Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

Bild:
<< vorherige Seite

I. Die Schutzwaffen.
führte in der Landsknechttruppe zu einer besonderen Harnischform,
welche sich von jener des "ritterlichen" Harnisches unterscheidet.
Hauptsächlich durch die eigentümliche Form des Kragens und des
Armzeuges bildete sich der sogenannte gemeine "Landsknechtharnisch",
der, den praktischen Bedürfnissen im Kriege besser entsprechend, bald
auch von den "reisigen" (reitenden) Knechten, im Kriege aber auch
gern von der Ritterschaft getragen wurde. Die Form verbreitet sich
im Heere von der Landsknechttruppe aus, übergeht von da auf die
leichte italienische Reiterei, die Arkebusiere, schwarzen Reiter etc.,
endlich auf die leichte Reiterei der Spanier und Niederländer. Am
spätesten nehmen sie jene der Franzosen und Deutschen an.

Diese Veränderung, welche durch diese nicht unbedeutende Um-

[Abbildung] Fig. 60.

Kragen zu einem Trabharnische des Feldobersten
Heinrich von Rantzau, (1526--1599) gebläut und mit geschwärzten
Strichen geziert. Der Kragen steht in Verbindung mit Spangröls, an
welchem Schwebescheiben hängen (die linksseitige ist hier weggelassen
worden). Deutsch um 1570.

bildung des Feldharnisches der Harnischkragen erfuhr, war nicht ge-
ring. Zunächst wurde das Brust- und Rückenblech bedeutend grösser,
da das Brust- und Rückenstück, um es möglichst zu erleichtern, ge-
ringere Dimensionen erhielt und mit (anfänglich) gerade laufenden
Oberrändern nur bis etwa an die zweite Brustrippe hinaufreichte, so
dass thatsächlich Brust- und Rückenblech des Kragens einen bedeu-
tenden Teil der Brust und des Rückens deckte. An den beiden
Seiten des Kragens wurden die Achseln befestigt, welche, etwa 8--
10 mal geschoben, weder Vorder- noch Hinterflüge besassen. Man
nannte derlei Achseln in den Landsknechtheeren "Spangröls", eine
Umbildung des italienischen Wortes "spalla-gola". Diese Achselstücke,

I. Die Schutzwaffen.
führte in der Landsknechttruppe zu einer besonderen Harnischform,
welche sich von jener des „ritterlichen“ Harnisches unterscheidet.
Hauptsächlich durch die eigentümliche Form des Kragens und des
Armzeuges bildete sich der sogenannte gemeine „Landsknechtharnisch“,
der, den praktischen Bedürfnissen im Kriege besser entsprechend, bald
auch von den „reisigen“ (reitenden) Knechten, im Kriege aber auch
gern von der Ritterschaft getragen wurde. Die Form verbreitet sich
im Heere von der Landsknechttruppe aus, übergeht von da auf die
leichte italienische Reiterei, die Arkebusiere, schwarzen Reiter etc.,
endlich auf die leichte Reiterei der Spanier und Niederländer. Am
spätesten nehmen sie jene der Franzosen und Deutschen an.

Diese Veränderung, welche durch diese nicht unbedeutende Um-

[Abbildung] Fig. 60.

Kragen zu einem Trabharnische des Feldobersten
Heinrich von Rantzau, (1526—1599) gebläut und mit geschwärzten
Strichen geziert. Der Kragen steht in Verbindung mit Spangröls, an
welchem Schwebescheiben hängen (die linksseitige ist hier weggelassen
worden). Deutsch um 1570.

