Schallern", womit wirklich eine italienische Schallern verstanden ist, nicht selten aber der Name "tartarische Schallern", der auf einer Verwechselung mit der orientalischen Sturmhaube beruht. In Italien und später auch in Frankreich werden die Schallern zum Schutze der Ohren an den Seiten mit scheibenförmigen Platten ausgestattet. Mit dieser Beigabe ist der Übergang der Schallern in die Sturmhaube eingeleitet.
Von der Mitte des 15. Jahrhunderts bildet sich allmählich der geschlossene Helm älterer Form, mittelhochd. haubtharnasch, franz. heaume, ital. elmo. Die älteste Übergangsform entwickelt sich aus der späteren Beckenhaube. Die Konstruktion derselben ist ver- schieden, doch charakterisieren sich alle durch das eingezogene Nackenstück, durch zwei seitlich an Scharnieren befestigte Backen- stücke, welche vorn am Kinn geschlossen werden und ein sogenanntes zweiteiliges Kinnreff bilden, durch ein quer gekehltes oder spitz
[Abbildung]
Fig. 28a.
Eisengestelle (calotte) von einer mit Pelzwerk überzogenen Haube mit nach aufwärts zu schiebendem Visier.
[Abbildung]
Fig. 28b.
Mit Pelzwerk überzogene schallernförmige Haube. Zeugbücher des Kaisers Maximilian von 1514. Zeug von Tirol. 15. Jahrhundert Ende.
vorspringendes aufschlächtiges, dabei aber auch abzusteckendes Visier, endlich einen mit dem Visier in gleicher Welle laufenden Stirnstulp, welcher die Stirnpartie des Scheitelstückes verstärkt und auch die offene Stelle an den Augen bei vorspringenden Visieren schliesst. Im Nacken wurde weiters an einem Stifte eine kleine Scheibe an- gebracht, die sogenannte Stielscheibe. Sie hatte vermutlich den Zweck, dass der nach rückwärts stürzende Träger nicht unmittelbar auf das Hinterhaupt fallen konnte. In der Zeit des Überganges sind derlei geschlossene Helme älterer Form noch mit einem Stück Panzerzeug am Unterrande ausgestattet; man trennte sich eben schwer von der gewohnten Helmbrünne. (Fig. 29a und b.) Diese Beigabe verliert sich im 16. Jahrhundert mit dem Auftreten des Harnisch- kragens.
1. Der Helm.
Schallern“, womit wirklich eine italienische Schallern verstanden ist, nicht selten aber der Name „tartarische Schallern“, der auf einer Verwechselung mit der orientalischen Sturmhaube beruht. In Italien und später auch in Frankreich werden die Schallern zum Schutze der Ohren an den Seiten mit scheibenförmigen Platten ausgestattet. Mit dieser Beigabe ist der Übergang der Schallern in die Sturmhaube eingeleitet.
Von der Mitte des 15. Jahrhunderts bildet sich allmählich der geschlossene Helm älterer Form, mittelhochd. haubtharnasch, franz. heaume, ital. elmo. Die älteste Übergangsform entwickelt sich aus der späteren Beckenhaube. Die Konstruktion derselben ist ver- schieden, doch charakterisieren sich alle durch das eingezogene Nackenstück, durch zwei seitlich an Scharnieren befestigte Backen- stücke, welche vorn am Kinn geschlossen werden und ein sogenanntes zweiteiliges Kinnreff bilden, durch ein quer gekehltes oder spitz
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Fig. 28a.
Eisengestelle (calotte) von einer mit Pelzwerk überzogenen Haube mit nach aufwärts zu schiebendem Visier.
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Fig. 28b.
Mit Pelzwerk überzogene schallernförmige Haube. Zeugbücher des Kaisers Maximilian von 1514. Zeug von Tirol. 15. Jahrhundert Ende.
vorspringendes aufschlächtiges, dabei aber auch abzusteckendes Visier, endlich einen mit dem Visier in gleicher Welle laufenden Stirnstulp, welcher die Stirnpartie des Scheitelstückes verstärkt und auch die offene Stelle an den Augen bei vorspringenden Visieren schlieſst. Im Nacken wurde weiters an einem Stifte eine kleine Scheibe an- gebracht, die sogenannte Stielscheibe. Sie hatte vermutlich den Zweck, daſs der nach rückwärts stürzende Träger nicht unmittelbar auf das Hinterhaupt fallen konnte. In der Zeit des Überganges sind derlei geschlossene Helme älterer Form noch mit einem Stück Panzerzeug am Unterrande ausgestattet; man trennte sich eben schwer von der gewohnten Helmbrünne. (Fig. 29a und b.) Diese Beigabe verliert sich im 16. Jahrhundert mit dem Auftreten des Harnisch- kragens.
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1. Der Helm.
Schallern“, womit wirklich eine italienische Schallern verstanden ist,
nicht selten aber der Name „tartarische Schallern“, der auf einer
Verwechselung mit der orientalischen Sturmhaube beruht. In Italien
und später auch in Frankreich werden die Schallern zum Schutze
der Ohren an den Seiten mit scheibenförmigen Platten ausgestattet.
Mit dieser Beigabe ist der Übergang der Schallern in die Sturmhaube
eingeleitet.
Von der Mitte des 15. Jahrhunderts bildet sich allmählich der
geschlossene Helm älterer Form, mittelhochd. haubtharnasch,
franz. heaume, ital. elmo. Die älteste Übergangsform entwickelt sich
aus der späteren Beckenhaube. Die Konstruktion derselben ist ver-
schieden, doch charakterisieren sich alle durch das eingezogene
Nackenstück, durch zwei seitlich an Scharnieren befestigte Backen-
stücke, welche vorn am Kinn geschlossen werden und ein sogenanntes
zweiteiliges Kinnreff bilden, durch ein quer gekehltes oder spitz
[Abbildung Fig. 28a. Eisengestelle (calotte) von einer mit Pelzwerk
überzogenen Haube mit nach aufwärts zu schiebendem Visier.]
[Abbildung Fig. 28b. Mit Pelzwerk überzogene schallernförmige
Haube. Zeugbücher des Kaisers Maximilian von 1514. Zeug von
Tirol. 15. Jahrhundert Ende.]
vorspringendes aufschlächtiges, dabei aber auch abzusteckendes Visier,
endlich einen mit dem Visier in gleicher Welle laufenden Stirnstulp,
welcher die Stirnpartie des Scheitelstückes verstärkt und auch die
offene Stelle an den Augen bei vorspringenden Visieren schlieſst.
Im Nacken wurde weiters an einem Stifte eine kleine Scheibe an-
gebracht, die sogenannte Stielscheibe. Sie hatte vermutlich den
Zweck, daſs der nach rückwärts stürzende Träger nicht unmittelbar
auf das Hinterhaupt fallen konnte. In der Zeit des Überganges
sind derlei geschlossene Helme älterer Form noch mit einem Stück
Panzerzeug am Unterrande ausgestattet; man trennte sich eben schwer
von der gewohnten Helmbrünne. (Fig. 29a und b.) Diese Beigabe
verliert sich im 16. Jahrhundert mit dem Auftreten des Harnisch-
kragens.
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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/59>, abgerufen am 16.02.2025.
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