielfach geschlossen hintereinander gehen,
aber niemals von Roman zu Roman übergreifen.

Wir beginnen mit der Seesternlinie, da diese uns im
angedeuteten Sinne zugleich in der Linie der gesteigerten
Wundermären hält.

Stelle dir einen Seeigel vor, wie du ihn im Aquarium
gesehen oder am Seestrande selber aufgelesen hast. Du be¬
greifst sogleich, warum man diese ganze Tiergruppe die
"Stachelhäuter" getauft hat. Da liegt ein Tier vor dir, an¬

einander und auseinander, ſondern nebeneinander. Niemals
iſt ein Seeſtern eine Muſchel, eine Muſchel ein Krebs, ein
Krebs ein Fiſch geworden. In jeder dieſer großen Abteilungen
iſt vielmehr die Entwickelungsſtufe des Wurms ganz für ſich
und eigenſinnig weiter gewachſen. Eines Tages fanden ſich
nebeneinander auf der Erde Seeſterne, Muſcheln, Krebſe und
Fiſche, die dann jedes für ſich wieder ſich weiter entwickelten,
ohne aber je nach oben zu wieder zuſammen zu kommen. Aus
dem Stamme, der (oberflächlich geſprochen) mit der Muſchel
einſetzt, iſt als höchſte Form der ſogenannte Tintenfiſch hervor¬
gegangen. Vom Krebs aufwärts iſt die Linie bis, ſagen wir
etwa, der Ameiſe gediehen. Der Fiſch iſt im Laufe der Jahr¬
millionen Menſch geworden. Am wenigſten aber ſind die See¬
igel und Seeſterne in die Höhe gekommen, der Seeſtern iſt
ſelber ſo ziemlich die Spitze ſeines ganzen Entwickelungsaftes
geblieben.

Dieſes Verhältnis: vier alleſamt höhere, obwohl ungleich
lange Parallelen auf einer gemeinſamen niederen Wurmbaſis,
mußt du dir in allem folgenden unausgeſetzt vor Augen halten,
um nicht in Konfuſion zu kommen.

Nachdem wir die Würmer jetzt erledigt haben, habe ich
dir aus all den vier oberen Parallelſtämmen ein ganzes
Dekamerone von Seeſtern-, Muſchel-, Krebs- und Wirbeltier-
Liebesgeſchichten zu erzählen: es muß dir aber ſtets klar bleiben,
daß wir im ganzen fortan vier Hauptromane verfolgen, deren
Kapitel wohl in ſich vielfach geſchloſſen hintereinander gehen,
aber niemals von Roman zu Roman übergreifen.

Wir beginnen mit der Seeſternlinie, da dieſe uns im
angedeuteten Sinne zugleich in der Linie der geſteigerten
Wundermären hält.

Stelle dir einen Seeigel vor, wie du ihn im Aquarium
geſehen oder am Seeſtrande ſelber aufgeleſen haſt. Du be¬
greifſt ſogleich, warum man dieſe ganze Tiergruppe die
„Stachelhäuter“ getauft hat. Da liegt ein Tier vor dir, an¬

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[268/0284] einander und auseinander, ſondern nebeneinander. Niemals iſt ein Seeſtern eine Muſchel, eine Muſchel ein Krebs, ein Krebs ein Fiſch geworden. In jeder dieſer großen Abteilungen iſt vielmehr die Entwickelungsſtufe des Wurms ganz für ſich und eigenſinnig weiter gewachſen. Eines Tages fanden ſich nebeneinander auf der Erde Seeſterne, Muſcheln, Krebſe und Fiſche, die dann jedes für ſich wieder ſich weiter entwickelten, ohne aber je nach oben zu wieder zuſammen zu kommen. Aus dem Stamme, der (oberflächlich geſprochen) mit der Muſchel einſetzt, iſt als höchſte Form der ſogenannte Tintenfiſch hervor¬ gegangen. Vom Krebs aufwärts iſt die Linie bis, ſagen wir etwa, der Ameiſe gediehen. Der Fiſch iſt im Laufe der Jahr¬ millionen Menſch geworden. Am wenigſten aber ſind die See¬ igel und Seeſterne in die Höhe gekommen, der Seeſtern iſt ſelber ſo ziemlich die Spitze ſeines ganzen Entwickelungsaftes geblieben. Dieſes Verhältnis: vier alleſamt höhere, obwohl ungleich lange Parallelen auf einer gemeinſamen niederen Wurmbaſis, mußt du dir in allem folgenden unausgeſetzt vor Augen halten, um nicht in Konfuſion zu kommen. Nachdem wir die Würmer jetzt erledigt haben, habe ich dir aus all den vier oberen Parallelſtämmen ein ganzes Dekamerone von Seeſtern-, Muſchel-, Krebs- und Wirbeltier- Liebesgeſchichten zu erzählen: es muß dir aber ſtets klar bleiben, daß wir im ganzen fortan vier Hauptromane verfolgen, deren Kapitel wohl in ſich vielfach geſchloſſen hintereinander gehen, aber niemals von Roman zu Roman übergreifen. Wir beginnen mit der Seeſternlinie, da dieſe uns im angedeuteten Sinne zugleich in der Linie der geſteigerten Wundermären hält. Stelle dir einen Seeigel vor, wie du ihn im Aquarium geſehen oder am Seeſtrande ſelber aufgeleſen haſt. Du be¬ greifſt ſogleich, warum man dieſe ganze Tiergruppe die „Stachelhäuter“ getauft hat. Da liegt ein Tier vor dir, an¬

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Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/284>, abgerufen am 24.11.2024.