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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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I. Die Schutzwaffen.
Raum, der zur Erleichterung des Atmens und zur Ventilation sich
als ungemein nützlich herausstellte. In die Spitze zulaufende Visiere
(ital. celata a becco di passero) sind den Helmen von etwa 1530
bis 1560 eigentümlich, erst von da an wird die Visierwand senkrecht
gestellt, so dass sie an den Augenspalten nur wenig hervorragt. (Fig. 33.)

In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts treten wieder einfachere
Visiermechanismen auf. Den alten Stirnstulp ersetzt ein aufschläch-
tiger Gesichtsschirm, mit welchem ein meist breit und senkrecht
gespaltenes Visier in Verbindung ist, das sich beim Aufschlagen des
Schirmes gleichzeitig öffnet. In den Heeren der Niederländer und
Engländer führen die reitenden Schützen Helme mit ähnlichen Visieren,
die aber nur aus drei Spangen bestehen. (Fig. 34.)

Besondere Verstärkungen durch Auflegen von Doppelstücken
kommen bei geschlossenen wie bei burgundischen Helmen nicht
selten auch für den Feldgebrauch vor, für gewisse Turnierarten sind
solche, wie wir später ersehen werden, unentbehrlich. Zunächst wäre
hier die Verstärkung am Scheitel zu erwähnen. Sie überdeckt
das Scheitelstück, bei Kämmen mit Aussparung desselben vollständig
und wird rückwärts durch 3 Spangen gehalten, die federartig wirkend
an das Nackenstück sich pressen. Die ältesten derselben erscheinen
um 1510; um 1540 kommen sie auch in hübschen Dessins durch-
brochen vor Augen, in welchem Falle sie nur als Zierstücke dienen.
Eine andere Verstärkung erblicken wir in dem Feldbart, der auch
an Sturmhauben üblich ist. Derselbe, schmal geschnitten, deckt nur
die Kinnpartie und reicht bis zu den Visierbolzen hinauf, welchen
er an beiden Seiten deckt, unterhalb reiht sich daran ein geschobener
Halsreifen. Nicht so häufig im Felde, als beim Turnier wird die
Helmwand an der linken (Hieb-) Seite verstärkt. Derlei Wand-
verstärkungen
erscheinen, je nachdem sie sich über anderen Partien
des Körpers verbreiten, in verschiedenen Grössen. Die kleinsten
decken nur die Helmwand allein, die Mittelkante des Helmes etwas
übergreifend, und werden um den Hals geschnallt; grössere reichen
bis an die Brust, an welche sie angeschraubt werden; die grössten,
über die halbe Brust und die ganze linke Achsel sich spannend,
werden nur im Gestech über der pallia getragen, wir werden sie an
geeigneter Stelle näher ins Auge fassen.

Aber auch eine andere Eigentümlichkeit gewahrt man an ge-
schlossenen und burgundischen Helmen, schon von ihrem ersten
Auftreten an, die bei aller Anerkennung gewisser Vorteile doch eine
Schwächung derselben darstellt: das Durchlöchern des Scheitelstückes.
Der älteste derartiger Helme stammt aus dem Besitze des Kaisers Maxi-
milian, doch kommen ähnliche bis 1570 vor. Die zahlreichen Löcher
mögen wohl das Tragen des Helmes in der Tageshitze erheblich
erleichtert haben. (Fig. 35.)

Von Italien aus auf dem Wege über Spanien gelangt eine

I. Die Schutzwaffen.
Raum, der zur Erleichterung des Atmens und zur Ventilation sich
als ungemein nützlich herausstellte. In die Spitze zulaufende Visiere
(ital. celata a becco di passero) sind den Helmen von etwa 1530
bis 1560 eigentümlich, erst von da an wird die Visierwand senkrecht
gestellt, so daſs sie an den Augenspalten nur wenig hervorragt. (Fig. 33.)

In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts treten wieder einfachere
Visiermechanismen auf. Den alten Stirnstulp ersetzt ein aufschläch-
tiger Gesichtsschirm, mit welchem ein meist breit und senkrecht
gespaltenes Visier in Verbindung ist, das sich beim Aufschlagen des
Schirmes gleichzeitig öffnet. In den Heeren der Niederländer und
Engländer führen die reitenden Schützen Helme mit ähnlichen Visieren,
die aber nur aus drei Spangen bestehen. (Fig. 34.)