bildung des Feldharnisches der Harnischkragen erfuhr, war nicht ge-
ring. Zunächst wurde das Brust- und Rückenblech bedeutend gröſser,
da das Brust- und Rückenstück, um es möglichst zu erleichtern, ge-
ringere Dimensionen erhielt und mit (anfänglich) gerade laufenden
Oberrändern nur bis etwa an die zweite Brustrippe hinaufreichte, so
daſs thatsächlich Brust- und Rückenblech des Kragens einen bedeu-
tenden Teil der Brust und des Rückens deckte. An den beiden
Seiten des Kragens wurden die Achseln befestigt, welche, etwa 8—
10 mal geschoben, weder Vorder- noch Hinterflüge besaſsen. Man
nannte derlei Achseln in den Landsknechtheeren „Spangröls“, eine
Umbildung des italienischen Wortes „spalla-gola“. Diese Achselstücke,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0082" n="64"/><fw place="top" type="header">I. Die Schutzwaffen.</fw><lb/>
führte in der Landsknechttruppe zu einer besonderen Harnischform,<lb/>
welche sich von jener des &#x201E;ritterlichen&#x201C; Harnisches unterscheidet.<lb/>
Hauptsächlich durch die eigentümliche Form des Kragens und des<lb/>
Armzeuges bildete sich der sogenannte gemeine &#x201E;Landsknechtharnisch&#x201C;,<lb/>
der, den praktischen Bedürfnissen im Kriege besser entsprechend, bald<lb/>
auch von den &#x201E;reisigen&#x201C; (reitenden) Knechten, im Kriege aber auch<lb/>
gern von der Ritterschaft getragen wurde. Die Form verbreitet sich<lb/>
im Heere von der Landsknechttruppe aus, übergeht von da auf die<lb/>
leichte italienische Reiterei, die Arkebusiere, schwarzen Reiter etc.,<lb/>
endlich auf die leichte Reiterei der Spanier und Niederländer. Am<lb/>
spätesten nehmen sie jene der Franzosen und Deutschen an.</p><lb/>
          <p>Diese Veränderung, welche durch diese nicht unbedeutende Um-<lb/><figure><head><hi rendition="#g">Fig</hi>. 60.</head><p><hi rendition="#g">Kragen</hi> zu einem Trabharnische des Feldobersten<lb/><hi rendition="#g">Heinrich von Rantzau,</hi> (1526&#x2014;1599) gebläut und mit geschwärzten<lb/>
Strichen geziert. Der Kragen steht in Verbindung mit Spangröls, an<lb/>
welchem Schwebescheiben hängen (die linksseitige ist hier weggelassen<lb/>
worden). Deutsch um 1570.</p></figure><lb/>
bildung des Feldharnisches der Harnischkragen erfuhr, war nicht ge-<lb/>
ring. Zunächst wurde das Brust- und Rückenblech bedeutend grö&#x017F;ser,<lb/>
da das Brust- und Rückenstück, um es möglichst zu erleichtern, ge-<lb/>
ringere Dimensionen erhielt und mit (anfänglich) gerade laufenden<lb/>
Oberrändern nur bis etwa an die zweite Brustrippe hinaufreichte, so<lb/>
da&#x017F;s thatsächlich Brust- und Rückenblech des Kragens einen bedeu-<lb/>
tenden Teil der Brust und des Rückens deckte. An den beiden<lb/>
Seiten des Kragens wurden die Achseln befestigt, welche, etwa 8&#x2014;<lb/>
10 mal geschoben, weder Vorder- noch Hinterflüge besa&#x017F;sen. Man<lb/>
nannte derlei Achseln in den Landsknechtheeren &#x201E;<hi rendition="#g">Spangröls</hi>&#x201C;, eine<lb/>
Umbildung des italienischen Wortes &#x201E;spalla-gola&#x201C;. Diese Achselstücke,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[64/0082] I. Die Schutzwaffen. führte in der Landsknechttruppe zu einer besonderen Harnischform, welche sich von jener des „ritterlichen“ Harnisches unterscheidet. Hauptsächlich durch die eigentümliche Form des Kragens und des Armzeuges bildete sich der sogenannte gemeine „Landsknechtharnisch“, der, den praktischen Bedürfnissen im Kriege besser entsprechend, bald auch von den „reisigen“ (reitenden) Knechten, im Kriege aber auch gern von der Ritterschaft getragen wurde. Die Form verbreitet sich im Heere von der Landsknechttruppe aus, übergeht von da auf die leichte italienische Reiterei, die Arkebusiere, schwarzen Reiter etc., endlich auf die leichte Reiterei der Spanier und Niederländer. Am spätesten nehmen sie jene der Franzosen und Deutschen an. Diese Veränderung, welche durch diese nicht unbedeutende Um- [Abbildung Fig. 60. Kragen zu einem Trabharnische des Feldobersten Heinrich von Rantzau, (1526—1599) gebläut und mit geschwärzten Strichen geziert. Der Kragen steht in Verbindung mit Spangröls, an welchem Schwebescheiben hängen (die linksseitige ist hier weggelassen worden). Deutsch um 1570.] bildung des Feldharnisches der Harnischkragen erfuhr, war nicht ge- ring. Zunächst wurde das Brust- und Rückenblech bedeutend gröſser, da das Brust- und Rückenstück, um es möglichst zu erleichtern, ge- ringere Dimensionen erhielt und mit (anfänglich) gerade laufenden Oberrändern nur bis etwa an die zweite Brustrippe hinaufreichte, so daſs thatsächlich Brust- und Rückenblech des Kragens einen bedeu- tenden Teil der Brust und des Rückens deckte. An den beiden Seiten des Kragens wurden die Achseln befestigt, welche, etwa 8— 10 mal geschoben, weder Vorder- noch Hinterflüge besaſsen. Man nannte derlei Achseln in den Landsknechtheeren „Spangröls“, eine Umbildung des italienischen Wortes „spalla-gola“. Diese Achselstücke,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/82
Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 64. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/82>, abgerufen am 22.11.2024.