Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898.

Bild:
<< vorherige Seite

der tollsten Hetze noch auf ihn. So ist manches übersprungen,
verwischt. Aber seltsam genug: nicht das Wesentlichste. Eisern
fest steht vor allem die älteste Bahn, als hafteten die ältesten
Dinge am zähesten. Sie sind ja auch die wichtigsten. Zuerst
muß aus den zwei verschmelzenden Einzelzellen der Grund¬
stamm des Zellenverbandes heraus und aus ihm die erste
Organanlage. Nachher mag hier dann manches lässiger kommen.
Aber im ganzen ist's doch eine Pracht.

Und jetzt erst siehst du in das ganze Mysterium.

Begreifst du jetzt, warum ich dich an den kambrischen
Strand und noch weiter geschleppt? Siehst du ihn auftauchen,
diesen Strand, und den Jurastrand, wo die Schnabeltiere und
die Beuteltiere lebten, und lange vor beiden den Urstrand mit
der Gasträa, dem Urvolvox, den Ureinzellern, -- auftauchen tief
drinnen im magischen Purpurdunkel des Menschenmutterleibes
selbst -- und dort heute noch die Dinge beherrschen, das tiefe,
dunkle, schwarze Erdreich beherrschen, aus dem die Rosengarbe
des jungen Menschenleibes schwillt ..... ?

der tollſten Hetze noch auf ihn. So iſt manches überſprungen,
verwiſcht. Aber ſeltſam genug: nicht das Weſentlichſte. Eiſern
feſt ſteht vor allem die älteſte Bahn, als hafteten die älteſten
Dinge am zäheſten. Sie ſind ja auch die wichtigſten. Zuerſt
muß aus den zwei verſchmelzenden Einzelzellen der Grund¬
ſtamm des Zellenverbandes heraus und aus ihm die erſte
Organanlage. Nachher mag hier dann manches läſſiger kommen.
Aber im ganzen iſt's doch eine Pracht.

Und jetzt erſt ſiehſt du in das ganze Myſterium.

Begreifſt du jetzt, warum ich dich an den kambriſchen
Strand und noch weiter geſchleppt? Siehſt du ihn auftauchen,
dieſen Strand, und den Juraſtrand, wo die Schnabeltiere und
die Beuteltiere lebten, und lange vor beiden den Urſtrand mit
der Gaſträa, dem Urvolvox, den Ureinzellern, — auftauchen tief
drinnen im magiſchen Purpurdunkel des Menſchenmutterleibes
ſelbſt — und dort heute noch die Dinge beherrſchen, das tiefe,
dunkle, ſchwarze Erdreich beherrſchen, aus dem die Roſengarbe
des jungen Menſchenleibes ſchwillt ..... ?

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0212" n="196"/>
der toll&#x017F;ten Hetze noch auf ihn. So i&#x017F;t manches über&#x017F;prungen,<lb/>
verwi&#x017F;cht. Aber &#x017F;elt&#x017F;am genug: nicht das We&#x017F;entlich&#x017F;te. Ei&#x017F;ern<lb/>
fe&#x017F;t &#x017F;teht vor allem die älte&#x017F;te Bahn, als hafteten die älte&#x017F;ten<lb/>
Dinge am zähe&#x017F;ten. Sie &#x017F;ind ja auch die wichtig&#x017F;ten. Zuer&#x017F;t<lb/>
muß aus den zwei ver&#x017F;chmelzenden Einzelzellen der Grund¬<lb/>
&#x017F;tamm des Zellenverbandes heraus und aus ihm die er&#x017F;te<lb/>
Organanlage. Nachher mag hier dann manches lä&#x017F;&#x017F;iger kommen.<lb/>
Aber im ganzen i&#x017F;t's doch eine Pracht.</p><lb/>
        <p>Und jetzt er&#x017F;t &#x017F;ieh&#x017F;t du in das ganze My&#x017F;terium.</p><lb/>
        <p>Begreif&#x017F;t du jetzt, warum ich dich an den kambri&#x017F;chen<lb/>
Strand und noch weiter ge&#x017F;chleppt? Sieh&#x017F;t du ihn auftauchen,<lb/>
die&#x017F;en Strand, und den Jura&#x017F;trand, wo die Schnabeltiere und<lb/>
die Beuteltiere lebten, und lange vor beiden den Ur&#x017F;trand mit<lb/>
der Ga&#x017F;träa, dem Urvolvox, den Ureinzellern, &#x2014; auftauchen tief<lb/>
drinnen im magi&#x017F;chen Purpurdunkel des Men&#x017F;chenmutterleibes<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t &#x2014; und dort heute noch die Dinge beherr&#x017F;chen, das tiefe,<lb/>
dunkle, &#x017F;chwarze Erdreich beherr&#x017F;chen, aus dem die Ro&#x017F;engarbe<lb/>
des jungen Men&#x017F;chenleibes &#x017F;chwillt ..... ?</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[196/0212] der tollſten Hetze noch auf ihn. So iſt manches überſprungen, verwiſcht. Aber ſeltſam genug: nicht das Weſentlichſte. Eiſern feſt ſteht vor allem die älteſte Bahn, als hafteten die älteſten Dinge am zäheſten. Sie ſind ja auch die wichtigſten. Zuerſt muß aus den zwei verſchmelzenden Einzelzellen der Grund¬ ſtamm des Zellenverbandes heraus und aus ihm die erſte Organanlage. Nachher mag hier dann manches läſſiger kommen. Aber im ganzen iſt's doch eine Pracht. Und jetzt erſt ſiehſt du in das ganze Myſterium. Begreifſt du jetzt, warum ich dich an den kambriſchen Strand und noch weiter geſchleppt? Siehſt du ihn auftauchen, dieſen Strand, und den Juraſtrand, wo die Schnabeltiere und die Beuteltiere lebten, und lange vor beiden den Urſtrand mit der Gaſträa, dem Urvolvox, den Ureinzellern, — auftauchen tief drinnen im magiſchen Purpurdunkel des Menſchenmutterleibes ſelbſt — und dort heute noch die Dinge beherrſchen, das tiefe, dunkle, ſchwarze Erdreich beherrſchen, aus dem die Roſengarbe des jungen Menſchenleibes ſchwillt ..... ?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/212
Zitationshilfe: Bölsche, Wilhelm: Das Liebesleben in der Natur. Bd. 1. Florenz u. a., 1898, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boelsche_liebesleben01_1898/212>, abgerufen am 09.11.2024.