nicht für den Gebrauch in offener Schlacht, sondern zum Schutze in den Laufgräben beim Angriffe von Festungen. Im 17. Jahrhundert, der Periode der Entwickelung des methodischen Angriffes der Festungen, fand es jeder Befehlshaber für unausweichlich, neben seinen Feldharnischen noch einen Trancheeharnisch oder wenigstens eine sogenannte schwere Trancheehaube zu besitzen. In Frank- reich wurden letztere noch bis 1840 von den Genietruppen benutzt.
Im 17. Jahrhundert, als die Brustharnische bei vielen Truppen in Abnahme kamen, suchte man mit dem Helme zugleich auch den Hals vor dem Hiebe zu decken, wozu man, von den Unterrändern ausgehend, Spangen an- wendete, welche bis an die Schultern herab- reichten. Es finden sich sowohl Sturmhauben als Eisenhüte mit derlei Vor- richtungen, die ihrem Zwecke wenig entspra- chen und darum auch bald wieder verschwan- den. (Fig. 49.)
Neben der Sturm- haube kommt um 1520 eine andere kriegerische Kopfbedeckung auf, de- ren Heimat, wie es scheint, Spanien ist, später aber im Fuss- volk aller westlichen Nationen zu finden, ja selbst in der Ritter- schaft für den täglichen Gebrauch nicht unbe- liebt war, der Morion, im Spanischen mor- rion. Woher die Be-
[Abbildung]
Fig. 46.
Zischägge des Herzogs Karl III. von Lothringen (1540 -- 1608), gekehlt, graviert, geätzt, vergoldet und mit Halbedelsteinen besetzt. Ungarische Arbeit um 1580.
zeichnung stammt, ist unbekannt, möglich, dass er sich von einer unter den Mauren üblichen Form oder von dem spanischen morro herleitet, welches so viel wie cranium, Schädeldach, bedeutet. Der Name, vermutlich für eine andere Helmform, kommt schon im 14. Jahrhundert im Manuskripte des Froissart vor, doch ist nicht zu verschweigen, dass Fronsperger in seinem Kriegsbuche die maurischen Fusssoldaten "Mori- anische Fussknecht" benennt.*) Der Morion des 16. Jahrhunderts
*) Fronsperger, Leonhard, Kriegsbuch, III. Teil. 1573, fol. CXXXIX.
1. Der Helm.
nicht für den Gebrauch in offener Schlacht, sondern zum Schutze in den Laufgräben beim Angriffe von Festungen. Im 17. Jahrhundert, der Periode der Entwickelung des methodischen Angriffes der Festungen, fand es jeder Befehlshaber für unausweichlich, neben seinen Feldharnischen noch einen Tranchéeharnisch oder wenigstens eine sogenannte schwere Tranchéehaube zu besitzen. In Frank- reich wurden letztere noch bis 1840 von den Genietruppen benutzt.
Im 17. Jahrhundert, als die Brustharnische bei vielen Truppen in Abnahme kamen, suchte man mit dem Helme zugleich auch den Hals vor dem Hiebe zu decken, wozu man, von den Unterrändern ausgehend, Spangen an- wendete, welche bis an die Schultern herab- reichten. Es finden sich sowohl Sturmhauben als Eisenhüte mit derlei Vor- richtungen, die ihrem Zwecke wenig entspra- chen und darum auch bald wieder verschwan- den. (Fig. 49.)
Neben der Sturm- haube kommt um 1520 eine andere kriegerische Kopfbedeckung auf, de- ren Heimat, wie es scheint, Spanien ist, später aber im Fuſs- volk aller westlichen Nationen zu finden, ja selbst in der Ritter- schaft für den täglichen Gebrauch nicht unbe- liebt war, der Morion, im Spanischen mor- rion. Woher die Be-
[Abbildung]
Fig. 46.
Zischägge des Herzogs Karl III. von Lothringen (1540 — 1608), gekehlt, graviert, geätzt, vergoldet und mit Halbedelsteinen besetzt. Ungarische Arbeit um 1580.