Besondere Verstärkungen durch Auflegen von Doppelstücken
kommen bei geschlossenen wie bei burgundischen Helmen nicht
selten auch für den Feldgebrauch vor, für gewisse Turnierarten sind
solche, wie wir später ersehen werden, unentbehrlich. Zunächst wäre
hier die Verstärkung am Scheitel zu erwähnen. Sie überdeckt
das Scheitelstück, bei Kämmen mit Aussparung desselben vollständig
und wird rückwärts durch 3 Spangen gehalten, die federartig wirkend
an das Nackenstück sich pressen. Die ältesten derselben erscheinen
um 1510; um 1540 kommen sie auch in hübschen Dessins durch-
brochen vor Augen, in welchem Falle sie nur als Zierstücke dienen.
Eine andere Verstärkung erblicken wir in dem Feldbart, der auch
an Sturmhauben üblich ist. Derselbe, schmal geschnitten, deckt nur
die Kinnpartie und reicht bis zu den Visierbolzen hinauf, welchen
er an beiden Seiten deckt, unterhalb reiht sich daran ein geschobener
Halsreifen. Nicht so häufig im Felde, als beim Turnier wird die
Helmwand an der linken (Hieb-) Seite verstärkt. Derlei Wand-
verstärkungen
erscheinen, je nachdem sie sich über anderen Partien
des Körpers verbreiten, in verschiedenen Gröſsen. Die kleinsten
decken nur die Helmwand allein, die Mittelkante des Helmes etwas
übergreifend, und werden um den Hals geschnallt; gröſsere reichen
bis an die Brust, an welche sie angeschraubt werden; die gröſsten,
über die halbe Brust und die ganze linke Achsel sich spannend,
werden nur im Gestech über der pallia getragen, wir werden sie an
geeigneter Stelle näher ins Auge fassen.

Aber auch eine andere Eigentümlichkeit gewahrt man an ge-
schlossenen und burgundischen Helmen, schon von ihrem ersten
Auftreten an, die bei aller Anerkennung gewisser Vorteile doch eine
Schwächung derselben darstellt: das Durchlöchern des Scheitelstückes.
Der älteste derartiger Helme stammt aus dem Besitze des Kaisers Maxi-
milian, doch kommen ähnliche bis 1570 vor. Die zahlreichen Löcher
mögen wohl das Tragen des Helmes in der Tageshitze erheblich
erleichtert haben. (Fig. 35.)

Von Italien aus auf dem Wege über Spanien gelangt eine

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[46/0064] I. Die Schutzwaffen. Raum, der zur Erleichterung des Atmens und zur Ventilation sich als ungemein nützlich herausstellte. In die Spitze zulaufende Visiere (ital. celata a becco di passero) sind den Helmen von etwa 1530 bis 1560 eigentümlich, erst von da an wird die Visierwand senkrecht gestellt, so daſs sie an den Augenspalten nur wenig hervorragt. (Fig. 33.) In der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts treten wieder einfachere Visiermechanismen auf. Den alten Stirnstulp ersetzt ein aufschläch- tiger Gesichtsschirm, mit welchem ein meist breit und senkrecht gespaltenes Visier in Verbindung ist, das sich beim Aufschlagen des Schirmes gleichzeitig öffnet. In den Heeren der Niederländer und Engländer führen die reitenden Schützen Helme mit ähnlichen Visieren, die aber nur aus drei Spangen bestehen. (Fig. 34.) Besondere Verstärkungen durch Auflegen von Doppelstücken kommen bei geschlossenen wie bei burgundischen Helmen nicht selten auch für den Feldgebrauch vor, für gewisse Turnierarten sind solche, wie wir später ersehen werden, unentbehrlich. Zunächst wäre hier die Verstärkung am Scheitel zu erwähnen. Sie überdeckt das Scheitelstück, bei Kämmen mit Aussparung desselben vollständig und wird rückwärts durch 3 Spangen gehalten, die federartig wirkend an das Nackenstück sich pressen. Die ältesten derselben erscheinen um 1510; um 1540 kommen sie auch in hübschen Dessins durch- brochen vor Augen, in welchem Falle sie nur als Zierstücke dienen. Eine andere Verstärkung erblicken wir in dem Feldbart, der auch an Sturmhauben üblich ist. Derselbe, schmal geschnitten, deckt nur die Kinnpartie und reicht bis zu den Visierbolzen hinauf, welchen er an beiden Seiten deckt, unterhalb reiht sich daran ein geschobener Halsreifen. Nicht so häufig im Felde, als beim Turnier wird die Helmwand an der linken (Hieb-) Seite verstärkt. Derlei Wand- verstärkungen erscheinen, je nachdem sie sich über anderen Partien des Körpers verbreiten, in verschiedenen Gröſsen. Die kleinsten decken nur die Helmwand allein, die Mittelkante des Helmes etwas übergreifend, und werden um den Hals geschnallt; gröſsere reichen bis an die Brust, an welche sie angeschraubt werden; die gröſsten, über die halbe Brust und die ganze linke Achsel sich spannend, werden nur im Gestech über der pallia getragen, wir werden sie an geeigneter Stelle näher ins Auge fassen. Aber auch eine andere Eigentümlichkeit gewahrt man an ge- schlossenen und burgundischen Helmen, schon von ihrem ersten Auftreten an, die bei aller Anerkennung gewisser Vorteile doch eine Schwächung derselben darstellt: das Durchlöchern des Scheitelstückes. Der älteste derartiger Helme stammt aus dem Besitze des Kaisers Maxi- milian, doch kommen ähnliche bis 1570 vor. Die zahlreichen Löcher mögen wohl das Tragen des Helmes in der Tageshitze erheblich erleichtert haben. (Fig. 35.) Von Italien aus auf dem Wege über Spanien gelangt eine

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/64>, abgerufen am 23.11.2024.