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Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890.

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III. Die Turnierwaffen.
Dill, "alla pallia", womit die Planke bezeichnet wurde, welche die
Gegner trennte.

Für das Freiturnier war immer nur der gewöhnliche Feldharnisch,
mit einigen Verstärkungsstücken, in Gebrauch. Für das Gestech über
das Dill, für das, wie wir bemerkt haben, anfänglich die Stechzeuge
üblich waren, wurden allmählich leichtere derartige Zeuge gefertigt,
bis diese endlich in die Form der Feldharnische übergingen. Um
1550 unterscheidet sich der Harnisch zum "neuen" Gestech
über das Dill
vom Feldharnisch dadurch, dass an jenem das Brust-
stück keinen wulstartigen Oberrand hat und dass an das Bruststück
der neue Stechhelm angeschraubt wird, der in seinem Äusseren nur
noch leichte Spuren seiner Abstammung aufweist und mehr dem ge-
schlossenen Helm eines Feldharnisches ähnlich sieht.

[Abbildung] Fig. 653.

Turniersporen.
a. Sporn zum Stech- und Rennzeug mit 21 cm. langen Hälsen.
b. Sporn zum Stech- und Rennzeug mit 17 cm. langen Hälsen.
Beide 15. Jahrhundert, Ende.

War der Harnisch selbst von den Feldharnischen kaum zu
unterscheiden, so wurde er doch unter der Hand der deutschen
Plattner, die ihn mit schweren Verstärkungsstücken versahen, zu
einer plumpen Masse, die deren Träger noch weit beschwerlicher fiel
als das schwerste Stechzeug, weil sich deren Gewicht nicht wie dort
direkt aufs Ross übertrug, sondern zum grössten Teile auf dessen
Körper lastete. (Fig. 654.)

Ein kolossales und gewichtiges Verstärkungsstück bildete die
Doppelachsel, die sich über die ganze Schulter, den Oberarm, den

III. Die Turnierwaffen.
Dill, „alla pallia“, womit die Planke bezeichnet wurde, welche die
Gegner trennte.

Für das Freiturnier war immer nur der gewöhnliche Feldharnisch,
mit einigen Verstärkungsstücken, in Gebrauch. Für das Gestech über
das Dill, für das, wie wir bemerkt haben, anfänglich die Stechzeuge
üblich waren, wurden allmählich leichtere derartige Zeuge gefertigt,
bis diese endlich in die Form der Feldharnische übergingen. Um
1550 unterscheidet sich der Harnisch zum „neuen“ Gestech
über das Dill
vom Feldharnisch dadurch, daſs an jenem das Brust-
stück keinen wulstartigen Oberrand hat und daſs an das Bruststück
der neue Stechhelm angeschraubt wird, der in seinem Äuſseren nur
noch leichte Spuren seiner Abstammung aufweist und mehr dem ge-
schlossenen Helm eines Feldharnisches ähnlich sieht.

[Abbildung] Fig. 653.

Turniersporen.
a. Sporn zum Stech- und Rennzeug mit 21 cm. langen Hälsen.
b. Sporn zum Stech- und Rennzeug mit 17 cm. langen Hälsen.
Beide 15. Jahrhundert, Ende.

War der Harnisch selbst von den Feldharnischen kaum zu
unterscheiden, so wurde er doch unter der Hand der deutschen
Plattner, die ihn mit schweren Verstärkungsstücken versahen, zu
einer plumpen Masse, die deren Träger noch weit beschwerlicher fiel
als das schwerste Stechzeug, weil sich deren Gewicht nicht wie dort
direkt aufs Roſs übertrug, sondern zum gröſsten Teile auf dessen
Körper lastete. (Fig. 654.)

Ein kolossales und gewichtiges Verstärkungsstück bildete die
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[564/0582] III. Die Turnierwaffen. Dill, „alla pallia“, womit die Planke bezeichnet wurde, welche die Gegner trennte. Für das Freiturnier war immer nur der gewöhnliche Feldharnisch, mit einigen Verstärkungsstücken, in Gebrauch. Für das Gestech über das Dill, für das, wie wir bemerkt haben, anfänglich die Stechzeuge üblich waren, wurden allmählich leichtere derartige Zeuge gefertigt, bis diese endlich in die Form der Feldharnische übergingen. Um 1550 unterscheidet sich der Harnisch zum „neuen“ Gestech über das Dill vom Feldharnisch dadurch, daſs an jenem das Brust- stück keinen wulstartigen Oberrand hat und daſs an das Bruststück der neue Stechhelm angeschraubt wird, der in seinem Äuſseren nur noch leichte Spuren seiner Abstammung aufweist und mehr dem ge- schlossenen Helm eines Feldharnisches ähnlich sieht. [Abbildung Fig. 653. Turniersporen. a. Sporn zum Stech- und Rennzeug mit 21 cm. langen Hälsen. b. Sporn zum Stech- und Rennzeug mit 17 cm. langen Hälsen. Beide 15. Jahrhundert, Ende. ] War der Harnisch selbst von den Feldharnischen kaum zu unterscheiden, so wurde er doch unter der Hand der deutschen Plattner, die ihn mit schweren Verstärkungsstücken versahen, zu einer plumpen Masse, die deren Träger noch weit beschwerlicher fiel als das schwerste Stechzeug, weil sich deren Gewicht nicht wie dort direkt aufs Roſs übertrug, sondern zum gröſsten Teile auf dessen Körper lastete. (Fig. 654.) Ein kolossales und gewichtiges Verstärkungsstück bildete die Doppelachsel, die sich über die ganze Schulter, den Oberarm, den

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Zitationshilfe: Boeheim, Wendelin: Handbuch der Waffenkunde. Leipzig, 1890, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/boeheim_waffenkunde_1890/582>, abgerufen am 19.05.2024.