zeichnung stammt, ist unbekannt, möglich, daſs er sich von einer unter den Mauren üblichen Form oder von dem spanischen morro herleitet, welches so viel wie cranium, Schädeldach, bedeutet. Der Name, vermutlich für eine andere Helmform, kommt schon im 14. Jahrhundert im Manuskripte des Froiſsart vor, doch ist nicht zu verschweigen, daſs Fronsperger in seinem Kriegsbuche die maurischen Fuſssoldaten „Mori- anische Fuſsknecht“ benennt.*) Der Morion des 16. Jahrhunderts
*) Fronsperger, Leonhard, Kriegsbuch, III. Teil. 1573, fol. CXXXIX.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0071"n="53"/><fwplace="top"type="header">1. Der Helm.</fw><lb/>
nicht für den Gebrauch in offener Schlacht, sondern zum Schutze<lb/>
in den Laufgräben beim Angriffe von Festungen. Im 17. Jahrhundert,<lb/>
der Periode der Entwickelung des methodischen Angriffes der<lb/>
Festungen, fand es jeder Befehlshaber für unausweichlich, neben<lb/>
seinen Feldharnischen noch einen <hirendition="#g">Tranchéeharnisch</hi> oder wenigstens<lb/>
eine sogenannte schwere <hirendition="#g">Tranchéehaube</hi> zu besitzen. In Frank-<lb/>
reich wurden letztere noch bis 1840 von den Genietruppen benutzt.</p><lb/><p>Im 17. Jahrhundert, als die Brustharnische bei vielen Truppen in<lb/>
Abnahme kamen, suchte man mit dem Helme zugleich auch den<lb/>
Hals vor dem Hiebe zu decken, wozu man, von den Unterrändern<lb/>
ausgehend, Spangen an-<lb/>
wendete, welche bis an<lb/>
die Schultern herab-<lb/>
reichten. Es finden sich<lb/>
sowohl Sturmhauben als<lb/>
Eisenhüte mit derlei Vor-<lb/>
richtungen, die ihrem<lb/>
Zwecke wenig entspra-<lb/>
chen und darum auch<lb/>
bald wieder verschwan-<lb/>
den. (Fig. 49.)</p><lb/><p>Neben der Sturm-<lb/>
haube kommt um 1520<lb/>
eine andere kriegerische<lb/>
Kopfbedeckung auf, de-<lb/>
ren Heimat, wie es<lb/>
scheint, Spanien ist,<lb/>
später aber im Fuſs-<lb/>
volk aller westlichen<lb/>
Nationen zu finden, ja<lb/>
selbst in der Ritter-<lb/>
schaft für den täglichen<lb/>
Gebrauch nicht unbe-<lb/>
liebt war, der <hirendition="#g">Morion</hi>,<lb/>
im Spanischen <hirendition="#g">mor-<lb/>
rion</hi>. Woher die Be-<lb/><figure><head><hirendition="#g">Fig</hi>. 46.</head><p><hirendition="#g">Zischägge</hi> des Herzogs <hirendition="#g">Karl</hi> III.<lb/><hirendition="#g">von Lothringen</hi> (1540 — 1608), gekehlt, graviert,<lb/>
geätzt, vergoldet und mit Halbedelsteinen besetzt.<lb/>
Ungarische Arbeit um 1580.</p></figure><lb/>
zeichnung stammt, ist unbekannt, möglich, daſs er sich von einer unter<lb/>
den Mauren üblichen Form oder von dem spanischen morro herleitet,<lb/>
welches so viel wie cranium, Schädeldach, bedeutet. Der Name, vermutlich<lb/>
für eine andere Helmform, kommt schon im 14. Jahrhundert im<lb/>
Manuskripte des Froiſsart vor, doch ist nicht zu verschweigen, daſs<lb/>
Fronsperger in seinem Kriegsbuche die maurischen Fuſssoldaten „Mori-<lb/>
anische Fuſsknecht“ benennt.<noteplace="foot"n="*)">Fronsperger, Leonhard, Kriegsbuch, III. Teil. 1573, fol. CXXXIX.</note> Der Morion des 16. Jahrhunderts<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[53/0071]
1. Der Helm.
nicht für den Gebrauch in offener Schlacht, sondern zum Schutze
in den Laufgräben beim Angriffe von Festungen. Im 17. Jahrhundert,
der Periode der Entwickelung des methodischen Angriffes der
Festungen, fand es jeder Befehlshaber für unausweichlich, neben
seinen Feldharnischen noch einen Tranchéeharnisch oder wenigstens
eine sogenannte schwere Tranchéehaube zu besitzen. In Frank-
reich wurden letztere noch bis 1840 von den Genietruppen benutzt.
Im 17. Jahrhundert, als die Brustharnische bei vielen Truppen in
Abnahme kamen, suchte man mit dem Helme zugleich auch den
Hals vor dem Hiebe zu decken, wozu man, von den Unterrändern
ausgehend, Spangen an-
wendete, welche bis an
die Schultern herab-
reichten. Es finden sich
sowohl Sturmhauben als
Eisenhüte mit derlei Vor-
richtungen, die ihrem
Zwecke wenig entspra-
chen und darum auch
bald wieder verschwan-
den. (Fig. 49.)
Neben der Sturm-
haube kommt um 1520
eine andere kriegerische
Kopfbedeckung auf, de-
ren Heimat, wie es
scheint, Spanien ist,
später aber im Fuſs-
volk aller westlichen
Nationen zu finden, ja
selbst in der Ritter-
schaft für den täglichen
Gebrauch nicht unbe-
liebt war, der Morion,
im Spanischen mor-
rion. Woher die Be-
[Abbildung Fig. 46. Zischägge des Herzogs Karl III.
von Lothringen (1540 — 1608), gekehlt, graviert,
geätzt, vergoldet und mit Halbedelsteinen besetzt.
Ungarische Arbeit um 1580.]
zeichnung stammt, ist unbekannt, möglich, daſs er sich von einer unter
den Mauren üblichen Form oder von dem spanischen morro herleitet,
welches so viel wie cranium, Schädeldach, bedeutet. Der Name, vermutlich
für eine andere Helmform, kommt schon im 14. Jahrhundert im
Manuskripte des Froiſsart vor, doch ist nicht zu verschweigen, daſs
Fronsperger in seinem Kriegsbuche die maurischen Fuſssoldaten „Mori-
anische Fuſsknecht“ benennt. *) Der Morion des 16. Jahrhunderts
*) Fronsperger, Leonhard, Kriegsbuch, III. Teil. 1573, fol. CXXXIX.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/71>, abgerufen am 06.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.